MTB-Gabeln & DämpferNeue Fahrwerksteile von Cane Creek, Öhlins & Rockshox - schon gefahren

Max Fuchs

 · 09.09.2024

Der neue Rockshox Vivid Coil
Foto: Adrian Reiber
Egal ob Neuheiten für die Rennstrecke, innovative Dämpfungs-Konzepte oder überarbeitete Klassiker – die letzten Monate hat sich im Fahrwerksmarkt viel getan. Wir haben die spannendsten Produkte auf dem Trail getestet.

Öhlins Race-Fahrwerk

Gabel: 1496 Gramm / 1695 Euro
Dämpfer: 255 Gramm / 695 Euro

2023 feierten die Schweden mit der RXC 34 und dem TXC Air ihr Debüt im Cross-Country-Bereich. Nach knapp einem Jahr im Einzeltest ziehen wir Bilanz: Ist Öhlins die Race-Premiere geglückt?

Das XC-Race-Fahrwerk von Öhlins im Praxistest: TXC 2Air Dämpfer und RXC 34 Federgabel.Foto: Max FuchsDas XC-Race-Fahrwerk von Öhlins im Praxistest: TXC 2Air Dämpfer und RXC 34 Federgabel.

Öhlins RXC 34

Mit 100 bis 120 Millimeter Federweg erfüllt die Gabel mit 34-Millimeter-Standrohren schon mal die Grundvoraussetzungen für eine gelungene XC-Gabel. Zu den Einstellmöglichkeiten: Per Remote (125 Euro Aufpreis) stehen drei Fahrmodi zur Wahl: offen, Plattform und geschlossen. Ohne Remote fällt die Bedienung während der Fahrt allerdings schwer. Die Lowspeed-Druckstufe lässt sich in zwölf gut definierten Klicks regeln. Gleiches gilt für die Zugstufe. Auch hier rastet der Drehknopf zwischen offen und geschlossen zwölfmal ein.

Bei unserer 1695 Euro teuren Testgabel handelt es sich um das High-End-Modell mit Carbonkrone und -schaft. Die Alu-Variante wiegt 129 Gramm mehr, lässt aber auch beim Preis um 200 Euro nach. Zum Vergleich. Die aktuelle Fox 34 Stepcast wiegt mit Grip-SL-Kartusche 1422 Gramm und kostet 1349 Euro.

Öhlins TXC Air

Die genaue Modellbezeichnung unseres Test-Dämpfers lautet “TXC 2Air”. Vollblut-Racer können aber auch zum 1Air-Modell greifen. Das schlankere Pendant verfügt über ein geringeres Luftvolumen, baut schmaler und bietet eine höhere Progression. Analog zur Federgabel kann man auch bei den Dämpfern drei Fahrmodi ansteuern. Die Druck- und die Zugstufe lassen sich von Hand in 16 und 12 Schritten feintunen.

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Praxistest: So fährt sich das Öhlins-Fahrwerk

Aber nun zur Praxis: Im Gegensatz zum Preisschild konnte die Performance der Federelemente nur mäßig Eindruck schinden. Wirklich sensibel arbeitet die Gabel nur bei einem komfortablen Setup. Dann bietet die Öhlins RXC 34 aber nicht den gewünschten Gegenhalt im mittleren Federweg. Fährt man die Gabel straffer – so wie es sich an einem Racebike gehört –, wirkt sie schnell bockig.

Kurzum: Den Sweetspot zwischen sensiblem Ansprechverhalten und strammem Gegenhalt trifft die Öhlins-Gabel zumindest im offenen Modus nicht. Dafür arbeitet die Plattform sehr effektiv. In diesem Modus bietet die Gabel deutlich mehr Gegenhalt, ohne zu viel Traktion zu opfern.

Und wie steht es um den Dämpfer? An Gegenhalt mangelt es dem TXC 2Air jedenfalls nicht. Ganz im Gegenteil. An unserem Testbike (Canyon Lux Trail) standen unsere Tester auch bei komfortablem Setup stets hoch im Federweg. Selbst im offenen Modus wandelte der sportliche Dämpfer jede Pedalumdrehung nahezu verlustfrei in Vortrieb um. Das Ansprechverhalten bei feinen Unebenheiten lässt dafür leider zu wünschen übrig.

Vorteile & Nachteile

  • + top verarbeitet
  • + gute Handhabung
  • + leicht
  • + gelungene Plattform
  • - zu teuer
  • - zu große Kompromisse in Sachen Traktion und Gegenhalt

Rockshox Super Deluxe Ultimate Dämpfer

491 Gramm / 649 Euro >> hier erhältlich

Schon gefahren: Rockshox Super Deluxe Ultimate 2025.Foto: Max FuchsSchon gefahren: Rockshox Super Deluxe Ultimate 2025.

Genau wie bei den Federgabeln hat Rockshox für 2025 auch bei seinem Super-Deluxe-Dämpfer Optimierungspotenzial gefunden. So wurde bei dem beliebten Luftdämpfer mit Ausgleichsbehälter sowohl die Highspeed- als auch die Lowspeed-Druckstufendämpfung überarbeitet.

Ähnlich den Updates bei den Federgabeln wurde auch hier der Ölfluss im Lowspeed-Druckstufen-Kreislauf angepasst. Das in fünf Stufen verstellbare System soll nun ohne Kompromisse beim Grip Einstellungen von “2sehr sanft” bis “viel Support” zulassen. Die Shim-Funktion wurde mittels eines leichteren Zugstufen-Kontrollplättchens und eines neuen High-Flow-Kolbens optimiert.

In der Praxis kann der Super Deluxe restlos überzeugen und bietet ein sehr feines Ansprechverhalten gepaart mit überzeugender Dämpfungskontrolle. Zudem lässt sich der Dämpfer umfangreich auf den eigenen Fahrstil abstimmen. Attribute, die auch bereits der Vorgänger hatte. In unserem Testbike Giant Trance mit 120 Millimeter Federweg hielt sich der Unterschied zwischen alt und neu in Grenzen.

Vorteile & Nachteile

  • + sensibles Ansprechen
  • + guter Durchschlagschutz
  • + vielfältig einstellbar
  • + starke Plattform
  • - wenig Unterschied zum Vorgänger

Cane Creek Tigon Stahlfederdämpfer

475 Gramm / 799 Euro >> hier erhältlich

Die Luftkammer des Tigons nennt Cane Creek "Ramp Tube". Sie umschließt den Dämpferkolben und vereint die Vorteile von Stahl- und Luftfeder-Dämpfern.
Foto: Cane Creek

Stahl oder Luft - was ist besser? Freunde rasanter Abfahrten schätzen Stahlfederdämpfer wegen ihres extrem sensiblen Ansprechverhaltens. Doch die Traktionswunder haben auch Nachteile: Sie erzeugen am gleichen Bike eine deutlich linearere Kennlinie als Luftdämpfer, wodurch der Gegendruck im mittleren Federweg und die Endprogression schwächer ausfallen. Fahrer mit aktivem Fahrstil opfern daher gerne das Ansprechverhalten von Coil-Dämpfern zugunsten der Unterstützung von Luftdämpfern. Hinzu kommt, dass Kinematiken, die speziell für progressive Luftfederdämpfer entwickelt wurden, von Haus aus oft so wenig Progression bieten, dass sie mit den linearen Coil-Varianten gar nicht kompatibel sind. Das heißt: Je nach Fabrikat und Modell lässt sich das geliebte Stahlfeder-Feeling nicht nachrüsten.

Der luftgeladene Stahlfederdämpfer: Cane Creek Tignon

Genau diese Probleme löst Cane Creek mit dem Tigon-Dämpfer. Der luftgeladene Stahlfederdämpfer vereint die Progression eines Luftdämpfers mit dem weichen Fahrgefühl einer Stahlfeder. Je nach Druck in der Luftkammer bietet der Tigon mehr Endprogression gegen Durchschläge oder erhöht sogar den Gegenhalt bis zum Sag-Punkt. Dazu wird die sogenannte Ramp Tube via Dämpferpumpe mit bis zu 30 psi Luft befüllt. Je nach Federhärte bietet der Tigon so bis zu 35 Prozent Progression.

Einstellmöglichkeiten: Die Highspeed-Druckstufe wird stufenlos und von Hand über ein Rädchen eingestellt. Für die Einstellung der Lowspeed-Druckstufe (12 Klicks) sowie des Lowspeed-Rebounds (15 Klicks) muss ein 3er-Inbus her. Dieser steckt mit einem Magnet fixiert hinter der Dämpfungseinheit. Ein Plattformhebel verhindert zudem nervige Antriebseinflüsse bergauf. So weit die Theorie.

In der Praxis geht das Konzept des Tigon voll auf: Man kommt tatsächlich in den Genuss des supersensiblen Stahlfeder-Feelings. Gleichzeitig absorbiert das Ramp Tube harte Schläge kontrollierter als herkömmliche Stahlfederdämpfer. Den größten Mehrwert bringt aber der konstante Gegenhalt im mittleren Federweg. Dadurch fühlt sich der Tigon sehr berechenbar an und wird auch den Ansprüchen von Piloten mit aktivem Fahrstil gerecht. Fazit: Ein absoluter Tuningtipp für alle, die aus ihrem Fahrwerk das Maximum an Performance herausholen wollen.

Vorteile & Nachteile

  • + zusätzliche Luftkammer bringt Sensibilität und Gegendruck perfekt in Einklang
  • + super Handhabung und top Verarbeitung
  • + mehr Stabilität, da Ramp Tube den Dämpferkolben verstärkt, und somit besser geeignet für direkt angelenkte Hinterbau-Systeme
  • - Preis
  • - Dämpfer kann trotz Luftkammer nur über verschiedene Federhärten an das eigene Körpergewicht angepasst werden

Rockshox Vivid Coil Dämpfer

1049 Gramm / 699 Euro >> hier erhältlich

Der neu aufgelegte Stahlfederdämpfer Rockshox Vivid Coil 2025.Foto: Adrian ReiberDer neu aufgelegte Stahlfederdämpfer Rockshox Vivid Coil 2025.

Rockshox hat im letzten Jahr den Gravity-Dämpfer Vivid neu aufgelegt, nun folgt die Stahlfeder-Variante. Der Vivid Coil erbt das Gros der Technik vom bereits bekannten Luft-Pendant. Ähnlich dem Charger3-Dämpfer können die High- und Lowspeed-Druckstufe von der Mittelposition aus um je zwei Klicks feinjustiert werden. Die Zugstufe bietet 15 Klicks. Smart: Der Zugstufenversteller dient auch als 3er-Inbus, um die Highspeed-Druckstufe und den Hydraulic Bottom-Out anzupassen. Außerdem wird die Dämpfung des Hauptkolbens in den ersten 10 Prozent des Hubs vollständig umgangen. Dadurch ermöglicht der Vivid Coil ein supersensibles Ansprechverhalten und erstklassige Traktion. Aber auch um den Sag-Bereich tastet er den Untergrund extrem feinfühlig ab. Die Dämpfung arbeitet insgesamt recht plüschig – wer die Druckstufenregler etwas schließt, bekommt guten Gegendruck, ohne dass sich der Dämpfer harsch anfühlt.

Vorteile & Nachteile

  • + super Ansprechverhalten
  • + top Schluckvermögen
  • + guter Gegenhalt
  • + einfache Bedienung
  • - sehr teuer
  • - schwer

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