Stephan Ottmar
· 29.06.2016
Lange überließ Shimano das E-Mountainbike-Segment der Konkurrenz. Mit dem neuen Steps E8000 ändert sich das schlagartig. Mit dem Modelljahr 2017 setzen viele Hersteller auf den Antrieb aus Japan.
Erstmalig konnten wir in einem Stevens E-Scope+ den neuen Shimano MTB Steps E-Antrieb (E8000) ausgiebig testen. Im Stevens Hardtail mit Plus-Bereifung quälten wir den Antrieb über Stock und Stein.
Die Eckdaten des neuen Shimano MTB-Steps lesen sich vergleichbar mit den E-Antrieben der Konkurrenz:
Die Verbesserungen liegen im Detail und im Fahrtest zeigt sich, dass Shimano bei der Abstimmung sehr vieles richtig gemacht hat. Zunächst sticht die äußerst kompakte Bauform ins Auge. Im Vergleich zu einigen Konkurrenz-Antrieben besitzt der MTB-Steps schlanke Abmessungen. Das hat zwei große technische Vorteile: Die Rahmenbauer bekommen mehr Raum. Dieser lässt sich an E-Mountainbikes für Optimierungen der Hinterbaukinematik nutzen und ermöglicht kürzere Kettenstreben. Für den Fahrer reduziert sich der Q-Faktor, also der horizontale Abstand der Pedale auf 175 mm (Herstellerangabe). Außerdem nimmt der Antrieb weniger prominent Einfluss auf die Bike-Optik.
Der Einschalt-Knopf für das System sitzt am Akku. Ein kleines Display neben dem Vorbau gibt Auskunft über die eingelegte Fahrstufe und aktuelle Geschwindigkeit. Per Ein-Knopf-Bedienung lassen sich außerdem Reichweite, Durchschnittsgeschwindigkeit, Distanz und maximale Geschwindigkeit einsehen. Der Wechsel der Fahrstufen erfolgt vom Lenker aus per Firebolt-Daumenshifter. Das Handling des MTB-Steps läuft intuitiv ab, der Schalter ist klar gerastert. Aus unserer Sicht unnötig ist ein heller Piepton, der jeden Stufenwechsel begleitet. Doch vermutlich kann dieses Signal in Zukunft per Software deaktiviert werden. Hält man im Stand den äußeren Daumenschalter gedrückt, aktiviert sich die Schiebehilfe. Das scheint ergonomisch sehr sinnvoll, am Testbike war dieses Feature allerdings noch ohne Funktion.
Schon beim ersten Tritt in die Pedale fällt die geringe Geräuschentwicklung des Systems auf. Auch unter Last und bei höheren Drehzahlen stört kein hochfrequentes Pfeiffen. Dennoch begleitet ein sanftes Brummen die Fahrt. Auf höchster Unterstützungsstufe fielen leichte Vibrationen auf, wenn der Motor im Teillastbereich arbeitet – also nicht die volle Leistung abgibt.
Die ersten beiden Fahrstufen „Eco“ und „Tour“ liegen relativ eng beieinander. In der Tour-Einstellung muss der Fahrer immer noch ordentlich Eigenleistung beisteuern. Der Boost-Modus wird seinem Namen gerecht. Er schiebt sehr kräftig nach vorn. Der Krafteinsatz erfolgt spontan und bleibt dabei gut kontrollierbar. Es genügt ein kurzer Druck aufs Pedal, um die Unterstützung zu aktivieren. Die Kraftentfaltung erfolgt in allen Modi sehr harmonisch, so dass auch im steilen Gelände auf losem Untergrund die Traktion nicht abreißt. Lediglich das Abschalten des Antriebs, also wenn der Fahrer zu treten aufhört, geht noch etwas hackelig vonstatten und wird vom Bike jeweils mit einem kurzen Ruck quittiert. Der Motor zeigt sich drehfreudig und kommt auch mit einer hohen Trittfrequenz gut zurecht. Lediglich in nierigen Trittfrequenzen scheint die Leistung geringfügig schwächer. Auf diese Weise fühlt sich der Antrieb sehr durchzugsstark an.
Natürlich nutzt Shimano die Möglichkeiten eines eigenen Elektro-Antriebs zur Systemintegration: Shimano 10- und 11-fach Kassetten sind nutzbar und auch die elektronische Schaltung Di2 lässt sich mit dem Antrieb kombinieren. Eine eigene Kettenführung hält die Kette in Position. Einstellungen am System können via Bluetooth oder ANT-Standard über die Software E-Tube mit Smartphone, Tablet oder PC vorgenommen werden.
Der MTB-Steps E8000 -Antrieb von Shimano macht eine sehr gute Figur. Das gesamte System lässt sich hervorragend am Bike integrieren und besticht duch sein einfaches und ergonomisches Handling. Auf dem Trail schiebt es kräftig an, wobei die Kraftenfaltung sehr harmonisch wirkt. Damit dürfte dieser Antrieb eine echte Alternative zu den aktuellen Systemen von Bosch, Brose & Co. sein. Das zeigt sich bereits daran, dass zahlreiche Hersteller angekündigt haben, für 2017 E-Mountainbikes mit dem E8000 im Programm zu haben.