Florentin Vesenbeckh
· 16.07.2025
Das Wettrüsten um den stärksten E-Bike-Motor hat begonnen! Während die relevanten E-Antriebe über Jahre relativ einträchtig mit rund 85 bis 90 Newtonmetern und maximal 600 Watt Spitzenleistung unterwegs waren, überbieten sich aktuell die Platzhirsche mit neuen Höhepunkten. Der Drohnenspezialist DJI scheint mit dem extrem starken Avinox-Motor bei E-Bikern die Gier nach maximaler Leistung angestoßen zu haben. Denn was Leistung und Gewicht angeht, haben die Chinesen die Bestandsware pulverisiert. Jetzt hat Bosch nicht nur den exklusiven Top-Motor Performance CX-R vorgestellt. Nein, pünktlich zum Start des Bike Festivals in Riva del Garda gönnen die Schwaben auch ihrem beliebten Performance CX mal eben ein gehöriges Power-Update.
750 Watt Spitzenleistung, 100 Newtonmeter Drehmoment, 400 Prozent Unterstützung - das soll jeder aktuelle Bosch Performance CX (Gen5, BDU38) bald leisten können. Bisher waren es 600 Watt, 85 Newtonmeter und maximal 340 Prozent Unterstützung. Damit ist der CX genauso stark, wie der ganz neue Performance CX-R.
Von den Fabelwerten des DJI-Motors (850 Watt im Normalbetrieb, 1000 Watt in der Spitze) ist der CX damit noch etwas entfernt, er nähert sich jedoch deutlich an. Leistungsmäßig könnte Bosch grob auf dem Niveau des neuen Specialized-S-Works-Motors im neuen Turbo Levo landen, der mit gut 3,1 Kilo jedoch deutlich schwerer ausfällt. Der Performance CX bringt 2,85 Kilo auf die Waage.
Die gute Nachricht für viele Bosch-Piloten: Die neuen Features kommen via kostenlosem Update, das Bosch für Juli 2025 angekündigt hat. Die neue Software kann jeder „over the air“, also zuhause über die Bosch-App auf seinen Performance CX aufspielen. Nach dem Update bleibt das Setup erstmal standardmäßig bei 600 W und 85 Nm. Wer die volle Power ausnutzen möchte, kann Leistung, Drehmoment und Unterstützung über die Feineinstellung der U-Stufen in der App auf seine persönlichen Wünsche hochregeln und so die neuen Maximalwerte abrufen.
Bosch schickt dem Leistungsversprechen allerdings auch eine Warnung hinterher: Der Hersteller gibt zu bedenken, dass höhere Werte bei Leistung und Drehmoment die mechanischen Komponenten wie Kette und Kassette stärker beanspruchen und auch die Reichweite beeinflussen – je mehr Power, desto höher der Verschleiß und desto kürzer die Tour, heißt es von Bosch.
Das ist nur logisch - und wohl auch ein Grund, warum die Maximalwerte erst händisch in der App freigeschaltet werden müssen. Voreingestellt bleiben auch nach den Update 85 Newtonmeter und 600 Watt. Außerdem braucht es für das 100-Nm-Update die Freigabe vom Bike-Hersteller für das jeweilige Bike-Modell. Theoretisch kann dieser Drehmoment und Leistung begrenzen. Zum Beispiel, weil er verbaute Komponenten für nicht robust genug hält.
Neben der reinen Kraft hat Bosch auch an seinem Steckenpferd noch weiter getunt: Die Abstimmung des Motors soll nochmal ein Level nach oben gewandert sein. Dafür gibt es mit dem Modus E-MTB+ eine neue Unterstützungsstufe. Quasi die Weiterentwicklung des E-MTB-Modus. Dessen Idee ist es, die Leistungsentfaltung stark an den Tretimpuls des Fahrers zu Koppeln. Tritt der Fahrer stark an, gibt auch der Motor Gas, während bei gemächlichem Tritt auch nur dezenter Motorschub freigesetzt wird.
Der neue E-MTB+ soll nochmal dynamischer arbeiten, als der bekannte E-MTB-Modus und sich noch besser an die Gegebenheiten auf dem Trail anpassen. “Dynamic Control” betitelt Bosch die neue Sensorik. Die Schwaben versprechen eine Art Traktionskontrolle innerhalb des neuen Modus, durch die der Vortrieb selbst auf anspruchsvollem Terrain und nassem Untergrund souverän und kontrolliert bleiben soll.
Dabei liefert E-MTB+ bis zu 400 Prozent Unterstützung (E-MTB maximal 340 %) und in den passenden Situationen sogar den maximalen Nachlauf des Race-Modus. Man könnte die neue U-Stufe also als besonders sensiblen Race-Modus - oder als super dynamischen E-MTB-Modus bezeichnen. Denn im Vergleich zum klassischen E-MTB-Modus ist der „Plus“ stärker und noch spritziger und damit noch mehr auf Trail-Spaß ausgelegt. Während der bekannte Modus eher auf Touren und Reichweite getrimmt ist.
Der Bosch Performance Line CX Motor bekommt also eine Reihe spannender Updates. Was unterscheidet den klassischen CX mit dem Power-Plus dann überhaupt noch vom nagelneuen und exklusiven CX-R? Nicht viel, muss man ehrlich sagen. Neben den rund 100 Gramm Gewichtsersparnis (Titan-Achse!) hat der CX-R noch den aggressiveren Race-Modus exklusiv. Dieser arbeitet extrem direkt und bietet in vielen Situationen noch mehr Unterstützung für maximale Beschleunigung.
Außerdem schiebt er bis an die Abschaltgrenze mit vollem Schub weiter. Der Extended Boost wurde verlängert und soll damit noch spielerischer über Wurzelpassagen und Stufen hinweghelfen. Auch wenn das in extremsten Uphills sicher ein gelungenes Feature ist: Die allermeisten E-Mountainbiker werden auf diese Feinheiten wohl verzichten können. Zumal der neue Modus E-MTB+ auch dem CX das Special-Feature Extended Boost verleiht.
Es war ein offenes Geheimnis, dass Bosch ein neues Display in petto hat. Denn im Oberrohr vieler neuer Bosch-Bikes war ein Loch, das für den verbauten Systemcontroller viel zu groß ausfiel. Jetzt ist es da, das Kiox 400C. Und es liefert auf den ersten Blick das, was viele andere Hersteller vorgemacht haben: Die wichtigsten Fahrdaten auf einem unauffälligen und gut geschützten Screen im Oberrohr. Leistung, Trittfrequenz, Herzfrequenz, Höhenmeter und mehr: Das neue Kiox 400C zeigt diese Werte auf diversen, individuell konfigurierbaren Datenseiten an.
Damit die Hände jederzeit am Lenker bleiben können, wechseln die angezeigten Daten auf Wunsch automatisch, angepasst an die aktuelle Fahrsituation. Das nennt Bosch Dynamik Screen. Zum Beispiel: bergauf die gefahrenen Höhenmeter, bergab die Geschwindigkeit. Die verschiedenen Anzeigenseiten können in der Display-Konfiguration der E-Bike Flow App angepasst werden.
Über fühlbare Tasten am Display kann nicht nur manuell durch die Screens geschaltet werden. Theoretisch kann sogar die komplette Bedienung des Motors darüber erfolgen. Minimalisten könnten eine separate Remote am Lenker also komplett weglassen. Für Tech-Junkies gibt’s einen abgedichteten USB-C-Port zum Laden von Navi oder Handy am Kiox 400C. Der Screen passt sich automatisch der Helligkeit an, und eine Navigationsanzeige ist auch an Bord. Das kann sonst kaum ein anderes Oberrohrdisplay.
Vor der offiziellen Vorstellung konnten wir die neue Software bereits im Gelände testen. Durch die freie Einstellung von Drehmoment und Spitzenleistung in der App kann man den Effekt sehr gut im direkten Vergleich herausspüren. Dabei wird klar: Das Plus an Leistung und Drehmoment ist deutlich spürbar und hebt den Schub des Performance CX eine Stufe nach oben. Isoliert betrachtet, fühlt sich die Power des CX nicht nach einem ganz neuen Level an. Doch im “Back-to-back-Test” ist sowohl das Mehr an Drehmoment beeindruckend spürbar. So schiebt der Motor bei langsamem Tritt oder zu hohem Gang deutlich eindrücklicher über Hindernisse. Auch die 25 % mehr Leistung sind mehr als ein kleines Plus.
Diese beiden Faktoren zusammen machen den Performance CX nochmal deutlich dynamischer. Denn bei niedriger Trittfrequenz ist der Schub kerniger, so fällt das Beschleunigen leichter. Und “obenraus” vermittelt der Motor das Gefühl, immer noch einen drauflegen zu können. Tatsächlich ist es Bosch gelungen, in der Disziplin, die sie ohnehin beherrschen, nochmal eine Schippe draufzulegen.
Das verbesserte Fahrgefühl gipfelt im neuen E-MTB-Plus-Modus. Die Dynamik dieses Modus sucht seinesgleichen. Bei leichtem und gleichmäßigem Fahrerinput unterstützt die neue Stufe sehr dezent und wohldosiert. Tritt man fester in die Pedale, dreht der CX richtig auf und schiebt eben auf Wunsch mit bis zu 750 Watt und 100 Newtonmetern Drehmoment. In Kombination mit den 400 % Unterstützung fühlt sich E-MTB+ massiv stärker an, als der bekannte E-MTB-Modus.
Obendrauf kommt der ganz neu abgestimmte Extended Boost. Diesen Begriff hat Bosch bei der Vorstellung des Performance CX Race ins Leben gerufen. Gemeint ist ein besonders langer Nachlauf. Der Motor schiebt also nach dem letzten Pedaltritt noch stark und dynamisch weiter - für bis zu zwei Meter. Das hilft im Gelände sehr effektiv über Stufen und Hindernisse und macht ganz neue Manöver und Fahrtechniken möglich. Das “Problem” beim Race-Modus: Nachlauf und Schub sind so extrem, dass sie einen buchstäblich schon mal aus der Bahn werfen können und nicht immer leicht zu kontrollieren sind.
Im neuen E-MTB+ wird der Extended Boost situationsangepasst freigesetzt. Das nervöse Zucken und schieben im Stillstand, das im Race-Modus bisweilen ziemlich nerven kann, entfällt komplett. Auf deutliche Antritte reagiert der Motor aber mit dem selben prägnanten Nachlauf, der den Race-Modus zum Uphill-Biest macht. Eine exzellente Mischung! Diese Parameter machen den neuen Modus E-MTB+ zur absoluten Benchmark, wenn es um Fahrspaß und Kontrolle in anspruchsvollen Anstiegen geht. Boschs Marketing Slogan “Uphill Flow” passt auf den Performance CX mit der neuen Software mehr denn je.
“Die Bosch-Updates heben den Performance CX auf ein neues Level. Das Plus an Drehmoment und Leistung gibt im Uphill mehr Möglichkeiten - auch wenn Bosch klar hinter der Über-Power des DJI Avinox bleibt. Highlight ist für mich allerdings der enorm dynamische Modus E-MTB+. Damit setzt Bosch die Benchmark, wenn es um Spaß und Kontrolle in kniffeligen Anstiegen geht. Kein anderer Motor vereint sensible Modulation und spritzige Power so genial, wie der Bosch Performance CX. Das gilt mit dem Performance-Update mehr denn je!” - Florentin Vesenbeckh, stv. Chefredakteur BIKE Magazin