Florentin Vesenbeckh
· 05.08.2020
Reifengigant Schwalbe hat seine komplette Modellpalette neu aufgelegt. Es gibt neue Karkassen und neue Profile. Vor allem E-Mountainbiker profitieren von den robusteren und griffigeren Pneus.
Wer beginnt, sich mit Mountainbike-Reifen zu beschäftigen, nimmt sich vermutlich zuerst das Profil vor. Klar: Offensichtlich unterscheidet es die Modelle voneinander. Ebenso entscheidend ist allerdings – neben der Gummimischung – das Innenleben eines Pneus. Die Karkasse bildet gewissermaßen das Rückgrat eines MTB-Reifens. Der Aufbau entscheidet über Pannenschutz, Stabilität, Dämpfung und auch das Gewicht. Und genau hier setzt Schwalbe bei seinem großen Relaunch an. Fünf unterschiedliche, völlig neu entwickelte Karkassen stehen künftig zur Wahl. Das Ziel: Jeder Biker kann seinen Reifen in genau der Version fahren, die optimal zum persönlichen Einsatzbereich passt. Um Bikern die Orientierung zu erleichtern, hat Schwalbe seine Neulinge mit prägnanten, eindeutigen Namen versehen.
Gänzlich neu – und besonders für E-Mountainbiker relevant – ist dabei Super Trail. Diese Karkasse füllt die Lücke zwischen den alten Snakeskin- (jetzt Super Ground) und Super Gravity-Karkassen. Für alle, die ihr E-MTB im ernsten Gelände bewegen wollen und sich dafür einen robusten Reifen mit ordentlichem Pannenschutz wünschen, könnte Super Trail ein starker Kompromiss sein. Neben den neuen Karkassen der hochwertigen Evolution-Linie gibt´s weiterhin die günstige Performance Linie, die auf einen eigenen Karkassenaufbau setzt.
Aber nicht nur am Innenleben hat Schwalbe gefeilt. Es gibt auch zwei neue Profile. Und auch die werden wir im kommenden Jahr viel am E-MTB sehen.
Kein Reifen wurde in den letzten Jahren mehr an Mountainbikes verbaut, als Schwalbes Nobby Nic. Ein echter Touren-Klassiker! Am E-Mountainbike hat der Nobby aber immer mehr an Boden verloren und musste Kritik einstecken. Denn schon ein gemäßigtes E-Fully konnte den leichten Reifen mit seinem seichten Profil und der dünnen Seitenwand im anspruchsvolleren Gelände schnell an seine Grenzen bringen. Die Neuauflage des Nobby Nic für 2021 will das Image des zahmen Tourers hinter sich lassen – und auch im ernsten Trail-Gelände wildern. Dafür wurde das Profil komplett erneuert. Die Seitenstollen fallen deutlich prägnanter aus, außerdem soll die Selbstreinigung verbessert worden sein. Nobby Nic gibt´s in den Varianten Super Ground und Super Trail, was ihn ebenfalls vom leichten Tourer zum soliden Trail-Reifen mutieren lässt. Wer einen besonders leichten Tourenreifen für gemäßigtes Gelände sucht, wird künftig vom Nobby Nic nicht mehr bedient. Der neue Nobby Nic kostet in der hochwertigen Evolution-Variante zwischen 59,90 und 64,90 Euro. Verfügbar in 26, 27,5 und 29 Zoll und den Breiten 2,25, 2,35, 2,6 und 2,8 Zoll.
Wer schon länger auf dem Mountainbike sitzt, wird sich noch an Big Betty erinnern. Viele Jahre machte sich der massive Schlappen einen Namen als Bikepark- und Downhill-Allrounder. Bis er aus dem Programm von Schwalbe verschwand. Jetzt liegt die Neuauflage im Regal. Und das ist eine besonders gute Nachricht für E-Mountainbiker, die ihr Rad im harten Gelände bewegen. Bisher bestand die klassische Enduro-Kombi von Schwalbe aus Magic Mary an der Front und Hans Dampf am Heck. Der neue Big Betty ist die deutlich griffigere Variante zum Hans Dampf, was sich am E-MTB vor allem in rutschigen Uphills bezahlt macht. Auch der Kurvenhalt legt deutlich zu. Die Kombi aus Magic Mary und Big Betty werden wir 2021 an vielen Trail- und Enduro-E-MTBs sehen. Big Betty gibt´s in 26, 27,5 und 29 Zoll sowie in den Breiten 2,4, 2,6 und 2,8 Zoll. Die hochwertigen Evolution-Reifen kosten je nach Ausführung zwischen 59,90 und 67,90 Euro.
Das Beste: Wir konnten diese Kombi schon ausführlich in Praxis und Labor testen! In EMTB 4/2020 lest ihr den ausführlichen Reifentest mit 9 Paarungen für den anspruchsvollen E-MTB-Einsatz. Neben Pneus von Maxxis, Continental, Michelin, Kenda, Vittoria, Pirelli und Specialized haben wir auch die nagelneuen Schwalbes dabei gehabt. Magic Mary/Big Betty und die Spezialisten-Kombi fürs E-MTB: Eddy Current. Ab 18.8. liegt das Heft am Kiosk und ist digital verfügbar.
Auch Eddy Current rollt 2021 auf den neuen Karkassen. Heißt: Statt Super Gravity an beiden Rädern, werden die massiven Pneus künftig am Hinterrad von der sehr stabilen Super Gravity-Karkasse gestützt, während am Vorderrad die etwas leichtere Super Trail Karkasse zum Einsatz kommt. Wie bisher wird es Eddy Current nur in exakt dieser Ausführung und nur mit der Gummimischung Addix Soft geben. Wie diese Kombi funktioniert, lest ihr ebenfalls in EMTB 4/2020 in unserem großen Reifentest ab 18. August im Handel!
Bei seinem Relaunch hatte Schwalbe auch die Haltbarkeit und den Verschleiß seiner Rundlinge im Fokus. Denn seit Jahren gab es immer wieder Beschwerden über ausreißende Stollen an einigen Modellen. Dem wollen die Schwalbe-Entwickler endlich ein Ende gesetzt haben. Die Lösung: mehr Gummi auf der Lauffläche. Dadurch werden die meisten Reifen spürbar schwerer. „Ein zuverlässigerer Reifen macht den Kunden am Ende glücklicher als 150 Gramm Gewichtsersparnis", erklärt Produktmanager Carl Kämper die neue Schwalbe-Philosophie. E-Mountainbiker werden die Extra-Gramm sicher leichter verkraften. Und auch von einer höheren Haltbarkeit profitieren sie besonders. Das Upgrade in Zahlen: Ein 29er-Nobby Nic in der leichtesten verfügbaren Ausführung (Super Ground) wiegt jetzt nach unseren Messungen rund 950 Gramm. Ein Magic Mary in 29 x 2,4 ist nicht mehr unter 1200 Gramm zu haben, denn mit leichteren Karkassen als Super Trail wird das Enduro-Pärchen Magic Mary und Big Betty nicht angeboten. Damit werden sie zu echten Schwergewichten. Die Zeiten, in denen die Schwalbe-Reifen zu den leichtesten aller Klassen zählten, sind auf jeden Fall fürs Erste vorbei.
Für E-Mountainbiker sind die neuen Karkassen und Profile ein echter Gewinn! Die neue Super Trail-Karkasse wird Trail- und Enduro-E-MTBs robuster und fähiger machen, genauso der neue Big Betty. Und auch gemäßigte Biker profitieren, zum Beispiel vom aufgemotzten Profil des Nobby Nic. Nur echte Grammfeilscher schauen in die Röhre und werden sich manch leichtes Modell zurückwünschen. Der Schritt, zu Gunsten besserer Haltbarkeit auf Top-Werte im Gewichtsranking zu verzichten, ist aller Ehren Wert. Das sollte in erster Linie dem ganz normalen Kunden zu Gute kommen. Gut so! In einer von Superlativen getriebenen Branche ist das keine Selbstverständlichkeit.