FahrradgriffeErgonomisch oder klassisch rund? 20 MTB-Griffe im Test – für Race & Trail

Stefan Frey

 · 03.06.2024

Besser ergonomisch oder lieber klassisch rund? 20 MTB-Griffe im Test
Foto: Georg Grieshaber
Ein wenig Gummi, innen eine Klemme, fertig ist der Fahrradgriff. Doch so einfach ist das Ganze nicht. Erst, wenn Dämpfung, Textur, Klebrigkeit und Dicke zu Anatomie und Fahrstil des Bikers passen, wird aus einem MTB-Griff sprichwörtlich eine runde Sache.

Neulich fuhr ich mit einem Bike aus dem Testfuhrpark in die Stadt. Kurzer Termin am Morgen. Schnell den Sattel eingestellt. Luftdruck überprüft. Passt. Doch schon nach ein paar Hundert Metern drückten die Griffe derart in meine Handflächen, dass ich den Lenker für den Rest der Fahrt nur noch mit Daumen und Zeigefinger festhielt – nicht ganz ungefährlich im Großstadtgetümmel. Rein optisch wirkte der Griff wie ein 1a-Ergo-Modell. Leichte Erhöhung unter der Handfläche, abgeflachte Unterseite. Doch das Gummi war hart wie eine Holzpritsche und die “ergonomische” Kuppe entpuppte sich als Folterwerkzeug für die Nervenbahnen im Karpaltunnel.

20 MTB-Griffe im Test – Race, Trail & Ergo

Damit Ihnen schmerzende Hände auf der Tour erspart bleiben, haben wir 20 MTB-Griffe in drei Kategorien – Race, Trail und Ergo – im Test miteinander verglichen. Dazu haben wir nicht nur die Shore-Härte gemessen, also den Härtegrad des Gummis, sondern alle Griffe ausgiebig in der Praxis auf Griffigkeit und Komfort hin untersucht.

Bei den ergonomischen MTB-Griffen haben wir zusätzlich die Druckverteilung mit Hilfe einer Druckmessfolie ermittelt. Diese wurde uns von den Sattel- und Griffspezialisten von SQlab zur Verfügung gestellt. Die Messungen haben wir aber unabhängig im eigenen Labor durchgeführt. Dabei hat sich vor allem eine Erkenntnis aus vergangenen Tests bestätigt: Griffe mit Flügeln nehmen zwar spürbar Druckspitzen von den Händen, sind aber für technisches Gelände nur bedingt geeignet und daher eine Ausnahme im Testfeld.

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BIKE-Wissen: Was macht einen guten MTB-Griff aus?

Wer beim Fahrradgriff rein nach der Optik geht, greift schnell daneben. Kaum zu glauben, wie viele Details in so einem kleinen Bauteil stecken. Form. Struktur. Dicke. Klemmung. Wer folgende Punkte beachtet, fährt garantiert besser.

Klassisch rund oder ergonomisch geformt?

Dass Ergonomie ein zweischneidiges Schwert ist, weiß auch Simon Schumacher, Griffentwickler bei Ergon. Je ergonomischer ein Griff geformt sei, desto wichtiger sei die richtige Positionierung, erklärt der Experte. Sitzt die unterstützende Fläche an der falschen Stelle, bewirkt sie im schlechtesten Fall genau das Gegenteil, und es entstehen neue Druckstellen. Beim neuen Race-Griff GXR haben sich die Entwickler daher auf eine leichte Vasenform beschränkt, die die Form der geschlossenen Hand nachahmt. Mit dieser zylindrischen Bauweise komme eigentlich jeder gut zurecht, weiß Schumacher.

Und wer keine Probleme mit tauben Fingern oder stechenden Handballen hat, der kann auch ruhig einen klassischen, runden Griff wählen. Aber Vorsicht: Damit aus dem neuen Griff wirklich eine runde Sache wird, muss die Dicke zur Handgröße passen. Nur dann lässt sich der Lenker auch schmerzfrei und mit wenig Kraftaufwand greifen.

Einen an der Waffel?

Die meisten Griffe sind nicht einfach rund und glatt, sondern verfügen über eine Art Struktur. Besonders das Waffel-Design an der Unterseite, wie man es bei Lizard Skins, Odi oder DMR findet, gibt den Fingern guten Halt in der Abfahrt und beim Klettern. Lamellen oder erhabene Strukturen an der Oberseite helfen, Stöße besser zu absorbieren.

Ohne Klemmung

Um Gewicht zu sparen, kommen Race-Griffe meist ohne Klemmung. Das erschwert die Montage. Sprüht man den Griff zuvor mit alkoholischen Lösungen wie Glasreiniger ein, lässt er sich leicht auf den Lenker schieben. Der Alkohol ist schnell verdampft, und der Griff sitzt bombenfest. Bremsenreiniger ist hier weniger zu empfehlen, weil er aggressiv ist und die Oberflächen angreifen kann. Spüli-Wasser hinterlässt oft einen rutschigen Schmierfilm am Lenker, und reines Wasser oder Spucke trocknet nur langsam zwischen Lenker und Griff ab. Runter geht’s am besten, wenn man mit einer Spritze etwas Wasser zwischen Griff und Lenker verteilt. Dann kräftig drehen und ziehen.

Mit Klemmung

Die meisten aktuellen Griffe werden an der Lenkerinnenseite geklemmt. Das erweitert nicht nur die Griff-Fläche nach außen, sondern verhindert auch Druckstellen am harten Klemmring. Somit ist ein „Übergreifen“ des Griffes möglich. 3-mm-Inbus-Schrauben sind inzwischen Standard, die drehen weniger schnell aus als die früheren 2er- oder 2,5er-Inbus-Schrauben. Beim Festziehen sollte man das angegebene Drehmoment von meist 2 bis 3 Nm nicht überschreiten, vor allem Carbon-Lenker reagieren empfindlich auf zu hohe Klemmkräfte.

Die richtige Dicke

Die Dicke des Griffs sollte analog zur Handgröße gewählt werden. Ist der Griff zu dick, braucht man mehr Kraft, um den Lenker festzuhalten, die Hände ermüden schneller. Ist der Griff zu dünn, stoßen die Finger an die Handballen, und man kann den Lenker nicht mehr sicher umgreifen. Ein dicker Griff verfügt in der Regel auch über mehr Gummi und kann so Stöße besser dämpfen als ein dünnes Exemplar, das dafür ein direkteres Griffgefühl vermittelt.

Ergo? Logisch!

Alle Ergo-Griffe haben eins gemeinsam: Sie versuchen, über Dellen, Ecken oder Abflachungen, den Händen mehr Halt und eine größere Auflagefläche zu bieten. So verteilt sich der Druck besser am Lenker, was Schmerzen verhindern kann. SQlab treibt das Ganze mit seinem 711er-Griff auf die Spitze. Aber auch Ergon und Ritchey schaffen es, den Druck auf die Hände zu reduzieren.

Flügel

Ein Griff mit sogenanntem Flügel mindert den Druck noch weiter und verhindert, dass die Handgelenke abknicken und Nerven geklemmt werden. Gleichzeitig verringert er aber die Griffsicherheit, weshalb er für den Trail-Einsatz nur bedingt geeignet ist.

Die 20 MTB-Griffe aus 3 Klassen im Test

Ergonomische MTB-Griffe

Leichte Race-Griffe

MTB-Griffe für Trailbiker

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