Das Geheimnis hinter Sabine Spitz' Comeback

Björn Kafka

 · 01.01.2018

Das Geheimnis hinter Sabine Spitz' ComebackFoto: Armin M. Küstenbrück,EGO-Promotion
Das Geheimnis hinter Sabine Spitz' Comeback

Sabine Spitz scheint die Gesetze der Biologie außer Kraft zu setzen: Mit 46 Jahren fährt sie Siegen und Top-Platzierungen entgegen. BIKE sprach mit der Nimmermüden.


Du bist inzwischen 46 Jahre alt. Ist jetzt nicht endlich mal Schluss mit dem Profisport?
(Lacht) Scheinbar nicht. Solange ich vorne mitfahren kann und Spaß habe, werde ich nicht aufhören.


Das hörte sich 2016, etwa in derselben Saisonphase, anders an. Da hattest Du öffentlich gemacht, dass 2016 Deine letzte Cross-Country-Saison sei.
Ich wollte bei den Olympischen Spielen in Rio mein Cross-Country-Kapitel beenden, aber dazu kam es nicht. Eine Verletzung hinderte mich daran, in Top-Form zu fahren. Innerlich fühlte es sich so an, als ob die letzte Seite in meiner Sportkarriere rausgerissen worden wäre.


Kannst Du das bitte genauer erklären? Jeder Biker verletzt sich doch mal.
Es fing ziemlich banal beim Training zum Worldcup in Mount Saint Anne an. Ich stürzte aufs Knie und hatte eine kleine Wunde, die aber schnell verheilte. Nach dem Worldcup begannen dann plötzlich die Probleme. Mein Knie wurde doppelt so dick. Der scheinbar harmlose Sturz hatte Dreck in die Wunde gebracht, der bei der Heilung eingeschlossen wurde. Daraufhin entzündete sich mein Schleimbeutel. Ich verschob meinen Flug nach Rio und ließ mich in den USA operieren. Entzündetes Gewebe raus, Antibiotika rein. In Rio ging kaum noch was. Ich fuhr zwar das Rennen, aber mein Knie schien zu explodieren. Nach dem Rennen fuhr ich direkt ins Krankenhaus und kam wieder unters Messer. Zurück in Deutschland kam der dritte Eingriff. In der Zwischenzeit war meine Haut auf dem Knie so angegriffen, dass die Wunde sich nicht mehr richtig schloss. Ich hatte ein fingernagelgroßes Loch und schaute auf meine Kniescheibe. Um es kurz zu machen: Ich lag zehn Wochen mit ausgestrecktem Bein auf dem Sofa und konnte nix machen. Mein Oberschenkel schmolz um sechs Zentimeter. So wollte ich das Ende meiner Karriere nicht in Erinnerung behalten.


Aber sagt man sich da nicht, mein Körper will nicht mehr, er braucht Pause?
Nein, mein Körper wollte, nur die ganzen Operationen – fünf insgesamt – hatten den Heilungsprozess massiv verschlechtert. (Spitz hebt ihr Knie an und zeigt auf die wulstige Wunde an Ihrer Kniescheibe.) Danach kam dann der harte Weg zurück.


Und das mit Erfolg: WM-Zweite im Marathon, Worldcup-Zweite, Bundesliga-Siegerin.
Damit habe ich zum Teil auch nicht gerechnet. Es läuft bis jetzt gut, und ich konzentriere mich auf die Cross-Country-WM in Australien. Zudem fahre ich nur die Worldcups, die nicht zu lange und stressige Anreisen beinhalten.
Hat das auch finanzielle Gründe? Dein Team ist ja nur noch eine Zwei-Personen-Show.
Ralf (ihr Ehemann Ralf Schäuble / Anm. d. Red.) und ich kennen das ja nun seit zwei Jahren so. Wir reisen im Camper an und machen unser Ding. Ganz entspannt.


Aber ist da nicht der Wunsch, von einem großem Team gesponsort zu werden?
Na ja, der Umstand mit der Zwei-Mann-Nummer ist ja den Sponsoren geschuldet. Ich bin zu alt für die Firmen. Niemand gibt mir mehr einen Zwei- oder Dreijahresvertrag. Es ging so weit, dass ich Oma Spitz genannt wurde; und dass es hieß: Die kann doch nichts mehr.


Ist 2017 also eine Art Genugtuung?
Ich denke da nicht an Genugtuung, eher daran, wie viel Spaß es macht, vorne zu fahren. Ich freue mich, dass hartes Training sich auszahlt, denn das wird mit dem Alter immer schwieriger. Nicht von den Beinen her, sondern von der Birne. Das stupide Intervallgebolze hat null Erlebnisfaktor, aber anders geht es nicht im Cross Country.


Dennoch: Ewig wird es nicht mehr so weitergehen. Wie sieht der Plan danach aus?
Eine befreundete Sportpsychologin sagt immer: Wenn ich daran denke aufzuhören, dann habe ich es innerlich schon getan und brauche nicht mehr an die Startlinie rollen. Aber klar, ich habe tief hinten im Kopf schon Ideen, wie ich weitermachen möchte.


Gibt es da was Konkretes?
Ich werde in der Bike-Branche bleiben – so viel kann ich sagen.


Der Wunsch nach Kindern kommt nicht drin vor?
Ich hatte nie einen ausgeprägten Kinderwunsch.

  Ich wurde schobn Oma Spitz genannt... (Sabine Spitz)Foto: Armin M. Küstenbrück,EGO-Promotion
Ich wurde schobn Oma Spitz genannt... (Sabine Spitz)

INFO SABINE SPITZ

Sabine Spitz gehört zu den erfolgreichsten Mountainbikerinnen überhaupt. Eine aus­führliche Auflistung würde hier den Rahmen der Seiten sprengen, deshalb nur ein kurzer Auszug: Sie gewann drei Medaillen bei den Olympischen Spielen (Gold, Silber, Bronze). Zudem gewann sie Bronze (4x), Silber (9x), und Gold (2x) bei Weltmeisterschaften. Daneben errang sie 18 deutsche Meis­tertitel, siegte bei zwei Worldcups und stand zwölf Mal bei den Europameisterschaften auf dem Podium.
Info www.sabine-spitz.com


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