Florentin Vesenbeckh
· 28.02.2025
Die neue Sram-Transmission-Schaltung mit Direct-Mount ist mit einem klaren Versprechen in den Markt gestartet: Einmal einstellen, nie mehr Probleme! Das Setup soll bei dieser Technik besonders simpel sein und springende Gänge sollen der Vergangenheit angehören. Dennoch kann es auch bei der T-Type-Schaltung, wie Sram den neuen Standard nennt, zu Problemen kommen.
Eine Häufung an falsch eingestellten Schaltungen an unseren Testbikes zeigt: Wie das Setup der noch jungen Transmission funktioniert, ist längst nicht überall angekommen. Wir nehmen das zum Anlass, und zeigen Schritt für Schritt, wie ihr eine Sram Transmission Schaltung einstellt und wie ihr Schaltprobleme mit dem neuen T-Type-System vermeiden könnt.
Gerade erfahrene Schrauber müssen mit einer Transmission-Schaltung umdenken. Ohne Bedienungsanleitung und neues Grundwissen kommen selbst Profis nicht weiter. “Man muss das Schaltung einstellen ganz neu lernen”, sagt Sram-Mann Moritz Dittmar zur Einstellung der Transmission-Schaltung.
Und genau das ist ein großer Knackpunkt. Denn selbst mit jahrelang angesammelter Erfahrung beim Schaltungssetup kann man mit dem neuen System nur bedingt etwas anfangen. Stattdessen muss man sich streng an klar definierte Vorgaben halten.
Konstruktionstechnisch gibt es grundlegende Unterschiede zwischen einemDie Konstruktion dessogenannten “Full-Mount”-Schaltwerk der neuen Transmission-Serie unterscheidet sich grundlegend von der eines klassischen Schaltwerks.
Statt an einem Schaltauge wird das Schaltwerk direkt am Rahmen befestigt. Dazu gibt es eine normierte Schnittstelle (UDH = Universal Derailleur Hanger). Dadurch soll die Position von Schaltwerk und Kassette an jedem Bike exakt identisch sein. Die Endanschläge nach oben und unten müssen an Transmission-Schaltwerken nicht eingestellt werden, sondern sitzen quasi automatisch perfekt.
Tatsächlich hatten wir in den letzten zwei Jahren seit Markteinführung der neuen Technik an zig Testbikes kein einziges Mal Probleme damit, dass die Kette oben oder unten vom Ritzelpaket geschoben wurde. Mission erfüllt!
Der zweite grundlegende Unterschied: Die Umschlingung des Schaltwerks, also wie weit das obere Schaltröllchen von der Kassette entfernt steht, wird nicht stufenlos über eine Schraube eingestellt. Diese Justage erfolgt bei der Montage quasi automatisiert.
Allerdings nur, wenn man sich genau an die Vorgaben hält. Hier kann es in der Praxis zu Problemen kommen, wenn einige Grundregeln nicht beachtet werden oder sich die Hauptschraube des Schaltwerks lockert. Dazu weiter unten mehr.
Grundlage für jede Einstellung einer Sram-Transmission-Schaltung sind gewisse Grundparameter. Die sind abhängig vom jeweiligen Bike-Modell und müssen vor dem Setup eruiert werden. Dafür hat Sram eine Datenbank (App oder Webseite), in der nahezu alle verfügbaren Modelle am Markt hinterlegt sind. Etwas verwirrend: Die Datenbank hört auf den Namen “Full Mount Chain Length Guide”. Dabei geht es hier um mehr, als nur die korrekte Kettenlänge.
>> Zur Datenbank von Sram: https://axs.sram.com/guides/fullmount/chain/calculator
Anhand von Bike-Modell, Rahmengröße und Kettenblattgröße spuckt der Rechner folgende Parameter aus, die für die korrekte Einstellung jeder Transmission-Schaltung essenziell sind:
ACHTUNG: Wenn ihr eine andere Kettenblattgröße verbaut oder die Geometrie über einen Flipchip verändert, kann das bedeuten, dass sich die Parameter verändern. Dann müsst ihr sie anpassen und das Schaltwerk neu ausrichten.
Erst wenn diese Parameter klar und richtig vorbereitet sind, könnt ihr das Schaltwerk befestigen bzw. korrekt ausrichten. Dafür schaltet ihr zuerst auf das Setup-Ritzel. Das 21er-Ritzel (7tes von oben) ist rot markiert und dient in den allermeisten Fällen als Setup-Gang. Aber Achtung: In Ausnahmefällen braucht ihr das eins größere 24er-Ritzel! Ob das bei eurem Bike der Fall ist, findet ihr wie oben beschrieben im “Full Mount Chain Length Guide” in der AXS-App oder auf der Sram-Webseite.
Im nächsten Schritt löst ihr erst die Hinterradachse um genau eine Umdrehung und öffnet dann die Hauptbefestigungsschraube des Schaltwerks, bis es lose hängt. Dann muss der Käfig in der Setup-Position eingerastet werden.
Dann wird das Schaltwerk am Käfig nach hinten gezogen, bis die Kette gespannt ist. In dieser Position muss die Hauptbefestigungsschraube des Schaltwerks festgezogen werden.
Für den nächsten Schritt ist ein großer Drehmomentschlüssel nötig. Für die dauerhaft korrekte Funktion der Schaltung ist es essenziell, dass die Schraube mit 35 Newtonmetern angezogen wird. Für alle ohne Drehmomentschlüssel: Das ist richtig viel! Denn: lockert sich die Klemmung, verrutscht das Schaltwerk und die Performance ist futsch. Oft touchiert dann der Käfig beim Schalten die Kassette, was das Bike sogar komplett lahmlegen kann.
Zum Abschluss zieht ihr die Hinterradachse nach Herstellerangabe an und löst den Schaltkäfig aus der Setup-Position.
Tipp: Mit einem Mini-Tool auf Tour lässt sich das nötige Drehmoment nicht aufbringen. Habt ihr unterwegs Probleme, solltet ihr die korrekte Einstellung zu Hause (oder in der Werkstatt) mit ordentlichem Werkzeug unbedingt wiederholen!
Wenn ihr prüfen wollt, ob die Einstellung bei Euch passt, gibt´s neben dem optischen Check der Markierungen (siehe Bild) einen weiteren Trick. Schaltet in Euren passenden Einstellgang und bringt den Käfig in die Setup-Position. Das sollte im Einstellgang ohne große Bewegung des Käfigs klappen. Müsst ihr den Käfig dafür deutlich nach vorne drücken, stimmt vermutlich etwas nicht.
Tipp: Wenn die Schaltung plötzlich Probleme bereitet, macht es Sinn, die Schritte 1 bis 8 durchzuführen, um sicherzugehen, dass das Schaltwerk perfekt positioniert ist. Wenn ihr Kettenblattgröße oder Geometrieeinstellungen verändert habt, kann es sein, dass sich die Einstellungsparameter für Eure Schaltung geändert haben! Checkt die Datenbank und passt ggf. an.
Was bei klassischen Schaltungen die Zugspannung ist, ist bei Srams elektrischer AXS das Micro Adjust. Heißt: Das Schaltwerk kann in 0,2-Millimeter-Schritten nach innen oder außen feinjustiert werden. Wenn ein oder mehrere Gänge Geräusche machen oder das Schaltwerk die Kette nicht schnell genug nach oben oder unten befördert, steht die Schaltung nicht genau unter dem jeweiligen Ritzel. Entsprechend muss man das Schaltwerk weiter nach innen oder außen positionieren.
Arbeitet Euch in dem Gang, der Probleme bereitet, an die ideale Position heran. Die Position, in der die Kette sauber ohne Rasseln läuft, passt. Wichtig zu wissen: Die Feineinstellung bezieht sich immer auf alle Gänge gleichzeitig.
Hilfreich bei diesem Prozedere ist ein Blick in die App. Hier seht ihr sofort, in welcher Einstellposition ihr Euch befindet. Es gibt 14 Micro-Adjust-Positionen, wobei Position 7 die neutrale Mitte markiert. Ist die Schaltung völlig verstellt, macht es Sinn, zurück auf die neutrale Position zu gehen und sich von hier aus vorzuarbeiten. Die Feineinstellung ist komplett ohne App möglich und funktioniert sogar während der Fahrt. Doch der Blick in die App hilft, um Euch die Einstellung und Veränderungen klar vor Augen zu führen.
Tipp: Steht Micro Adjust in einer Extremposition (1 oder 14), ist das ein Indiz für eine falsche Einstellung. In der Regel sollte Micro Adjust nahe der neutralen Mittelstellung stehen.
Achtung: Bei vollgefederten Bikes verändert sich die Schaltwerksposition über den Einfederweg des Hinterbaus. Das kann auch die Schaltperformance beeinflussen. Die finale und endgültige Feineinstellung muss also während der Fahrt passieren. Im Montageständer kann die Schaltung ggf. gar nicht ideal justiert werden. Also: Erste Justage in der Werkstatt und dann ggf. nachbessern, wenn im Fahrbetrieb Probleme auftauchen.
Beim Blick von hinten auf ein Transmission-Schaltwerk könnte man leicht stutzig werden. Denn der Käfig steht nicht in einer Linie mit den Ritzeln. Doch keine Sorge: Der Käfig ist nicht verbogen sondern ab Werk asymmetrisch gestaltet. Sram spricht von einem “Inline-Käfig”. Tatsächlich gab es in unserem Testbetrieb keinen Fall, in dem Schaltprobleme auf einen verbogenen Käfig zurückzuführen waren. Zwar kann man den Eindruck gewinnen, dass durch die “angeborene Schrägstellung” eventuelle Defekte schwerer aufgespürt werden können. Doch tatsächlich ist eine Sichtprüfung auch bei klassischen Schaltwerken nicht immer zielführend. Sram beteuert: Der Käfig sei sehr robust. Wenn tatsächlich ein Defekt vorläge, wäre der optisch auch zweifelsfrei zu identifizieren. Übrigens: Der Käfig ist werkzeuglos austauschbar und als Einzelteil erhältlich. In Carbon oder Alu.
Im Idealfall würde man eine Schaltung im SAG einstellen, also bei leicht eingefederter Heckfederung. Denn mit der Federbewegung kann sich auch die Stellung zwischen Schaltwerk und Kassette ändern. Das kann Einfluss auf die Schaltperformance haben. Die finale und endgültige Feineinstellung muss also während der Fahrt passieren. Besonders an steilen Anstiegen im Gelände kann das Bike tiefer in den Dämpferhub sacken, was die Probleme noch verstärken kann.
Schaltwerk und Schalthebel müssen miteinander gekoppelt werden, damit beide Komponenten der Sram-Funkschaltung miteinander kommunizieren können. Dazu muss der AXS-Funktionsknopf am Schaltwerk so lange gedrückt werden bis er grün blinkt. Dann den Funktionsknopf am Schalthebel so lange drücken, bis dieser anfängt schnell grün zu blinken. Den Kopplungsvorgang schließt man dann ab, indem man die Taste am Schaltwerk noch einmal drückt bis die grüne LED aufhört zu blinken.
Vermutlich ein klassischer Fall von Akku leer. Am Schaltwerk sitzt der AXS-Akku, der im separaten Ladegerät aufgeladen werden muss. In den Hebeln, aka Pod Controllern, stecken Knopfzellen (CR2032, keine Akkus!). Über den Ladestand informieren die LEDs an Schaltwerk und Shifter. Sram gibt folgende Laufzeiten an:
Schalthebel: Grün = 3 bis 12 Monate Nutzung verbleiben; Rot = 1 bis 3 Monate Nutzung verbleiben; Rot blinkend = weniger als 1 Monat Nutzung verbleiben
Schaltwerk: Grün = 5 bis 25 Stunden Nutzung verbleiben; Rot = 1 bis 5 Stunden Nutzung verbleiben; Rot blinkend = weniger als 1,5 Stunden Nutzung verbleiben
Ein Tipp für den Transport eines (E-)Mountainbikes mit Sram AXS-Schaltung: Da die Schaltung auf Vibrationen reagiert, aktiv geschaltet wird und entsprechend Strom verbraucht, sollte der Akku aus der Schaltung entnommen werden, wenn’s auf Reise geht. Dazu liefert Sram rote Schutzkappen sowohl für den Steckplatz an der Schaltung, als auch für den Akku selbst.