TRP Evo 12 Schaltung im Langzeit-TestGülden blinkt die TRP, aber ist sie auch gut & haltbar?

Adrian Kaether

 · 05.06.2024

Mit der Evo 12 will TRP den Platzhirschen Shimano und Sram Konkurrenz machen.
Foto: Adrian Kaether
Mit der TRP Evo 12 will der taiwanesische Hersteller Tektro den Schaltungsmarkt aufmischen und Sram und Shimano Konkurrenz machen. Wie schlägt sich die goldene Edel-Schaltgruppe im Langzeit-Test?

Eins ist sicher: Würden Gansta-Rapper aus den frühen 2000ern plötzlich einen Bike-Fimmel entwickeln, sie würden sich statt Dollar-Zeichen diese Schaltung um den Hals hängen. Denn die TRP Evo 12 ist die Schaltgruppe mit dem vielleicht höchsten Bling-Faktor am Markt. Daneben will der Underdog gegen die etablierte Konkurrenz von Sram und Shimano aber auch mit funktionaler Technik überzeugen. Zwölf Gänge, 520 Prozent Bandbreite und ein Gewicht von 1655 Gramm sind auf dem Papier nah dran an XTR und XX Transmission. Nur auf elektronisches Schalten verzichtet TRP vorerst. Die spannende Frage aber ist: Kann die Schaltung auch im Dauereinsatz überzeugen?

Mit zwölf Gängen und 520 Prozent Bandbreite zieht die TRP mit den Mitbewerbern Sram und Shimano gleich.Foto: Adrian KaetherMit zwölf Gängen und 520 Prozent Bandbreite zieht die TRP mit den Mitbewerbern Sram und Shimano gleich.

TRP Evo 12 im Überblick

  • Zwölf Gänge
  • Bandbreite: 520 Prozent
  • Mechanische Schaltung mit klassischem Schaltauge
  • Komplett-Set aus Kassette, Schaltwerk, Kette, Trigger, Kurbel
  • Gewicht (Komplettgruppe): 1655 Gramm
  • Farben: Gold, Silber
  • Preis: ca. 1100 Euro

Schalten im Neuzustand: Besser als Shimano & Co.?

Sauber eingestellt und mit frischem Schaltauge ist die TRP Evo 12 einfach das: eine top funktionale mechanische Schaltgruppe. Die Gangwechsel selbst sind eher knackig direkt, das Schaltgefühl liegt zwischen Shimanos recht weichen XTR-Schaltvorgängen und Srams alter und superdirekter XX oder X0-Gruppe. Eine Transmission oder Shimanos neue Linkglide-Gruppen schalten spürbar langsamer aber auch weicher als die TRP.

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Die Hebel passen den meisten Testern gut, der Schaltvorgang in einen leichteren Gang braucht etwas Kraft, wirkt dadurch aber auch sehr definiert. Nur ganz vereinzelt verhaspelt sich die Schaltung mal und quittiert den Gangwechsel dann mit einem lauteren Knallen als nur mit einem leichten Klack. Zwar könnte die TRP den uhrwerksähnlichen Top-Schaltungen von Shimano und Sram im direkten Vergleich vielleicht nicht den Rang ablaufen, die Schaltung funktioniert aber so gut, dass man schon sehr sensibel sein muss um im direkten Umstieg die Defizite überhaupt zu spüren.

Der Schalthebel bedient sich gut, war bei Nässe manchen Testern aber zu rutschig. Mit einer Matchmaker-Schelle für Bremse und Schaltung würde das Cockpit noch cleaner aussehen.Foto: Adrian KaetherDer Schalthebel bedient sich gut, war bei Nässe manchen Testern aber zu rutschig. Mit einer Matchmaker-Schelle für Bremse und Schaltung würde das Cockpit noch cleaner aussehen.

Kleinere Kritikpunkte: Der geriffelte Schalthebel wurde bei feuchten Bedingungen von manchen Testern als rutschig empfunden. Und beim Schalten in einen schwereren Gang (immer nur ein Gang auf einmal möglich) wird der Schaltvorgang erst eingeleitet, wenn man den Schalthebel wieder entlastet. Shimano und Sram schalten bereits, wenn der Druckpunkt überschritten wird. Das wirkt im Vergleich direkter und schneller, obwohl der eigentliche Schaltvorgang bei der TRP keineswegs langsam ist. Schön: Die Schaltung klappert bergab wenig, was dem speziellen Mechanismus (Hall-Lock) geschuldet sein dürfte, den TRP von der Downhill-Schaltung übernommen hat.

Good to know: TRP, Shimano & Sram im Faktencheck

Wer zum Überblick noch ein paar Quartett-Fakten braucht: Hier sind sie. TRPs Evo 12 ist auf den Waagen im BIKE-Testlabor etwas schwerer als Shimanos XTR-Gruppe, was vor allem am massiveren Schaltwerk und der etwas schweren Kurbel liegt. Srams klassische Transmission bringt aber am meisten Gewicht mit, kann ohne Schaltauge aber in den Diziplinen Haltbarkeit und Servicefreundlichkeit punkten. Dafür ist sie allerdings auch deutlich teurer als XTR und TRP, obwohl sich der Marktpreis (s. u.) von der einst angelegten UVP schon deutlich nach unten bewegt hat. Wer die Transmission leichter haben will, muss sogar zur noch teureren Version XX SL greifen, die am Markt eher in Richtung von 2000 Euro kostet.

Markt-Preise und Gewichte im Vergleich

  • TRP Evo 12: 1655 g / ca. 1100 Euro
  • Shimano XTR: 1577 g / ca. 1050 Euro
  • Sram XX Transmission: 1726 g / ca. 1500 Euro

TRP Evo 12 fürs E-Bike?

Anders als Srams Transmission oder Shimanos Linkglide ist die TRP Evo 12 keine speziell fürs E-Bike optimierte Schaltung. Beide genannten Gruppen schalten etwas verzögert aber besonders weich und leise. Wenige aber definierte Steighilfen verhindern, dass sich die Schaltung unter großer Last im Anstieg verhaspelt. Vereinfacht gesagt: Hier kann man auch unter Volllast in fiesen Rampen bedenkenlos den nächsten Gang reinhämmern.

Das Santa Cruz Heckler SL malträtierte die Schaltung mit bis zu 450 Motorleistung aus einem Fazua Ride 60 Antrieb.Foto: Adrian KaetherDas Santa Cruz Heckler SL malträtierte die Schaltung mit bis zu 450 Motorleistung aus einem Fazua Ride 60 Antrieb.

Bei der TRP wie übrigens auch bei Shimano ist eher etwas Feingefühl gefragt. Keine Umstellung für die meisten Biker, die ohnehin beim Schalten etwas Druck von der Kurbel nehmen. Wer einfach durchtritt und trotzdem Schaltet, erntet bei der TRP aber vereinzelt einen lauten Knall. Gerade beim E-Bike passiert das bergauf häufiger, wenn man die Schaltung für den Gangwechsel nicht zumindest ein bisschen entlastet. Schon an unserem Light-E-MTB Testbike mit Fazua Ride 60 war der Effekt deutlich, Full-Power-E-Bikes dürften die Schaltung noch etwas stärker fordern.

Im Dauereinsatz: Defekte an Schaltröllchen & Schaltwerk, Kassette überarbeitet

Leider hinterließ die TRP Evo 12 in unserem Langzeit-Check noch einige Fragezeichen. Allerdings muss man dazu sagen: Speziell die Version, die wir am klassischen Mountainbike testen konnten, war eine Schaltung der allerersten Serie. TRP will bei einigen Komponenten bereits nachgebessert haben. Trotzdem ist die Liste der Defekte etwas länger als zum Beispiel beim bravourösen Dauertest von Srams edler XX SL Transmission.

Konkret: Nach einem eher trockenen Sommer und nur circa 900 Kilometern an einem Trek Supercaliber mussten die Schaltröllchen getauscht werden. Das Schaltwerk wies auf der Innenseite Beschädigungen auf, die offenbar von Kollisionen mit der Kassette herrühren. Im Zeitalter von Elektro-Schaltungen ebenfalls auffällig: Die Zugspannung mussten wir immer wieder nachjustieren, gerade wenn das Bike einige Zeit in einem heißen Auto gelegen hatte. Ohne den direkten Vergleich zu haben: Aber bei Shimanos XT und XTR ist uns das nie so deutlich aufgefallen.

Die TRP Evo 12 an einem Trek Supercaliber war eine von zwei Schaltgruppen im Langzeit-Check.
Foto: Marc Strucken

Zwischenzeitlich hat TRP außerdem die Kassette tauschen lassen, da der erste Stand noch Vorserie war. Leider verlor die Schaltung durch die Serienkassette in unseren Augen etwas an Definition. Das knackige Schaltgefühl kommt nicht mehr ganz so gut zum Tragen. Die Serienkassette soll aber eine bessere Haltbarkeit bringen. Ernste Probleme wie ausgebrochene Kassettenzähne, gerissene oder übermäßig gelängte Ketten gab es dagegen bei circa 2000 Kilometern verteilt auf zwei Testbikes keine zu bemängeln.

Schade nur, dass das goldene Finish der Schaltung durch nur einen einzigen Rutscher schon ziemlich in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ausgerechnet der farbige Teil des Parallelogramms und der Hebel für die Schaltwerksdämpfung sind die exponiertesten Bauteile und bei einem Sturz als erstes in der Schusslinie. Systembedingt gibt’s außerdem nach Stürzen Probleme mit der Schaltpräzision, wenn das Schaltauge in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das kennt man aber von den meisten anderen Schaltungen.

Autsch! Schon ein einziger Rutscher über die rechte Seite hat das schicke Finish der Schaltung ziemlich mitgenommen.Foto: Adrian KaetherAutsch! Schon ein einziger Rutscher über die rechte Seite hat das schicke Finish der Schaltung ziemlich mitgenommen.

BIKE-Fazit zur TRP Evo 12

Mit eher knackigen, schnellen Schaltvorgängen, klassischem Schaltauge und ohne Elektronik ist die TRP Evo 12 eher eine exotische Alternative zur Shimano XT oder XTR - Srams Transmission verfolgt da einen sehr anderen Einsatz. Die Schaltperformance der TRP liegt im Neuzustand auf gutem Niveau, beim Thema Haltbarkeit litten unsere Modelle aber noch an Kinderkrankheiten. Dennoch: Eine optisch gelungene Alternative am Markt mit fairem Preis, die fast an das Niveau von Shimano heranreicht. Das macht die TRP zu einem spannenden Tuning-Teil für Individualisten. - Adrian Kaether, Redakteur Test und Technik

Adrian Kaether, Redakteur Test und Technik.Foto: Georg GrieshaberAdrian Kaether, Redakteur Test und Technik.

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