Timo Dillenberger
· 24.06.2024
Manchen Menschen macht es sogar Spaß, doch ich empfinde Routenplanung als echtes Übel. Je nach Art und Alter des Kartenmaterials kann man sich nach Stunden der Optimierung nicht mal sicher sein, ob der ideale Weg auf dem Papier auch der beste durch Stadt, Wald und Flur ist oder vielleicht in Sackgassen endet, über unfahrbare Wege führt oder Rampen und Treppen einbaut, für die ich den Sattel verlassen muss. Eine rühmliche Ausnahme bildeten hier bisher die Niederlande: Das Navigieren mittels Knotenpunkten und das dichte und gleichmäßig verteilte Radwegenetz unseres Nachbarstaates macht Radeln ohne Karte zum Genuss.
Immer öfter wird aber das Rad Teil des Urlaubs, und immer mehr Menschen schaffen – dem Hilfsantrieb oder regelmäßigerem Training sei Dank – deutlich längere Strecken. Mehr Reichweite heißt aber auch mehr Kreuzungen, mehr mögliche Ziele und mehr Chancen, sich komplett zu verfransen. Im Laufe unseres Testalltags konnten wir ziemlich viele Situationen mit diversen Navigationsmöglichkeiten ausprobieren.
Fazit: Außer der Suche nach einem echten Abenteuer gibt es kaum noch haltbare Gründe, sich nicht von der Elektronik leiten zu lassen. Man erlebt weniger böse Überraschungen, kann mutiger planen, findet im Bedarfsfall viel schneller Nahrung, Unterschlupf oder Hilfe, man spart Zeit bei der Planung und kann interessante Punkte entlang der Route viel effizienter anfahren, und man weiß viel eher als durch die Beschilderung, was noch auf einen zukommt.
Neben der klassischen Karte und dem Aufschrieb wie beim Knotensystem gibt es drei elektronische Möglichkeiten, sich leiten zu lassen. Standard ist heute das Smartphone mit Google Maps als Navi-App. Vor allem, wenn man bereit ist, ein paar Euro auszugeben, bieten spezialisierte Apps gerade für den Radtouristen und Nutzer von weniger zivilisierten Straßen aber deutlich mehr Sicherheit und Nutzerkomfort als Google. Ganz besonders die Investition in die komoot-App mit ihren Hunderttausenden von Routenvorschlägen anderer User ist die 30 Euro für alle Karten der Welt absolut wert. Weiter haben wir schon sehr schöne Trips mit Bikemap, Outdooractive, Niviki, der Locus Map oder Maps.me gemacht.
Sie alle bieten sicheres Routing mit unterschiedlichen Schwerpunkten sowie Stärken und Schwächen, deren Auflistung in einem der nächsten Hefte Platz finden muss. Routenplanung und -führung sind bei den gelisteten Apps top, das Problem bei Smartphones allgemein ist: Navigieren mit kostenlosen Online-Karten und sehr aktuellen Daten zur Strecke benötigt eine dauerhafte Internetverbindung, der Datentransfer und die zusätzliche App plus das durchweg aktivierte Display erhitzen das Gerät und fressen den Akku regelrecht auf. Mehr als drei Stunden halten selbst aktuelle Modelle das kaum durch.
Hinzu kommt die problematische Lenkerbefestigung, denn das Handy bei jeder Kreuzung aus der Tasche zu friemeln macht auch keinen Spaß. Handyhalter gibt es en masse, die allermeisten eignen sich aber nur für Kurzstrecken über glatte Straßen. Versprechen von Erschütterungsfreiheit und bombenfestem Halt selbst auf Downhill-Strecken haben sich bisher nicht wirklich bestätigen lassen. Zwei bei unseren Tests extrem positiv hervorstechende Smartphonehalter finden Sie unten.
Nicht ganz so verbreitet ist die Routenführung per Smartwatch. Die meisten Outdoor-GPS-Uhren lassen Zielführung über eine Karte oder mittels Abbiegeanweisungen zu, wobei die Darstellung der Strecke als Karte in den kleinen Displays meist überladen ist, und auch die langwierige Zieleingabe ohne Tastatur erinnert an Pkw-Navis aus den 90ern. Hier präferieren wir klar die Darstellung mit Pfeilen und Entfernungen bis zum nächsten Einschlag.
Eine viel sicherere Bank sind die Spezialisten: Navigeräte, speziell zur Montage an einem Fahrradlenker entwickelt. Sie sind deutlich robuster, das Display für Outdoor-Aktivitäten ist optimiert und radoptimiertes Kartenmaterial meist schon vorinstalliert, und die Bedienung ist auch mit Handschuhen oder schwitzigen Händen leicht möglich. Je nach Modell geht der Funktionsumfang sogar weit über die reinen Routingaufgaben hinaus; gerade Pedelecfahrer profitieren davon, wenn Streckenführung und Restreichweite des Akkus zum Beispiel zusammengeführt werden. Sportfreaks interessieren eher zusätzlich koppelbare Sensoren für Herzfrequenz oder Tretleistung.
Ganz neu sind diese zwei Fahrradcomputer:
Die Niederlande sind für ihre Fahrradkultur berühmt. Das Radwegenetz ist hervorragend ausgebaut, und um sich im dichten Wirrwarr der Wegstrecken zurechtzufinden, hat man ein intelligentes System entwickelt. Am leichtesten folgt man den Fernrouten, die farblich markiert durchs komplette Land führen.
Wenn es abwechslungsreicher sein soll, schaut man sich vor Abfahrt eine Karte mit den sogenannten “Knooppunten” an – diese “Knotenpunkte” haben jeweils zweistellige Nummern, die zwar mehrfach vergeben sind, aber nicht in einer Region. Erreicht man eine Kreuzung, sind die wegführenden Radwege mit jeweils der Nummer gekennzeichnet, die die nächste zu erreichende Kreuzung trägt. Das macht das Abbiegen eindeutig. Der Aufschrieb besteht letzten Endes nur aus einer Reihe dieser zweistelligen Zahlen, die man Kreuzung für Kreuzung “abarbeitet”. Das ist simpel, fast spielerisch.
Das Angebot an Spezialgeräten ist gar nicht mal so groß – das liegt nicht zuletzt an der Konkurrenz durch das Smartphone. Sieben ernstzunehmende Hersteller zählen wir auf dem mitteleuropäischen Markt, davon beißen Garmin, Sigma und Wahoo aktuell die größten Stücke vom Kuchen ab. Sie bieten vom Einsteigergerät bis zum Hightechnavi mit über 1000 Features etliche Modelle an. Wir haben jeweils das mit dem größten Nutzen für Tourenfahrer, Pendler und E-Biker genauer unter die Lupe genommen. Interessanterweise unterscheiden sie sich weniger in der Genauigkeit, sondern hauptsächlich im Funktionsumfang und in der Hardware, sodass am Ende ziemlich klare Kaufempfehlungen herauskommen.
Zwischen 150 und 600 Euro muss man übrigens für ein Neugerät ansetzen; das ist eine recht weite Spanne. Faustregel: Je abhängiger man sich vom Gerät macht, desto mehr lohnt sich ein Topmodell. Soll heißen: Für die Suche nach einem Zielpunkt in der eigenen Stadt oder das Abfahren einer nahe gelegenen Route, die man aus dem Netz geladen hat, reicht ein einfaches Gerät. Wer sich auf selbst geplante Mehrtagestouren in abgelegenen Gefilden und dies eventuell auch noch im Ausland wagt, sollte deutlich mehr ausgeben.
Mit Navigationsgeräten gehen die Leute vom Sportelektronikriesen Garmin quasi “back to the routes”. Dass Navigation deren Steckenpferd ist, spürt man sowohl bei der Verbindungszeit als auch bei der Präzision von GPS-Position und Kartenaufbereitung. Der Funktionsumfang des “Explore II” ist verglichen mit dem getesteten Garmin Edge 840 etwas überschaubarer, trotzdem sollte man zum Einrichten Tablet oder Smartphone mit “Connect”-App nutzen.
Auch wenn etliche Aktivitätsprofile den Vorgang automatisieren können, allein alle Funktionen zu entdecken dauert ein paar Stunden. Die Darstellung auf dem glänzenden, aber trotzdem gut lesbaren Display sieht weniger verspielt als wirklich topografisch aus. Die Basiskarten reichen für Zentraleuropa voll aus, Spezialkarten, wie die von Finnland, lässt sich Garmin allerdings gut bezahlen. Die Bedienung über den Screen ist auch wegen der Größe des Displays gut, in Kombi mit den sensiblen Tasten funktioniert die Eingabe recht einfach, wenn auch nicht so intuitiv wie beim Sigma Rox.
Die vielen Landschaftsinformationen, die in die Garmin-Karten eingepflegt sind, können sich bei sehr dichtem Straßennetz überlagern, dafür ist in den verschiedenen sehr detaillierten Karten quasi jeder Pfad verzeichnet. Durch Benutzerdaten weiß das Gerät, welche Wege stark frequentiert sind und welche so selten, dass sie vielleicht gerade nicht passierbar sind. Die Routen des “Explore II” sind deshalb die verlässlichsten der drei, wenig touristisch optimiert, sondern eher für Fahrbarkeit und Verkehrsdichte.
Auch der Garmin kann die Daten der meisten E-Bike-Antriebe auslesen und in das Routing einbinden. Obwohl man Strava, komoot und Co. einbinden kann, reichen Connect-App und Gerät zur Routenplanung. Eine Adresseingabe ist nicht möglich, in die Karte eingepflegte POI können aber angefahren werden. Neben Crash-Alarm Funktion, einem allgegenwärtigen Kompass oder einer Anti-Diebstahl-Warnung hat das Gerät auch Funktionen, die des Guten zu viel sind: Gruppenmitglieder (über zusätzliche Handyverbindung) orten zu können, mag interessant sein, aber ein Gruppenchat auf dem Display eines Fahrzeugs - das ist ein Schritt zu weit. Das gilt auch für Nachrichten von Zuschauern an der Strecke.
Der Tourenspezialist im Garmin-Sortiment ist für Nichtleistungssportler wohl dem “Edge 840/Edge 1040” vorzuziehen; die teureren Geräte bieten mehr Funktionen, aber genau diese wird man als Tourenbiker selten bis nie nutzen. Die beste Hardware, die nüchterne Darstellung und die ausgefeilten Outdoorkarten des neu aufgelegten “Explore” machen ihn zur Wahl für Technikfreunde, die sich viel, lange und weit von der Heimat leiten lassen wollen. Kartenerweiterungen sind nicht günstig, dafür aber sehr gut!
Beim Set-up zeigt sich der Wahoo Elemnt Roam V2 sehr nutzerfreundlich, am besten gelingen die ersten Schritte in Begleitung der zugehörigen App (Wahoo Elemnt Companion). Damit lassen sich z.B. die Displayansichten toll konfigurieren, alle Änderungen werden ad hoc auf dem Gerät umgesetzt. Kleine Hilfetexte geben Einsteigern Sicherheit. Die Menüführung über sechs Tasten ist erscheint bei den Hunderten Funktionen kompliziert, das System ist aber clever und geht sofort in Fleisch und Blut über.
Die Tasten sind, im Gegensatz zu früher, selbst dreckig oder mit Handschuhen gut zu fühlen und bedienen. Tipp: Eher mehrere Screens mit wenig Datenfeldern anlegen und die Ansichten wechseln. Obwohl das Display, das Glanzstück des Elemnt, in jeder Lage und aus jedem Winkel gut lesbar ist und nicht spiegelt, verwirren Schriftart und Layout bei zu viel Daten. Schön: Farben werden dezent eingesetzt, das erhöht Kontrast und Lesbarkeit noch mal, genau wie der Tag-Nacht-Modus.
Das Routing ist mit dem Wahoo genau und zuverlässig, funktioniert über Land aber besser als städtisch. Bis das Gerät nach dem Start Satellitenkontakt hat, vergingen keine 30 Sekunden. Statt eines Pfeils bewegt sich beim Wahoo eine Art “Wurm” entlang der Strecke, der immer weiter wandert, während die zurückgelegte Route zum schwarzen Strich wird. Diese Form der Darstellung ist bei weitläufigen Wegenetzen übersichtlich, kann im städtischen Straßengewühl jedoch verzwickte Gabelungen überdecken. Vor dem Pfeilwurm hilft eine Kompassnadel bei der Orientierung. Folgen viele Richtungswechsel nacheinander, hinken Distanzangaben und Richtungspfeile den Abbiegehinweisen manchmal hinterher, wobei das Re-Routing flott und zuverlässig auf den rechten Weg weist, sollte man sich mal verfranst haben.
Wie die Konkurrenz bietet auch der Wahoo die Option, zum Startpunkt zu navigieren. Dafür muss mit der App eine Extra-Route geplant und auf das Gerät in den Ordner “Routes” übertragen werden. Die Kartenverwaltung funktioniert ausschließlich in der App auf dem Smartphone, weshalb der Download neuer und/oder aktualisierter Karten nur funktioniert, wenn auch auf dem Smartphone genügend Pufferspeicher vorhanden ist. Da Wahoo aus dem Sportsektor stammt, implementiert das Gerät viele Funktionen zur Trainingssteuerung oder Kopplung mit Indoor-Trainern oder weiteren Sensoren, die für Tourenbiker weniger wertvoll sind. Auch die direkte Anbindung an Trainingsplattformen wird der Genießer weniger genießen können.
Der Wahoo Elemnt Roam ist wegen seiner robusten Hardware, jederzeit lesbarem Display und der Kernkompetenzen im Routing abseits der Stadt unser Tipp für Gravelbiker und Sportler. Die Bedienung eher über Tasten als das Touchdisplay spricht auch eher Offroader an, denen es egal ist, wenn sie mal einen Abzweig verpassen. Der Preis ist gerade noch okay.
Mit dem Sigma Rox kommt jeder zurecht, der auch einen Lichtschalter bedienen kann. Selbst ohne die Ride-App ist die Einrichtung und die Menüführung mittels großer bebilderter Kacheln ein Klacks, mit Smartphone gelingen Einstellungen teils noch automatischer. Weil die Tasten seitlich nicht anatomisch ideal liegen bedient man das Rox am besten über das gute Display, das erst bei Sonnentiefststand etwas spiegelt. Die Farben des Displays sind hier gut, weil flächig und nicht klein eingesetzt. Selbst bei unterschiedlichen Fahrbahnbelägen wird klar, wo es gut rollt und wo es ruppig wird.
Zwei kleine Haken: Vom On-Button bis zum betriebsfertigen Gerät mit GPS-Kontakt vergeht mehr als eine Minute, und im Stand rotiert die Karte oft wild um den Standort, weil dem Gerät dann die Fahrtrichtung fehlt. Wer sich im Gelände verfährt, sucht vergebens einen Kompass. Dafür gibt es gerade für die Routenplanung tolle Hilfen wie die “draw my Route”-Funktion, bei der man auf der Karte mittels Finger ganz grob die Strecke vorskizziert, der “Rox” wandelt den Kringel in eine meist hervorragende Route. Die nochmals optimierten OSM-Karten funktionieren spitze. Auch Routen entlang ausgewählter Points of Interest waren gut fahrbar und ans Leistungsniveau angepasst.
Wenn man die Strecke mal verlässt, reagiert der “Rox” nicht hektisch und führt clever auf die Route zurück. Anweisungen kommen rechtzeitig und präzise. Im Gegensatz zur Konkurrenz kann man auch Postadressen anfahren, die Adresseingabe dauert nicht lange, und der Weg entsprach immer dem besten, wenn auch nicht dem kürzesten. E-Biker freuen sich über speziell an die Restreichweite des Akkus, angepasst an Routen, Sportler über das Höhenprofil der Reststrecke. Er ist mit fast allen Antrieben am Markt kompatibel. Mit real 12 Stunden reichte der Akku in 99 Prozent aller Fälle.
Die vielen Radtypen- und Sportprofile verkürzen die Vorbereitung, auch die Anbindung an komoot z.B. oder der simple Download von vorbereiteten gpx-Tracks schont die Nerven. Auf dem Gerät selbst können nur begrenzt Tracks archiviert werden, der Speicher ist vergleichsweise klein. Groß ist dagegen der Umfang an praktischen Zusatzfunktionen. Ein Crashalarm informiert eine Kontaktperson (Handykopplung muss bestehen) über Unfall und Position, Notfalldaten auf dem Display helfen möglichen Rettern. Genauso praktisch: Der einstellbare Essensalarm, der natürlich auch an regelmäßiges Trinken erinnern kann.
Mit dem Rox 12 hat Sigma einen riesigen Sprung gemacht, die Navigeräte früher waren oft eher halbgar. Sieht man mal von Akku und Speicher ab, sind Funktionsumfang, Routing, Grafik und vor allem Bedienung exzellent! Wegen der Karten mit Straßen und Adressen sowie der pfiffigen Routenplanungsoptionen ist das Rox trotz des Preises unser Touring-Navi-Tipp für alle Einsteiger, Städtetripler, Tourenradler und Anti-Technik-Nerds.
Wer lieber auf das Smartphone statt ein eigenes Fahrrad-Navi als Begleiter in Sachen Navigation setzt, muss nicht auf wackeliges Bauwerk am Lenker vertrauen. Es gibt unter anderem diese sehr funktionellen und sicheren Produkte.
Der variable Mount des Startups aus Gießen besteht aus der superdünnen Trägerplatte und dem verzapften Halter, zusätzlich zum starken Neodym-Magneten kann der Edelstahlbügel (gleichzeitig Aufsteller) zur zusätzlichen Sicherung dienen. Der Magnet hält auch an Kühlschrank oder Fitnessgerät. Die Grundplatte wird stabil verklebt oder ist in ein Case (iPhone, Pixel, Samsung) integriert. Radhalter und Handy sind unverwüstlich, das Handy in einer Sekunde dran. Set inklusive Case: 68 Euro.
Herzstück des bewährten Systems aus Koblenz ist der Halter, der gegen den Vorbaudeckel getauscht wird. Sitzt fester als jede Klemmschelle und ist ohne Handy sehr unauffällig. iPhone-User können ihr Handy mit dem Ridecase aufstecken, alle anderen müssen den elastischen Gummischlaufen des “Omni Ridecase” oder dem Drybag vertrauen. Quer oder hochkant federt der Halter das Telefon über Stock und Stein, wobei die Apple-Variante schon vertrauensvoller ist. Inklusive Case: 54,95 Euro >> z. B. hier reduziert erhältlich.