Max Fuchs
· 18.09.2025
Der O-Chain-Spider für´s Kettenblatt oder die Sidekick-Nabe von E-Thirteen sind die bekanntesten Systeme die in den letzten Jahren Lösungen gegen den Pedalrückschlag bei Fullys auf den Markt gebracht haben – beide clever, wirksam aber mit Haken: nämlich zusätzliches Gewicht und satte Preise. Zur Wiederholung: Beim Einfedern verlängert sich bei den meisten Fullys der Abstand zwischen Tretlager und Hinterradachse. Da Kettenblatt und Kassette über die Kette verbunden sind, entsteht eine Wechselwirkung, die die Kurbel beim Einfedern nach hinten zieht – der sogenannte Pedalrückschlag. Je nach Kinematik ist dieses Phänomen unterschiedlich stark ausgeprägt und verhindert an Fullys, dass der Hinterbau frei einfedern kann. DT Swiss präsentiert mit dem DF-Freilaufsystem (Degrees of Freedom) einen verblüffend einfachen Ansatz, der dieses Problem lösen soll. Der Freilauf kann sich im Nabengehäuse je nach Einstellung um 0, 10 oder 20 Grad zusätzlich, unabhängig von den Sperrklinken drehen. Dadurch erhält die Kurbel mehr Bewegungsfreiheit, die den Antrieb bis zu einem gewissen Gard von der Federung entkoppelt. Mit dem Ergebnis: sensibleres Ansprechverhalten, bessere Traktion und ein insgesamt ein satteres Fahrgefühl.
Produkt | DT Swiss DF-Freilauf-Kit |
Preis | 149 € inkl. Werkzeug |
Freiheitsgrade | 0°, 10°, 20° |
Gewicht | gewichtsneutral |
Kompatibilität | alle DT Swiss Ratchet-240- und 350-DEG-Naben |
Einsatzbereich | Trail, Enduro, Downhill (E-MTB-Version in Planung) |
Die Wahl des Freiheitsgrades richtet sich nach dem Einsatzbereich: 20 Grad empfiehlt DT Swiss für den Downhill-Einsatz, 10 Grad für Trail- und Enduro-Bikes. Mit 0 Grad bleibt das System unverändert direkt und bietet – wie die herkömmlichen DEG-Naben – einen Eingriffswinkel von 5 Grad. Das System besteht aus einem speziellen Gewindering sowie zwei Zahnscheiben und ist gewichtsneutral im Vergleich zum Innenleben einer Standardnabe. Es lässt sich nachträglich in alle Ratchet-240- und 350-DEG-Naben von DT Swiss einbauen.
Preis für das Upgrade-Kit: 119 Euro, oder 149 Euro inklusive Spezialwerkzeug um den Gewindering zu lösen. Ist der Gewindering einmal verbaut, lässt sich der Freiheitsgrad auch unterwegs ohne Werkzeug variieren: Einfach den Freilaufkörper abziehen, die Zahnscheibe in der gewünschten Position im Gewindering platzieren, Freilaufkörper samt Kassette wieder aufstecken – fertig. Für E-Mountainbikest ist die DF-Technologie derzeit nicht freigegeben. Eine verstärkte Version, die den höheren Motor-Drehmomenten standhält, ist jedoch in Planung – dann aber nur mit 0 oder 10 Grad Freiheitsgraden. Perspektivisch soll die Technologie auch in Kompletträdern verfügbar sein, sodass Fahrer individuell bestimmen können, ob und wie stark sie den Pedalrückschlag reduzieren möchten.
Die erste Pedalumdrehung fühlt sich ungewohnt an – vor allem in der 20-Grad-Einstellung tritt man spürbar ins Leere. Danach arbeitet der DF-Freilauf unauffällig, solange Zug auf der Kette ist. Lange Anstiege oder Flachpassagen? Kein Problem. Auf welligen Trails geht einem das schwungvolle Ein-rasten der Sperrklinken bei jedem Antitt schnell auf die Nerven. Bergab enfalten die zusätzlichen Freiheitsgrade dann ihr volles Potential: Der Hinterbau reagiert feiner und fühlt sich geschmeidiger an. In der 20-Grad-Einstellung so ausgeprägt, dass man fast meint, Luft aus dem Dämpfer verloren zu haben. Einziger Kritikpunkt: Beim O-Chain-System begrenzen Elastomere die Freiheitsgrade, beim DF-System knallt Metall auf Metall. In Aktion fühlt sich der DT-Freilauf deshalb etwas ruppig an, nicht so geschmeidig wie die Kokurrenz. Weil die Kassette durch die Freiheitsgrade auch auf Kettenschlagen reagiert und sich vor- und zurückbewegt, steigt zudem auch die Geräuschentwicklung.
Ganz nach dem Motto „kleines Teil, große Wirkung“ präsentiert DT Swiss ein System, das leicht ist, wenig kostet und sich einfach feinjustieren oder sogar deaktivieren lässt. Bravo! Das DF-System reduziert die Antriebseinflüsse spürbar, arbeitet dabei aber nicht ganz so geschmeidig wie das O-Chain-System und erhöht zudem die Geräuschkulisse. Um mit seinem Fahrwerk und Pedalrückschlag zu experimentieren und eine Verbesserung zu erzielen, ist der DF-Freilauf aber jeden Cent wert!