ZF CentriX Motor im TestKlein, wie eine Coladose - stark, wie Bosch und Shimano

Jan Timmermann

 · 04.02.2025

Die Maße des neuen ZF CentriX laden zum Staunen ein: Das ist tatsächlich ein Full-Power-E-MTB-Motor.
Foto: Adrian Kaether
Mit dem ZF CentriX gibt es einen neuen Akteur am Markt für E-Bike-Motoren. Das Herstellerversprechen: ein bis dato nie dagewesenes Verhältnis aus Leistung, Gewicht und Größe. Wir können alle echten Daten liefern, denn BIKE hat den kleinen Kraftprotz in Labor und Praxis auseinandergenommen.

Mit dem ZF CentriX will ein weiterer Automobil-Zulieferer die E-MTB-Szene aufmischen. Im Vergleich zu den meisten Bike-Firmen ist die „Zahnradfabrik Friedrichshafen” ein richtig großer Player. Dennoch befindet sich auch der Automobilzulieferer ZF aktuell in stürmischen Wirtschafts-Gewässern. Weltweit vertreibt das Unternehmen vom Bodensee Getriebe, Achsen, Kupplungen und vieles mehr. Bereits 2019 betrat man mit einer Beteiligung an Sachs Micro Mobility erstmals den Markt für E-Bike-Motoren. Unter eigenem Label gibt es nun ein komplett neues, serienreifes Aggregat: den ZF CentriX. Wir haben den Neuling nicht geschont und sowohl auf dem Prüfstand, als auch auf dem Trail ausgiebig getestet.

Erstmals wird es den <a href="https://www.bike-magazin.de/fahrraeder/mountainbike/enduro-bikes/raymon-tarok-ultra-auf-dem-pruefstand-das-erste-bike-mit-zf-centrix-motor-im-test/" target="_blank" rel="noopener noreferrer">ZF CentriX im Raymon Tarok an einem E-MTB zu kaufen geben</a>. Wir haben den neuen Motor bereits über die Trails gescheucht.Foto: Max FuchsErstmals wird es den ZF CentriX im Raymon Tarok an einem E-MTB zu kaufen geben. Wir haben den neuen Motor bereits über die Trails gescheucht.

Das steckt hinter dem neuen CF CenriX Motor

Die kreisrunde Motoreinheit des ZF CentriX ist mit 88 Millimetern Durchmessern kaum größer als eine Getränkedose und liefert auf dem Papier trotzdem eine ähnliche Leistung, wie andere etablierte Full-Power-Lösungen. Schlüssel für die Traummaße ist ein zylindrisches, ultrakompaktes Wellengetriebe, welches mit nur wenigen Kleinteilen auskommt. Damit die Power trotz Mini-Größe mithalten kann, wird das ZF-Ecosystem nicht, wie bei klassischen E-Bike-Motoren, mit 36 sondern mit 48 Volt Spannung betrieben. Das beeindruckende Versprechen: 90 Newtonmeter und 600 Watt in der Spitze bei nur 2,5 Kilo. Damit würde ZF ein Leistungsgewicht erreichen, das nur vom neuen DJI Avinox übertrumpft wird.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Der runde ZF Centrix wird mit lediglich vier Schrauben und einer kühlungsoptimierten Abdeckung im E-Bike gesichert.Foto: Adrian KaetherDer runde ZF Centrix wird mit lediglich vier Schrauben und einer kühlungsoptimierten Abdeckung im E-Bike gesichert.Der kabelgebundene Lenker-Remote des ZF CentriX wirkt clean und definiert.Foto: Max FuchsDer kabelgebundene Lenker-Remote des ZF CentriX wirkt clean und definiert.

Beim neuen ZF CentriX stehen zwei Akkus mit 504 oder 756 Wattstunden zur Auswahl. Bike-Hersteller sollen auch auf Dritthersteller zurückgreifen dürfen. Auf einer Steuereinheit im Oberrohr werden Ladestand und Unterstützungsstufe angezeigt. Dazu gibt es eine Schnittstelle für die Stromversorgung eines Smartphones. Auch zusätzliche Displays umfasst das System. Ebenso, wie der Lenker-Remote sind diese kabelgebunden. Dass der Motor besonders bequem montiert wird, dürfte die Werkstätten der Fachhändler freuen. Mit dem E-Bike-Projekt will ZF seine Geltung im Bereich der Mikromobilität erweitern. Auf der Eurobike 2024 präsentierte ZF den neuen Mittelmotor in einem Muster-Rahmen, dessen Layout der Schweizer Bike-Hersteller Bergstrom übernommen hat. Das allererste Serienbike mit ZF CentriX kommt jedoch von Raymon und ist ein ausgewachsenes E-Enduro.

Exakt 2,5340 Kilo zeigt die Präzisionswaage für den kleinen ZF Motor an. Für ein Full-Power-Aggregat ist das ein niedriger Wert.Foto: Adrian KaetherExakt 2,5340 Kilo zeigt die Präzisionswaage für den kleinen ZF Motor an. Für ein Full-Power-Aggregat ist das ein niedriger Wert.Der 756 Wh Akku des ZF Centrix lässt sich im Unterrohr durch ein Schloss sichern, nach unten entnehmen und bei Bedarf durch einen leichteren 504 Wh Akku austauschen.Foto: Adrian KaetherDer 756 Wh Akku des ZF Centrix lässt sich im Unterrohr durch ein Schloss sichern, nach unten entnehmen und bei Bedarf durch einen leichteren 504 Wh Akku austauschen.

Fakten zum CF CentriX E-MTB-Motor

  • extrakleines Motorbaumaß mit 88 mm Durchmesser
  • Niedriges Motorgewicht mit 2,5 kg
  • System-Spannung: 48 V
  • maximales Drehmoment: 90 Nm (Herstellerangabe) / 83 Nm (BIKE-Messung)
  • Spitzenleistung: 600 W (Herstellerangabe) / 544 W (BIKE-Messung)
  • 4 Unterstützungsstufen: Eco, Active, Sport, Boost
  • 756 oder 504 Wh Akku-Optionen
  • Geplante Neuheiten für 2025: U-Stufen-Individualisierung, Over-The-Air-Updates, Diebstahlschutz, App- sowie Display-Features
Für das aufgeräumte Farb-Display des neuen ZF-Systems sind zahlreiche Features angekündigt, die bei unserem Test jedoch noch nicht zur Verfügung standen.Foto: Max FuchsFür das aufgeräumte Farb-Display des neuen ZF-Systems sind zahlreiche Features angekündigt, die bei unserem Test jedoch noch nicht zur Verfügung standen.

Leistung und Kraftentfaltung

Betrachtet man die nackten Zahlen, liefert der ZF CentriX eine ähnliche Spitzenleistung, wie die wichtigste Konkurrenz. Allerdings besitzt der Motor selbst einen nicht unerheblichen Gewichtsvorteil von 320 Gramm gegenüber Bosch, beziehungsweise 120 Gramm gegenüber Shimano. Auf dem Prüfstand zeigt sich der CentriX unkompliziert und baut seine Leistung sehr gleichmäßig auf. Schön, dass die Power auch noch bei Kadenzen von gut 120 Umdrehungen pro Minute aufrechterhalten wird – ein Vorteil gegenüber Shimano. Doch die Aggregate von z. B. Bosch und DJI ziehen noch deutlich länger mit voller Kraft durch.

Im Vergleich mit Shimano und Bosch braucht sich der ZF Motor nicht zu verstecken. Einzig das Leistungsgewicht des hauseigenen Akkus fällt ab. Die Kennzahlen des DJI bleiben ungeschlagen.Foto: BIKE-MagazinIm Vergleich mit Shimano und Bosch braucht sich der ZF Motor nicht zu verstecken. Einzig das Leistungsgewicht des hauseigenen Akkus fällt ab. Die Kennzahlen des DJI bleiben ungeschlagen.

¹ Gemessen im BIKE-Testlabor

So setzt der ZF Centrix seine Power ein: Die rote Kurve zeigt die Leistung in Watt, die blaue Linie bildet das Drehmoment ab.Foto: BIKE-MagazinSo setzt der ZF Centrix seine Power ein: Die rote Kurve zeigt die Leistung in Watt, die blaue Linie bildet das Drehmoment ab.

Ohne Unterstützung, macht sich beim Treten ein leicht erhöhter Widerstand im ZF bemerkbar. Gerade Boschs CX schneidet hier deutlich besser ab. Dafür bestätigt sich ein wichtiger Praxis-Eindruck vom Trail: Seine Kraft entfaltet der CenriX gleichförmiger, sprich weniger progressiv, als der neuste Bosch und schiebt bereits bei 110 Watt Input ordentlich an. War auf dem Trail sehr viel Last bei niedriger Trittfrequenz gefragt, machte sich der Motor mit einem schabenden Geräusch bemerkbar. Zudem registrierten wir bergauf über extrem steiles Kopfsteinpflaster ein leichtes Stottern. Laut ZF handelt es sich um eine Funktion einer innenliegenden Kupplung, die den Antrieb gegen Überlast schützt. Hier wollen die Entwickler noch feinjustieren. Hat man sich einmal an diese Nebenwirkungen gewöhnt, tun sie dem Fahrfluss keinen Abbruch.

Für belastbare Daten spannten wir den ZF Motor im Raymon Tarok auf die Prüfstände von PT Labs.Foto: Adrian KaetherFür belastbare Daten spannten wir den ZF Motor im Raymon Tarok auf die Prüfstände von PT Labs.Bei unseren standardisierten Feldtests zeigte sich der ZF Centrix zwar schnell und beständig, jedoch wenig reichweitenstark.Foto: BIKE-MagazinBei unseren standardisierten Feldtests zeigte sich der ZF Centrix zwar schnell und beständig, jedoch wenig reichweitenstark.

Schade, dass die guten Nachrichten vom ZF CentriX auf dem Prüfstand durch das unbefriedigende Verhältnis von Akku-Gewicht und Reichhöhe einen etwas faden Beigeschmack bekommen. Bei unserem standardisierten Praxistest² liefert der schwere 756-Wattstunden-Akku nur Saft für 1560 Höhenmeter. Das kann die Konkurrenz, allen voran Boschs CX, eindeutig besser. Und auch der ebenfalls neue und vergleichbar leichte DJI übertrumpft den ZF bei der Reichweite klar.

² Ermittelt bei Messfahrten auf Asphalt mit 12,2 Prozent Steigung. Höchste Unterstützungsstufe, Fahrerleistung 150 W, Fahrergewicht 90 kg.

Auf dem Prüfstand wird klar: Der ZF CentriX Motor hält, was der Hersteller verspricht.Foto: Adrian KaetherAuf dem Prüfstand wird klar: Der ZF CentriX Motor hält, was der Hersteller verspricht.

Der ZF Motor im Gelände

Vom Fleck weg zieht der ZF CentriX mit Wumms von dannen. Der Zug nach vorne setzt zackig ein, bleibt im Initialverhalten jedoch noch innerhalb der Kontroll-Grenzen. Das klappt mit der seriennahen Steuerung deutlich besser, als noch beim Prototypen, den wir rund um die Eurobike testen konnten. Bei Fahrschülern gefürchtet, mit dem ZF aber null Problem: Anfahren am Berg. Über das gesamte Fahr-Spektrum lässt der ZF keine Power vermissen, schiebt durchgehend kräftig an und geizt im Trail-Einsatz weder bei hohen Kadenzen, noch im unteren Grenzbereich mit Unterstützung.

Auf den anspruchsvollen Uphill-Trails von Finale Ligure konnte der CF CentriX mit Kraft und Beständigkeit punkten.Foto: Max FuchsAuf den anspruchsvollen Uphill-Trails von Finale Ligure konnte der CF CentriX mit Kraft und Beständigkeit punkten.

Wer den kräftigen Nachlauf des ZF CentriX gezielt für sich arbeiten lässt, wird auch über fiese Sektionen emporgezogen. Allerdings ist der Schub auffällig gleichförmig. Begleitet wird der E-Antrieb von einem lauten Summen, das sogar die Shimano-Konkurrenz übertönt. Dezent ist anders! Schön: Bergab ist der Motor entgegen dem EP801 oder auch einem Bosch Performance SX absolut klapperfrei.

Ganz schönes Gerät: Der ZF-eigene Akku mit 756 Wh wiegt stattliche 4374 g. In unseren Reichhöhentests blieb der Output leider hinter der leichteren Konkurrenz zurück.Foto: Adrian KaetherGanz schönes Gerät: Der ZF-eigene Akku mit 756 Wh wiegt stattliche 4374 g. In unseren Reichhöhentests blieb der Output leider hinter der leichteren Konkurrenz zurück.

Beim Thema Modulation erreicht der ZF CentriX leider nicht die Sensibilität der Klassenbesten. Hier wird der betont gleichmäßige Schub zum Problem, denn das Aggregat schiebt ungeachtet der Fahrsituation stoisch an. Auch niedrigere U-Stufen bringen nur eine leichte Verbesserung. Wie eine natürliche Verlängerung der eigenen Beinkraft fühlt sich das nicht an. Entsprechend schwierig ist es auch, aus niedrigem oder mittlerem Tempo vor einer Schlüsselstelle gezielt Schwung zu holen. Wird es technisch, will der neue Motor lieber mit Köpfchen gefahren werden. Im zahmen Gelände gefällt der verlässliche Vorwärtsdrang.

Trotz extrem winterlicher Temperaturen wurde der ZF CentriX bei der Dauerbelastung unseres standardisierten Reichhöhentests so heiß, dass man ihn nicht mehr anfassen konnte. Einen Leistungsabfall konnten wir deshalb nicht beobachten. Belastbare Daten stehen noch aus - wir bleiben dran!Foto: Adrian KaetherTrotz extrem winterlicher Temperaturen wurde der ZF CentriX bei der Dauerbelastung unseres standardisierten Reichhöhentests so heiß, dass man ihn nicht mehr anfassen konnte. Einen Leistungsabfall konnten wir deshalb nicht beobachten. Belastbare Daten stehen noch aus - wir bleiben dran!

Auffällig, aber vermutlich nur beim Rangieren in der Garage mit dem ZF CentriX relevant: Beim Rückwärtsschieben erzeugt der Motor oftmals einen ungewöhnlich hohen Widerstand. Relevanter, und in speziellen Szenarien auch in der Praxis auffällig, ist der leicht erhöhte Tretwiderstand über 25 km/h, bzw. bei ausgeschaltetem Motor. Hier liegt der ZF auf ähnlichem Niveau wie DJIs Avinox. Beide laufen nicht so frei wie Boschs neuer Performance Line CX.

Erfreulich: Der neue ZF E-MTB-Motor bleibt in der Abfahrt leise und klapperfrei.Foto: Max FuchsErfreulich: Der neue ZF E-MTB-Motor bleibt in der Abfahrt leise und klapperfrei.

Fazit von BIKE-Redakteur Adrian Kaether

Der ZF Centrix ist ein interessanter Wurf aus Deutschland. Beständig, kraftvoll, laut treibt der herrlich kompakte Newcomer das E-MTB voran. In punkto Dynamik dominiert der gleichförmige Schub. So erzeugt der CentriX Verlässlichkeit aber auch ein eher künstliches Antriebsgefühl. Schade, dass der Akku trotz properem Gewicht wenig Reichweite hergibt. - Adrian Kaether, BIKE-Redakteur
BIKE-Redakteur Adrian KaetherFoto: Georg GrieshaberBIKE-Redakteur Adrian Kaether

Meistgelesen in der Rubrik Komponenten