Alt gegen neuFunk-Schaltung Shimano XTR Di2 anno 2016 vs. Di2 2025

Jan Timmermann

 · 11.07.2025

Vorne Karl Platt mit der neuen Shimano XTR Di2, hinten unser Redakteur mit dem Vorgängermodell auf dem originalen Cape-Epic-Siegerbike von 2016: Kann die alte Technik noch dranbleiben?
Foto: Max Fuchs
Die Shimano XTR Di2 M9200 Gruppe markierte ein beeindruckendes Comeback der Japaner im Bereich der elektronischen Mountainbike-Schaltungen. Wir hatten die Gelegenheit, den neuen Funkantrieb im direkten Vergleich zu seinem Vorgängermodell zu testen. Als Grundlage diente nicht irgendein Mountainbike, sondern das Siegerbike des Cape Epic 2016 von Marathon-Legende Karl Platt.

“Eigentlich geil, wie schnell die Shimano XTR Di2 damals schon war!” Karl Platt nickt anerkennend in Richtung seines neun Jahre alten Bulls-Bikes. Auf dem Wild Edge Team gewann der heute 47-Jährige 2016 das legendäre Cape-Epic-Etappenrennen in Südafrika. Mit an Bord: die ursprüngliche Shimano XTR Di2 mit Kabelanbindung. Platt hat auch sein aktuelles Arbeitsgerät mitgebracht. Den performanten Nachfolger von Bulls, welches natürlich die grundsanierte XTR-Gruppe mit Funktechnik bei sich trägt. Auch dieses Bike heimste unter Platt bereits einen Cape-Epic-Sieg ein, nämlich den aktuellen des laufenden Jahres. Zweimal Weltklasse-Racebike, zweimal Shimano XTR Di2: Wir wollen herausfinden, wie sehr sich die Highend-Schaltung wirklich verbessert und ob sich das lange Warten gelohnt hat.

Alt: Im direkten Vergleich wirkt die Shimano XTR Di2 von 2016 fast schon filigran. Die Energie fürs elektrische Schalten stellt ein Kabel bereit.Foto: Max FuchsAlt: Im direkten Vergleich wirkt die Shimano XTR Di2 von 2016 fast schon filigran. Die Energie fürs elektrische Schalten stellt ein Kabel bereit.Neu: An der neuen Shimano XTR Di2 M0200 Funk-Schaltung setzen die Japaner auf ein abgerundetes Design, welches das Hängenbleiben erschweren soll.Foto: Max FuchsNeu: An der neuen Shimano XTR Di2 M0200 Funk-Schaltung setzen die Japaner auf ein abgerundetes Design, welches das Hängenbleiben erschweren soll.

Faszination Elektroschaltung

2014 übertrug Shimano seine Di2-Technologie vom Rennrad ans Mountainbike. Die M9000 war die erste Großserien-Schaltung für den Geländeeinsatz, welche die Gänge via elektrischem Signal wechseln konnte. Funk-Schaltungen, wie die Sram Eagle AXS schlummerten damals noch als Prototypen in den Hinterzimmern der Entwickler und kamen erst fünf Jahre später zur Marktreife. Das Schalten via Elektrotechnik faszinierte mit müheloser, direkter Reaktion, hatte jedoch auch seine Tücken. So konnte man den Mechanikern in manchem Shop regelmäßig dabei zusehen, wie sie gleich eines Marionettenspielers Bike-Teile an einer Vielzahl von Kabeln jonglierten. Während das Fahrverhalten der Shimano XTR Di2 M9000 2014 also bereits überzeugte, mussten ihre Einzelteile jedoch mit Hardware verbunden werden. Bei separat platzierten Schaltwerk und -hebel, Energieträger, Display und Steuerungseinheit kein Spaß für Schrauber und Rahmenbauer. Sieben Jahre lang tüftelte Shimano nach eigenen Angaben an einem Nachfolger ohne Kabel. Die neue Funk-XTR Di2 M9200 lässt sich einfach ans Rad schrauben, via Bluetooth koppeln und via Smartphone-App einstellen: ein großer Schritt in Richtung Zukunft der E-Schaltung!

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Alt: Das Mini-Display der Shimano XTR Di2 M9000 entfällt beim Nachfolger M9200.Foto: Max FuchsAlt: Das Mini-Display der Shimano XTR Di2 M9000 entfällt beim Nachfolger M9200.Neu: Die neue Funk-XTR wird nicht länger durch einen kabelgebundenen Akku im Rahmen, sondern durch einen kleinen Energiespeicher im Schaltwerk gespeist. Für E-Bikes steht weiterhin eine Kabel-Version zur Auswahl.Foto: Max FuchsNeu: Die neue Funk-XTR wird nicht länger durch einen kabelgebundenen Akku im Rahmen, sondern durch einen kleinen Energiespeicher im Schaltwerk gespeist. Für E-Bikes steht weiterhin eine Kabel-Version zur Auswahl.

Nur neu oder auch besser? Beweisprobe für die Shimano XTR Di2 M9200

Mit strammer Kette prescht Karl Platt vor mir über den Trail. Dass die Technik unter ihm ein knappes Jahrzehnt auf dem Buckel hat, ist leicht zu vergessen. Schon nach dem ersten Wechsel aber sind zwei Dinge klar. Erstens: Die neue Shimano XTR Di2 fühlt sich am Daumen erstaunlich nach einer mechanischen Highend-Schaltung an. Grund dafür ist der vollständig überarbeitete Schalthebel, welcher dem Körper beim Gangwechsel ein knackig-sattes Feedback gibt. Dagegen wirkt der Vorgänger binär, weich und erinnert mehr an eine Spielekonsole als an ein hochwertiges MTB-Teil.

Zweitens: Unter Last setzt die aktuelle Generation die Kette präziser auf die Ritzel. Verspringer? Fehlanzeige! Insgesamt wirkt die XTR Di2 M9200 dank abgerundetem Design, verstärkter Hardware, automatischer Rückstellung im Crash-Fall und durch den Wegfall der Kabel deutlich robuster als die alte Technik. Gut so, denn beim teuren Anschaffungspreis von 665 Euro allein fürs Schaltwerk sollten Biker auch lange Freude an ihrer elektronischen Gangschaltung haben. Auch wenn es schwer zu glauben scheint, so ist die neue XTR Di2 doch nicht teurer geworden, denn bereits das alte Schaltwerk kostete 670 Euro.

Alt: Dem alten Shimano XTR Di2 Schalthebel war sein elektronisches Innenleben haptisch anzumerken.Foto: Max FuchsAlt: Dem alten Shimano XTR Di2 Schalthebel war sein elektronisches Innenleben haptisch anzumerken.Neu: Die umgelenkten Taster des neuen XTR-Funk-Schalthebels erzeugen ein befriedigendes Schaltgefühl. Für die Steuerung seines Rockshox Flight Attendant Fahrwerks nutzt Karl Platt Sram Blip Schalter.Foto: Max FuchsNeu: Die umgelenkten Taster des neuen XTR-Funk-Schalthebels erzeugen ein befriedigendes Schaltgefühl. Für die Steuerung seines Rockshox Flight Attendant Fahrwerks nutzt Karl Platt Sram Blip Schalter.

Eine verbesserte Haltbarkeit und mehr Präzision unter rauen Bedingungen hat die neue Shimano XTR Di2 Schaltung ihrer Vorgängerin also voraus. Doch zurück zu Karl Platt: “Mit meinem Siegerbike von 2016 machte ich den Zebra-Look beim Cape Epic populär!” Ob ihn das wilde Design schneller gemacht hat? Vermutlich nicht. Was aber damals schon schnell war: Die Schaltgeschwindigkeit der Shimano XTR Di2. Damals allen mechanischen Schaltungen voraus, überträgt Shimano den Speed auf die neue XTR M9200. Das macht nicht nur Laune, sondern soll auch in stressigen Rennsituationen punkten, wenn jede Millisekunde zählt. Übrigens lässt sich die aktuelle XTR von Hebelbelegung bis Automatikschaltung am E-Bike vielseitig individualisieren. Dank großer Übersetzungsbandbreite auf zwölf Ritzeln fällt eine Umwerfer-Option weg.

Alt: Um den elf Ritzeln eine ausreichende Übersetzungsbandbreite zu entlocken, brauchte die XTR Di2 noch ein zweites oder gar drittes Kettenblatt. Am alten Bike von Karl Platt wird der Umwerfer noch mechanisch angelenkt.Foto: Max FuchsAlt: Um den elf Ritzeln eine ausreichende Übersetzungsbandbreite zu entlocken, brauchte die XTR Di2 noch ein zweites oder gar drittes Kettenblatt. Am alten Bike von Karl Platt wird der Umwerfer noch mechanisch angelenkt.Neu: Die Shimano XTR Di2 M9200 bietet auf zwölf Ritzeln bis zu 520 Prozent Übersetzungsbandbreite. Das Aussterben des Umwerfers am Mountainbike ist damit spätestens jetzt besiegelt.Foto: Max FuchsNeu: Die Shimano XTR Di2 M9200 bietet auf zwölf Ritzeln bis zu 520 Prozent Übersetzungsbandbreite. Das Aussterben des Umwerfers am Mountainbike ist damit spätestens jetzt besiegelt.

Mit der neuen XTR-Generation legt Shimano aber nicht nur die Antriebsteile neu auf. Die Schaltung hat natürlich neue Kurbeln und Kettenblätter aber auch neue Laufräder und Bremsen im Gepäck. Fürs Cape Epic setzte Karl Platt 2016 voll auf gewichtsoptimierte XTR-Scheibenbremsen mit zwei Kolben. Zwischenzeitlich wechselte der Marathon-Profi auf die Vierkolben-Version, die eigentlich für Trail- und Enduro Bikes vorgesehen ist: “Bei der Bremspower will ich keine Kompromisse eingehen.” Jetzt ist Platt zurück auf zwei Kolben. Die neuen XTR-Stopper versprechen dank überarbeiteter Hebelergonomie, neuem Bremsmedium auf Mineralöl-Basis und Detailverbesserungen im Innenleben eine konstantere Funktion. Auch wir können bestätigen: Obwohl die “alten” Shimano-Bremsen bereits fein dosierbar und kräftig waren, legen die Nachfolger nochmals eine kleine Schippe drauf. Auch, dass das Klappern der Bremsbeläge endlich der Vergangenheit angehört, freut die Tester.

Alt: Shimano Scheibenbremsen erfreuten sich die letzten Jahre großer Beliebtheit, doch die Konkurrenz hat in großen Teilen nachgezogen.Foto: Max FuchsAlt: Shimano Scheibenbremsen erfreuten sich die letzten Jahre großer Beliebtheit, doch die Konkurrenz hat in großen Teilen nachgezogen.Neu: Detailverbesserungen sollen die neuen Shimano XTR Bremsen noch zuverlässiger und konstanter machen.Foto: Max FuchsNeu: Detailverbesserungen sollen die neuen Shimano XTR Bremsen noch zuverlässiger und konstanter machen.

Der feine Unterschied: Details am Profi-Bike von 2016

Natürlich ließen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen das originale Cape-Epic-Bike 2016 von Karl Platt etwas genauer zu untersuchen. Am Arbeitsgerät des Vollprofis sind wir nämlich auf einige feine Details gestoßen, die Normalos auf Tour eher nicht montieren.

Cape-Epic-Siegerbike von 2016: Das Bulls Wild Edge Team mit Rockshox RS1 Upsidedown-Federgabel und starrer Sattelstütze.Foto: Max FuchsCape-Epic-Siegerbike von 2016: Das Bulls Wild Edge Team mit Rockshox RS1 Upsidedown-Federgabel und starrer Sattelstütze.Für eine aerodynamische Position legte Platt im Rennen immer wieder die Unterarme auf dem Lenker ab. Ein Stück Lenkerband sorgte für Minimal-Komfort. Der Trick ist heute von der UCI verboten.Foto: Max FuchsFür eine aerodynamische Position legte Platt im Rennen immer wieder die Unterarme auf dem Lenker ab. Ein Stück Lenkerband sorgte für Minimal-Komfort. Der Trick ist heute von der UCI verboten.Nicht gebraucht: Ein an die Bremsleitung geklebtes Kettenschloss kam nicht zum Einsatz und hängt noch immer an Ort und Stelle.Foto: Max FuchsNicht gebraucht: Ein an die Bremsleitung geklebtes Kettenschloss kam nicht zum Einsatz und hängt noch immer an Ort und Stelle.

Das knapp ein Jahrzehnt alte Racebike von Karl Platt macht eindrücklich klar, welch langen Weg der Marathon-Sport in dieser zeit gegangen ist. Statt Dropper-Post und Federwegs-Reserven zählten damals schneller Vortrieb und Aerodynamik noch mehr. 29 Zoll hatte sich zwar bereits durchgesetzt, an funkgesteuerte Einfach-Antriebe, wie der neuen Shimano XTR Di2, dachte man auf der Langstrecke aber noch nicht.

Alt: Shimano spielte im Markt für High-End-Laufräder bislang eine untergeordnete Rolle. Mit den neuen XC-Carbonlaufrädern inklusive Titanspeichen soll sich das ändern.Foto: Max FuchsAlt: Shimano spielte im Markt für High-End-Laufräder bislang eine untergeordnete Rolle. Mit den neuen XC-Carbonlaufrädern inklusive Titanspeichen soll sich das ändern.Barends sieht man heute an Profi-Bikes schon lange nicht mehr. 2016 fuhr Platt leichte Modelle von Tune und steckte noch ein Tubeless-Reparatur-Kit ins Lenkerende.Foto: Max FuchsBarends sieht man heute an Profi-Bikes schon lange nicht mehr. 2016 fuhr Platt leichte Modelle von Tune und steckte noch ein Tubeless-Reparatur-Kit ins Lenkerende.Karl Platt gewann nicht nur 2016 das Cape Epic, sondern stand auch bei der diesjährigen Austragung wieder ganz oben auf dem Podium.Foto: Max FuchsKarl Platt gewann nicht nur 2016 das Cape Epic, sondern stand auch bei der diesjährigen Austragung wieder ganz oben auf dem Podium.

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