Geht nicht, gibt’s nicht, dachten sich die zwei Österreicherinnen Tanja Willers und Johanna Hochedlinger – und starteten in Kapstadt um mit einigen Umwegen auf über 24.000 Kilometern nach Wien zu radeln. In 445 Tagen durchquerten sie 21 völlig unterschiedliche Länder in Afrika, Asien und Europa. Sie wurden angebettelt und ausgelacht, schliefen in ihrem Zelt in Schulen, verlassenen Hotels und in der Wüste, zwischen Löwen in Botswana und Wölfen im Iran, verkosteten Oryxwürste, Krokodilsteaks und Elefanteneintopf und wären auf der Straße mehr als einmal fast gestorben – vor Angst. Doch überall auf ihrer Reise fanden sie eines gleichermaßen: Gastfreundschaft.
Das Buch basiert auf 36 Originalberichten, die während der Reise entstanden. Es ist Bildband, Abenteuerbericht, zudem eine mit Karten und jeder Menge Tipps versehene Inspirationsquelle, die sich auch den essenziellen Fragen widmet: Was muss auf eine solche Tour mit? Wie wird unterwegs gekocht und gewaschen? Ist das nicht furchtbar gefährlich, vor allem für zwei Frauen? Und wie ist das eigentlich, wenn man als gleichgeschlechtliches Paar durch den Orient fährt?
Namib, Namibia, Namibissimo: Vom Fish River Canyon zu den gigantischen Dünen von Sossusvlei
... Zwischen rostigen Autowracks, Kakteen und Gebäuden mit Saloon-Optik fühlen wir uns wie auf einem weitläufigen Western-Filmset. Wir lassen uns von Einheimischen aller Couleur namens Axel, Wenzel, Uschi und Klaus den Weg erklären. Vorbei geht es an Missionshäusern und Festungen aus der deutschen Kolonialzeit durch Orte wie Seeheim, bestehend aus einem reetgedeckten Hotelschlösschen an einer aufgelassenen Zugstation, Bethanien, nicht viel mehr als eine Tankstelle mit Gemischtwarenhandel samt goldzähnigem Besitzer, und Helmeringhausen, einer ehemalige Farm, in deren schattigem Garten heute neben Apfelkuchen auch Weißwürste, Brezen und Weizenbier serviert werden – zur Feier des Monats Oktober. Die Deutschen waren um 1900 als Kolonialherren zwar nur gut dreißig Jahre lang hier (die Südafrikaner hingegen mehr als doppelt so lange), aber das scheint gereicht zu haben.
Das Wetter schlägt dieser Tage so manch überraschende Kapriole, aber wir haben Glück: Angesichts eines abendlich wütenden Sandsturms wird uns von den Nachtwächtern eines Staudamms Zuflucht in einem ausrangierten Waschhaus gewährt. Den Hausskorpion haben sie dankenswerterweise schon zweigeteilt. Und vor dem Unwetter am folgenden Nachmittag können wir uns – leider etwas zu spät und daher nur mehr klitschnass – in die verstaubte, zum Glück jedoch unversperrte Billardhütte eines nicht bewirtschafteten Campingplatzes retten. Nachdem uns die beiden Arbeiter, die scheinbar mit dem Wiederaufbau des Camps betraut sind, in der dunklen Hütte entdeckt haben, dürfen wir unsere Matten in einem kleinen, etwas undichten, aber dennoch gemütlichen Bungalow ausrollen und dem Regen von drinnen lauschen.
Und dann wird alles, nun ja, etwas extremer als bisher. Den Glauben, auch auf dem Reiseabschnitt zu unserem nächsten großen Ziel – den gigantischen roten Dünen von Sossusvlei – mit knapp achtzig Kilometern pro Tag rechnen zu können, müssen wir bald aufgeben: Der Wind kommt nicht immer von hinten. Er ist auch nicht immer angenehm kühl, sondern gleicht von nun an einem Heißluftföhn. Die Distanzen zwischen den Orten scheinen zu wachsen. Zudem müssen wir feststellen, dass manche Orte schon seit Jahren nur mehr auf Karten und Straßenschildern existieren, nicht aber in der mächtigen Landschaft, die immer öfter so anmutet, wie wir uns Afrika als Kinder vorgestellt haben. Oft versuchen wir vergeblich, mit zusammengekniffenen Augen ein Haus, ein Geschäft oder eine Tankstelle auszumachen. Nichts. Nada. Wir sind allein auf weiter Flur...
Als "Roaming Pedals" berichteten Tanja und Johanna schon während der Fahrt von ihren Erlebnissen und bei den Discovery Days 2024 wurde ihr Reisevortrag als bester des Jahres ausgezeichnet. Die Route zu ihrer verrückten, allerersten, 24.000 km langen Fahrradtour kann man auf ihrem Instagram-Profil nachverfolgen:
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