Bei kalten Temperaturen wird das Gummi von Reifen hart - dafür haben wir am Auto Winterreifen. Beim Mountainbike brauchen wir eigentlich auch sowas. Was kann man also tun, um auch im Winter guten Grip auf nassen Trails zu haben? Etwa Spikes?! Wir haben mit dem Reifen-Experten Robert Mennen gesprochen.
BIKE: Es heißt, dass bei Kälte das Gummi der Mountainbike-Reifen verhärtet. Ab welcher Temperatur müssen Biker hier mit Problemen rechnen?
Robert Mennen: Bei tiefen Temperaturen wird Gummi zunehmend hart, zäh und lederartig. Eine pauschale Aussage zu einer genauen Temperatur ist allerdings nicht möglich, da das von verschiedenen Faktoren abhängt und je nach Gummimischung variiert. Ähnlich wie bei Sommer oder Winterreifen am Auto.
Wie äußert sich das in den Fahreigenschaften?
Wenn das Gummi verhärtet, besitzt der Reifen insgesamt weniger Dämpfung. Auch der Grip leidet bei kalten Temperaturen. Ebenfalls auffällig ist das lautere Abrollgeräusch.
Hilft es, im Winter auf weichere Gummimischungen zu wechseln?
Eine weichere Gummimischung macht im Winter aus den oben genannten Gründen durchaus Sinn, zumal man öfters mit Bedingungen (Nässe, Schlamm…) konfrontiert ist, wo zusätzlicher Grip und zusätzliche Dämpfung hilfreich sind.
Gibt es bei der “Kälteempfindlichkeit” Unterschiede zwischen günstigen und hochwertigen Gummimischungen?
Unser hochwertigen ADDIX Compounds funktionieren aufgrund ihrer speziellen Zusammensetzung in einem weitem Temperaturfenster und haben eine niedrige Verglasungstemperatur (Glaspunkt: Übergang von einem starren, glasartigen Zustand in einen weichen, gummiartigen Zustand durch Kristallisation des Kautschuks bei tiefen Temperaturen. Unterhalb des Glaspunkts kann es zur Rissbildung bei mechanischer Beanspruchung kommen). Wie erwähnt kann es allerdings Sinn machen auf weichere Mischungen zu wechseln – die Auswahl ist häufig aber nur bei hochwertigen Reifen gegeben. Im mittleren Preissegment bieten zumindest wir die Auswahl an Compounds nicht an. Bei einigen Ganzjahresreifen setzen wir auf unseren ADDIX 4-Season Compound, der speziell für niedrige Temperaturen optimiert. Einen MTB-Reifen mit diesem Compound gibt es aber aktuell nicht.
Wie sieht es mit dem Luftdruck aus? Ist weniger im Winter besser?
Da die Geschwindigkeiten im Winter aufgrund der Bedingungen tendenziell langsamer sind würde ich den Luftdruck minimal senken. Man muss berücksichtigen, dass der gemessene Luftdruck bei Raumtemperatur höher ist als bei niedrigen Temperaturen. Ein 2.4-Zoll-Reifen, der bei 20° C mit 1,5 bar bepumpt wird, hat bei 0° C nur noch etwa 1,4 bar.
Wie sieht das optimale Profil für den Wintereinsatz aus?
Bei losem Untergrund bzw. matschigen Verhältnissen ist ein offenes Profil mit verhältnismäßig langen Stollen und guter Selbstreinigung von Vorteil (z. B. Dirty Dan).
Für wen oder für welchen Einsatz sind Spike-Reifen die richtige Wahl?
Spike Reifen sind auf Eis die einzig sichere Lösung. Auf Schnee bieten sie auch Vorteile, besonders wenn der Schnee schon stark komprimiert ist oder die oberste Schicht vereist ist. Von daher sind Spike Reifen ein Muss für Fahrer, die bei solchen Bedingungen unterwegs sind. Man kann mit ihnen auch bei normalen Bedingungen (Asphalt etc.) fahren, jedoch ist der Rollwiderstand höher und die Abrollgeräusche können schnell stören.