So machen Sie Ihr E-MTB geländetauglich

Florentin Vesenbeckh

 · 21.07.2019

So machen Sie Ihr E-MTB geländetauglichFoto: Markus Greber
So machen Sie Ihr E-MTB geländetauglich

Federgabel und Dämpfer machen ein E-MTB geländetauglich – allerdings nur, wenn die Einstellung Passt. Wir zeigen Ihnen die fünf Schritte zum Erfolg.

DIE RICHTIGE EINSTELLUNG


1 Luftdruck anpassen

Im ersten Schritt passen Sie den Luftdruck auf Ihr Fahrergewicht (fahrfertig, ggf. mit Rucksack) an. Eine erste Orientierung geben Luftdrucktabellen der Hersteller, die zum Teil auf die Gabel gedruckt sind. Wichtig: Stellen Sie vorab alle Einstellrädchen für Dämpfung, Plattform und Lockout auf ganz offen und gehen Sie wie folgt vor:

  Luftdruck anpassenFoto: Markus Greber
Luftdruck anpassen


2 Negativ-Federweg

Den passenden Luftdruck erkennen Sie über den sogenannten Negativ-Federweg, auch Sag genannt. Zum Messen schieben Sie die Gummiringe an Dämpfer und Gabel ganz an die Dichtungen. Stellen Sie sich mit senkrechter Kurbelstellung auf das Bike (großes Bild oben), dabei nicht wippen oder schaukeln. Lassen Sie sich dazu festhalten, oder lehnen Sie sich mit dem Lenker an eine Wand. Der ganze Druck Ihres Körpergewichts lastet auf dem unteren Pedal. Vorsichtig absteigen und den genutzten Federweg an Gabel und Dämpfer ablesen. Passen Sie den Druck solange an, bis Sie bei einem Sag von 20 bis 30 Prozent landen.

  Negativ-FederwegFoto: Markus Greber
Negativ-Federweg


3 SAG ablesen

Die meisten Gabeln und Dämpfer haben eine Skalierung zum Ablesen des Negativ-Federwegs aufgedruckt. Ist dies nicht der Fall, lesen Sie den genutzten Federweg mit einem Zollstock ab und errechnen Sie den Prozentwert.

  SAG ablesenFoto: Markus Greber
SAG ablesen


4 Dämpfung einstellen

Im nächsten Schritt wird die Zugstufendämpfung angepasst. Sie soll verhindern, dass das Fahrwerk zu schnell ausfedert und die Reifen Bodenkontakt verlieren. Faustregel für den Dämpfer: Rollen Sie im Sitzen einen Bordstein hinunter, der Dämpfer sollte nun eineinhalb Mal nachfedern. Wippt er öfter, muss die Zugstufe weiter zugedreht werden (langsamer).

  Dämpfung einstellenFoto: Markus Greber
Dämpfung einstellen


5 Zugstufe Federgabel

Um die Zugstufendämpfung der Federgabel zu justieren, braucht es etwas Fingerspitzengefühl. Durch kräftiges Zusammendrücken und plötzliches Entlasten der Gabel erspürt man die Zugstufe. Schnellt der Lenker heraus und verliert das Vorderrad Bodenkontakt, ist die Dämpfung zu schwach. Erhöhen Sie die Zugstufe (meist unten am rechten Gabelholm) Stück für Stück, bis die Gabel zwar zügig ausfedert, das Vorderrad aber gerade noch am Boden bleibt. Es gilt: so schnell wie möglich, so langsam wie nötig. Mit der gleichen Technik (Drücken auf den Sattel) können Sie die Einstellung des Dämpfers noch mal überprüfen.

  Zugstufe FedergabelFoto: Markus Greber
Zugstufe Federgabel

ZU BEACHTEN

  • Federweg nutzen: Schieben Sie vor Ihren Ausfahrten immer wieder die Gummiringe bis zum Anschlag und kontrollieren Sie sie nach der Fahrt. Der Federweg sollte nahezu komplett genutzt werden, sonst verschenken Sie die Performance Ihres Fahrwerks. Das Ansprechverhalten leidet, und Sie verlieren Traktion und Kontrolle.
  • Weniger ist mehr: Zu viele Verstelloptionen überfordern durchschnittliche Biker und führen zu falschen Einstellungen. Dadurch leidet die Performance des Bikes. Anpassmöglichkeiten des Luftdrucks und der Zugstufe sind Pflicht, eine Plattform oder Druckstufenanpassung wünschenswert. Was darüber hinausgeht (z. B. separat einstellbare Low- und Highspeed-Dämpfung) macht nur für Experten Sinn.
  • Wenn Sie sich an Luftdrucktabellen der Federgabelhersteller orientieren, beachten Sie, dass E-MTBs durch das höhere Eigengewicht mehr Luftdruck benötigen. Die Hersteller bieten entsprechende Hinweise oder separate Tabellen.
  • Beachten Sie bei der Wahl des Negativ-Federwegs auch die Hersteller-empfeh­lungen. Je nach Bike-Kategorie und Einsatzzweck variieren die Werte. Grundregel: je mehr Federweg, desto mehr Sag. Enduros mit 160 oder 180 Millimetern Federweg können gut mit 30 Prozent gefahren werden. 120-Millimeter-Touren-Bikes eher mit 20 bis 25 Prozent Negativ-Federweg.

Interview mit Stefan Herrmann, Fahrtechnikexperte und Fahrwerksspezialist


Brauchen E-MTBs eine spezielle Fahrwerkseinstellung?
Das Grund-Setup erfolgt auf dem gleichen Weg wie beim MTB, in manchen Punkten stelle ich mein E-Bike aber anders ein. Der Hauptunterschied ist, dass man bergauf und in der Ebene das E-MTB im Sitzen fährt, auch über Hindernisse und durch Senken.


Was bedeutet das für die Fahrwerkseinstellung?
Auf dem Hinterrad lastet ein höherer Druck, da das gesamte Körpergewicht auf den Sattel drückt. Ich fahre also tendenziell etwas weniger Sag und etwas mehr Druckstufe im Dämpfer. Das verhindert effektiv ein Wegsacken und Durchrauschen, der Hinterbau steht höher im Federweg.


Wie profitiere ich davon?
Die Fahrposition bleibt zentral, das Vorderrad verliert nicht so schnell Bodenkontakt. Auch eine effektive Plattform ist für diese Punkte hilfreich. Damit kann ich schnell zwischen Bergab- und Bergauf-Modus umschalten.


Gibt es weitere Unterschiede im Set­up bei MTB und E-MTB?
Für technische Uphills mit dem E-MTB öffne ich die Zugstufe am Dämpfer um ein paar Klicks, dadurch bekommt das Hinterrad schnell wieder Bodenkontakt und generiert mehr Grip. Das gilt aber nur für langsames Fahrtempo! Am E-MTB macht zudem eine Gabelabsenkung Sinn. Der Lenkwinkel wird steiler, und so kann ich engere Radien fahren. Außerdem habe ich mehr Druck auf dem Vorderrad.

  Stefan Herrmann, Fahrtechnikexperte und FahrwerksspezialistFoto: Markus Greber
Stefan Herrmann, Fahrtechnikexperte und Fahrwerksspezialist

LEXIKON


Federhärte
Mittels Luftdruck lassen sich Gabel und Dämpfer auf das Fahrergewicht anpassen. Dazu ist lediglich eine Dämpferpumpe notwendig (im Lieferumfang neuer Bikes). In Ausnahmefällen kommen Stahlfedern statt Luft zum Einsatz. Dann muss zur Anpassung eine Feder mit passendem Härtegrad eingebaut werden (optional erhältlich).


Dämpfung
Die Dämpfung regelt die Geschwindigkeit, mit der das Fahrwerk ein- und ausfedert. Sie bringt Ru­he in die Fahrt und hält die Reifen kontrolliert am Boden. Die Dämpfung funktioniert über einen Ölfluss, der durch eine Folge von Ventilen oder Verjüngungen (Shims) gepresst wird. Über die Größe der Durchlässe kann die Federgeschwindigkeit geregelt werden.


Zugstufe
Die Zugstufendämpfung, auch Rebound genannt, regelt die Ausfedergeschwindigkeit. Also, wie schnell die Gabel nach dem Einfedern wieder zurückkommt. In den meisten Fällen wird sie über einen roten Einstellknopf gesteuert.


Druckstufe
Die Kompression oder Druckstufen­dämpfung regelt die Ein­feder­geschwindigkeit und unterstützt damit die Luft- bzw. Stahlfeder. Wird die Druckstufe erhöht, taucht die Gabel weniger weg (z. B. an Stufen), wird aber auch härter.


Plattform
Stufenweise wählbare Funktion, die die Federung stark beruhigt (Plattform) oder ganz aus­schaltet (Lockout). Beim Bergauffahren kann diese Funktion ein Wegsacken des Dämpfers verhindern, das Vorderrad steigt in steilen Anstiegen später. Achtung: Lockout nur auf ebenem Untergrund einschalten!

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