Biker und BärenCool bleiben oder gefressen werden?

Dimitri Lehner

 · 20.05.2023

Biker und Bären: Cool bleiben oder gefressen werden?Foto: Tim Möller-Kaya
Alptraum: Plötzlich steht ein Bär vor dir! Eine Situation, die nicht nur in Kanada passieren kann, sondern auch bei uns.

Die Schlagzeilen sind grauenerregend: “Jogger von Bär gefressen”, “Bär jagt Biker am Gardasee”, “Bärenwarnung im Trentino”, ja selbst im bayerischen Traunstein tappte ein 200 Kilo schwerer Braunbär in den Auslöser einer Wildkamera und lieferte den Beweis: Bären in Bayern! Bedrohen die Wildtiere unser Leben? FREERIDE klärt auf.

Bären? In Kanada vielleicht, doch nicht bei uns, mag man denken. Von wegen! Begegnungen mit Bären häufen sich – auch bei uns. Das passierte einem Biker am Gardasee. Der Biker bewahrte die Nerven, zog sich zurück, und auch der Bär trollte sich. Weniger Glück hatte ein 26-jähriger Jogger im Val di Sole. Er starb an den Bisswunden. In der Slowakai griff eine Bärin zwei Wanderer an, die auf deren Jungbären gestoßen waren. Die Bärin fügte den Wanderern ernste Bisswunden zu. Bei den Bären handelt es sich um Braunbären, eine europäische Grizzley-Art. 17.000 Wildbären leben in Europa. Das klingt nach viel, doch die meisten davon finden sich in Skandinavien und den Karparten. In den Alpen gibt es nach Schätzungen 80 bis 100 Bären, die meisten davon in Slowenien und Italien.

Problembären und der Schutz der Tiere

Der Bär, der kürzlich im Trentino, Italien, einen Jogger getötet hat, ist ein Braunbär mit der Bezeichnung "JJ4" (Schwester des damaligen Problembären Bruno JJ1, der 2006 in Bayern auftauchte). Der Bär JJ4 wurde in einem speziellen Schutzgebiet im Trentino ausgewildert, nachdem er in Österreich gefangen genommen worden war. Dort war JJ4 mehrfach in bewohnten Gebieten gesichtet worden. Die Behörden stuften den Bären als potenzielle Gefahr für die Menschen ein. Kurz: JJ4 ebenso ein Problembär. Der Bär wurde mit einem Sender ausgestattet, um seine Bewegungen zu überwachen und sicherzustellen, dass er nicht in bewohnte Gebiete vordringt. Doch der Sender fiel aus und nun griff der Bär kürzlich einen Jogger in einem Waldgebiet von Val di Sole an und tötete ihn.

Dies hat zu Kontroversen über den Umgang mit Bären geführt, die in speziell ausgewiesenen Schutzgebieten leben, zumal die Bären einen sehr großen Aktionsradius haben, wie man von dem Problembären JJ1 weiß. Er wanderte von Italien bis nach Bayern. JJ1 war ein Braunbär, der in den Jahren 2006 bis 2008 in den Alpen in Österreich und Deutschland für Aufregung sorgte, weil er mehrere Male in bewohnte Gebiete vordrang und Schäden anrichtete. 2008 wurde JJ1 schließlich von den österreichischen Behörden eingefangen und in den italienischen Nationalpark Abruzzen gebracht, um ihn von bewohnten Gebieten fernzuhalten. Auch JJ1 wurde mit einem Sender ausgestattet, um seine Bewegungen zu überwachen und sicherzustellen, dass er nicht in bewohnte Gebiete vordringt. JJ1 wurde 2009 tot aufgefunden, nachdem er von einem Jäger illegal erschossen wurde.

Der Vorfall führte zu Empörung und Debatten über den Umgang mit sogenannten "Problembären" und die Notwendigkeit, menschliche Interessen und den Schutz der Tierwelt in Einklang zu bringen. Im Gegensatz zu den selbst ernannten Bären-Schützern sind sich Experten einig: Problembären sollten getötet werden, denn ihr Verhalten ist unberechenbar und gefährden das ganze Wiederansiedlungs-Programm “Life Ursus” von Braunbären in den Alpen.

Was also tun bei einer Begegnung mit einem Bären?

„Ruhe bewahren, besänftigend auf den Bären einsprechen und sich langsam zurückziehen“, rät Reno Sommerhalder. Der Schweiz-Kanadier ist Bärenexperte und hat schon 15.000 Bärenbegegnungen hinter sich – alle ohne gefährlichen Ausgang. „Ein Bär will uns nicht fressen – selbst ein Grizzley nicht. Wir passen überhaupt nicht in sein Beuteschema. Die meisten Unfälle mit Bären passierten, weil sich der Mensch falsch verhalten hat“, sagt Sommerhalder. Ganz falsch: Panik und Flucht, selbst auf dem Bike. Denn das schürt nur den Jagdinstinkt des Bären. Wir Biker sind ohnehin ein Problemfall, weil schnell und leise – das birgt die Gefahr, dass Biker einen Bären berraschen und erschrecken. „Dennoch wird ein Bär, sogar ein Grizzley, in 9 von 10 Fällen flüchten“, weiß Sommerhalder.

Denn der Bär hat selbst Angst und scheut den Konflikt. Das richtige Verhalten auch hier: Absteigen, das Bike zum Schutz aufrichten, sich zurückziehen, ohne den Bären aus den Augen zu lassen, und dabei ruhig auf ihn einsprechen. Kommt es dennoch zur Scheinattacke, sprich: Der Bär stürmt auf den Biker zu, bremst aber einen Meter vor dem Menschen ab, sollte man das beschriebene Verhalten fortsetzen und sich möglichst unbeeindruckt zeigen. „9 von 10 Schein­attacken bleiben ohne Folgen“, sagt Sommerhalder. Extrem unwahrscheinlich: ein richtiger Angriff. Hier steigen die Überlebens­chancen, wenn man sich auf den Bauch legt und die Hände hinterm Nacken verschränkt. Das signalisiert dem Bären: keine Gefahr. Soweit die Theorie, denn selbst Sommerhalder musste das in 30 Jahren unter Bären nie erleben. Wer mehr über Bären und den Bärenmann Sommerhalder wissen will, findet auf Youtube spannende Clips.

Zugegeben, die Hinweise klingen sinnvoll, doch man muss definitiv seinen inneren “Chuck Norris” aktivieren, will man bei einem herbeistürmenden Bären ruhig bleiben und besänftigend auf ihn einsprechen. Checkt mal zu welcher Strategie sich diese Outdoor-Sportler entschlossen haben.

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Vier Verhaltens-Tipps bei einer Bären-Begegnung

Ob die Tipps auch bei Problem-Bären helfen ist allerdings fraglich.

  1. Ruhig bleiben und nicht versuchen wegzulaufen. Weglaufen kann einen Bären reizen zu folgen und möglicherweise zu attackieren. Es triggert den Jagd-Instinkt des Bären. Stattdessen langsam und ruhig rückwärts gehen und den Bären beobachten.
  2. Sich bemerkbar machen. Wenn der Bär dich noch nicht gesehen hat, sprich in einem ruhigen Ton oder klatsche in die Hände, um ihn zu warnen, dass du da bist. Wenn der Bär bereits auf dich aufmerksam geworden ist, bleib ruhig und mache keine plötzlichen Bewegungen.
  3. Vermeide Augenkontakt. Direkter Augenkontakt kann als Bedrohung angesehen werden und den Bären dazu bringen, sich bedroht zu fühlen. Schaue den Bären an, aber vermeide direkten Blickkontakt.
  4. Mach dich groß. Hebe langsam die Arme und strecke sie über den Kopf, um größer und bedrohlicher auszusehen.

Vier Verhaltens-Tipps bei einer Konfrontation mit einem Bären

So schwer das auch sein mag, es ist wichtig, sich nicht zu Boden fallen zu lassen, bevor der Bär praktisch über dir ist. Wenn du dich zu früh hinlegst, könnte er neugierig werden. Bleibe so lange wie möglich stehen. Kommt der Bär dennoch auf dich zu, dann mache folgende Dinge:

  1. Lege dich (am besten mit Rucksack) flach auf den Bauch und verschränke die Hände im Nacken.
  2. Spreize die Beine und stütze dich mit den Ellbogen und Zehen ab, um zu verhindern, dass der Bär dich umdreht. Wenn er dich doch umdreht, rollst du weiter, bis du wieder auf dem Bauch liegst.
  3. So schwierig es auch sein mag, bleib so ruhig und still wie möglich, bis der Angriff aufhört. Wenn du dich wehrst, wird der Angriff eines (Grizzly-)Bären in der Regel heftiger.
  4. Versuche NICHT zu kämpfen! Ein Grizzlybär zieht in der Regel ab, sobald er glaubt, dass die Bedrohung vorüber ist. Warte bis du absolut sicher bist, dass das Tier das Gebiet verlassen hat, bevor du aufstehst und Hilfe holst.