Stefan Frey
· 24.08.2024
“Auf und nieder, immer wieder!” Man könnte fast meinen, die Zillertaler Schürzenjäger hätten schon damals in ihrem Bierzelt-Klassiker ein Hoch auf die absenkbare Sattelstütze gesungen. Sie war die vielleicht letzte große Evolution am unmotorisierten MTB, obwohl sie im Prinzip nur eine einzige, einfache Funktion erfüllt: Sie hebt und senkt den Sattel per Knopfdruck.
Inzwischen sind Variosattelstützen am Mountainbike so essenziell wie Stollenreifen und Scheibenbremsen. Selbst Cross-Country-Fahrer haben längst erkannt: Ein abgesenkter Sattel macht nicht nur schneller bergab, weil man wesentlich beweglicher im Bike steht und besser auf Hindernisse reagieren kann. Auch Überschlagsgefühle gehören seit der Erfindung der Maverick Speedball 2004, der ersten Teleskopstütze überhaupt, der Vergangenheit an.
Mit einem Klick auf das jeweilige Modell gelangt man direkt zu den ausführlichen Tests der Teleskopstützen.
Während sich viele Teile am Mountainbike in den letzten Jahren nur im Schneckentempo gewandelt haben, hat sich bei den Variosattelstützen viel getan: Waren in unserem letzten Test 2017 noch 175 Millimeter Hub das höchste der Gefühle, lässt sich mit den aktuellen Stützen der Sattel um bis zu 242 Millimeter absenken.
Welcher Rahmen diese Maße überhaupt verdauen kann, sei mal dahingestellt. Doch die Option zu mehr Hub ist gerade für große Fahrer ein Segen. Viele absenkbare Stützen bieten zudem die Möglichkeit, den Verstellweg nachträglich über Shims oder Pins exakt auf die gewünschte Länge anzupassen. Damit lässt sich das Maximum an Hub ausreizen.
Auch die Montage ist inzwischen deutlich einfacher. An nahezu allen Modellen im Test wird der Seilzug an der Stütze eingehängt, durch den Rahmen geführt und am Lenker-Remote geklemmt – früher lief die Montage oft in umgekehrter Reihenfolge. Zum Ausbau der Stütze kann der Seilzug in den meisten Fällen einfach ausgehängt werden – Werkzeug wird dafür nicht mehr benötigt. Noch einfacher geht es nur mit den funkgesteuerten Variosattelstützen von Rockshox und Kind Shock, die wir ebenfalls getestet haben. Hier gibt es weder Zug noch Hülle. Einstecken und losfahren, ganz nach dem Prinzip “Plug-and-play” – sofern der Akku zuvor geladen wurde.
Unergonomische Hebel, wie sie zu Zweifach-Zeiten Standard waren und deren Betätigung fast zirkusreife Daumenakrobatik verlangte, findet man heute ebenfalls nur noch in Ausnahmefällen. Einfach-Schaltungen ebneten den Weg für perfekt justierbare und einfach bedienbare Trigger-Hebel, die auf der linken Lenkerseite den Schalthebel ersetzen. Nur eines wird sich vielleicht nie ändern: Weil die Teleskopsattelstützen in der direkten Schusslinie des Hinterreifens liegen, bekommen sie jede Menge Schmutz ab. Regelmäßige Pflege ist für eine dauerhaft geschmeidige Funktion daher unerlässlich. Nur dann heißt es auch nach zig Ausfahrten wirklich noch: auf und nieder, immer wieder.
Wer bereits eine elektronische Schaltung von Sram verbaut hat, wird sich kaum eine Stütze mit anderem Akku ans Bike stecken. Das tolle am Sram-Eco-System ist ja, dass die Komponenten untereinander kompatibel sind. Ist der Akku an der Schaltung leer, kann die Stütze zur Not aushelfen. Zudem lässt sich über die App jederzeit der Ladezustand checken – diese Option bietet die Kind Shock nicht. Auch Akkulaufzeit und der super definierte Controller sprechen klar für die Reverb AXS. Übrigens: Die etwas schlechteren Noten liegen bei beiden elektronischen Variosattelstützen zum Großteil am hohen Gewicht. - Stefan Frey, BIKE-Testredakteur
Eine Rockshox Reverb AXS würde ich mir sogar vom Mund absparen. Ein- und Ausbau sind absolut idiotensicher, das Absenken mit dem knackigen Controller wie zocken auf der Spielekonsole und gerade in Verbindung mit einer Sram-AXS-Schaltung ist die Reverb eine absolut sinnvolle Ergänzung. Das höhere Gewicht ist für mich Nebensache. – Josh Welz, EMTB Chefredakteur
Einen defekten Seilzug kann ich jederzeit selber tauschen oder notdürftig reparieren. Zickt aber die Elektronik oder ist der Akku leer, hab ich mit einer Elektrostütze ein Problem. Ich will ein Bike, das immer einsatzbereit ist, ohne dass ich vorher den Akkustand checken muss. Außerdem: Top analoge Stützen gibt es schon für weniger als die Hälfte. Stefan Frey, BIKE-Testredakteur