Florentin Vesenbeckh
· 03.06.2025
Der TQ HPR 50 fährt seit seiner Einführung eine klare Linie: Maximal klein, maximal leicht und maximal leise. So wurde der minimalistische E-Bike-Motor zum Glücksbringer für alle, die sich von ihrem E-Bike nur leichten Rückenwind erwarten.
Doch die maximale Leistung blieb hinter der der Light-Konkurrenz zurück und auch Effizienz und Standfestigkeit können andere besser. Mit dem neuen E-Bike-Motor HPR 60 sollen die Schwachpunkte des Bayern-Aggregats behoben sein - ohne bei den Stärken zurückzustecken. Wir haben getestet, ob der neue TQ HPR 60 hält, was er verspricht.
Die Grundform des neuen TQ HPR 60 ist identisch mit der des Vorgängers HPR 50. Doch TQ verspricht, dass der komplette Antrieb neu entwickelt wurde. Neue E-Maschine, neues Getriebe, neue Lager. Und als einzig klar sichtbares Element: auffällige Kühlrippen. So wollen die Bayern ihrem Flüstermotor mehr Effizienz, Drehmoment und Leistung verpasst haben.
60 Newtonmeter Drehmoment und 350 Watt Spitzenleistung stehen im Datenblatt des Neulings, zuvor waren es 50 Nm bzw. 300 W. Und seine maximale Leistung soll der Motor auch länger aufrecht erhalten können. Offenbar hat sich TQ unsere Kritik zu Herzen genommen, denn die mäßige Hitzebeständigkeit des Vorgängers mussten wir seit unserem ersten großen Test häufig kritisieren. 90 Gramm Mehrgewicht sollen die Kühlrippen mitbringen.
Auch das Display hat TQ für die Neuauflage überarbeitet. Die Fragmentbildung bei Berührung, die den Vorgänger etwas altbacken wirken ließ, hat TQ eliminiert. Zudem strahlt der neue Screen in Farbe. Das macht die Erscheinung deutlich hochwertiger.
Auch die neue Aufteilung der Anzeige hat uns im Test sehr gut gefallen. Die Daten sind sinnvoll aufbereitet und gut ablesbar. Außerdem sind die Datenseiten nach wie vor über die App frei individualisierbar.
Neu: Ist das Ladegerät angeschlossen, wird im Display die verbleibende Ladezeit angezeigt. Auch das ist ein guter Mehrwert. Die kompakte Remote bleibt bestehen. Sie läuft kabelgebunden und lässt sich mit ihrer Gummierung gut und sicher bedienen. Das Feedback beim Druck der Tasten ist knackig und definiert.
Die gute Nachricht vorweg: Von seinen Stärken hat der TQ-Motor nichts eingebüßt. Sowohl bei der Geräuschkulisse, als auch beim Fahrgefühl bleibt der HPR 60 auf dem bekannt starken Niveau des HPR 50. Mit seinem dezenten Schub fühlt er sich geschmeidig und natürlich an. Bei voller Leistung ist er zwar klar hörbar, wird aber nie laut.
Nach wie vor gilt: So leise wie der TQ ist kein anderer E-MTB-Motor. Auffällig und beachtlich: Beim Drehmoment hat der Mini-Motor deutlich zugelegt. Bei niedriger Trittfrequenz schiebt der Motor spürbar kerniger. So sind steile Rampen drin, die man einem so kleinen Aggregat kaum zugetraut hätte.
Wir konnten den HPR 60 im Vergleich mit den beiden direkten Konkurrenten Bosch SX und Fazua Ride 60 testen. Beim Blick auf das Drehmoment ist der neue TQ kräftiger unterwegs als der Bosch SX. An längeren, steilen Rampen, die keine hohe Trittfrequenz erlauben, steckt er den drehzahlabhängigen SX also in die Tasche. An die Kraft des Fazua Ride 60 kommt er aber nicht ganz heran.
Bei schnellem Tritt liefert der starke SX in diesem Trio klar spürbar die höchste Spitzenleistung. In der höchsten U-Stufe liegen Fazua und TQ ungefähr gleichauf - wobei der Ride 60 im kurzzeitigen Boost-Modus noch etwas zulegen kann.
Im direkten Vergleich zwischen HPR 50 und HPR 60 ist die höhere Spitzenleistung klar spürbar. Die maximale Unterstützung bleibt jedoch bei 200 Prozent. Das heißt: Sein Leistungsmaximum erreicht der Motor erst bei höherem Fahrer-Input.
Dadurch fühlt sich der HPR 60 spritziger und dynamischer an. Das wird dadurch verstärkt, dass der Neuling auf einem breiteren Drehzahlband viel Schub liefert und unten raus stärker beschleunigen kann.
Seinem Charakter treu bleibt der HPR 60 beim Thema Nachlauf. Hört der Fahrer auf zu treten, endet auch der Schub des Motors. Nicht abrupt, aber doch ohne Zeitverzögerung. Das geht zugunsten eines natürlichen Fahrgefühls, das sich klar von anderen E-Bike-Motoren absetzt.
In technischen Anstiegen kann das allerdings ein Nachteil sein. Denn gerade an Hindernissen und in stufigem Gelände hilft ein Nachlauf effektiv über Kanten und kurze Tretpausen hinweg. Das liefert der HPR 60 kaum. Exzellent ist hingegen die starke Traktion mit dem dezenten Schub des TQ-Aggregats.
Mehr Power, die zudem länger zur Verfügung steht, das verspricht TQ von seinem neuen HPR 60. Der HPR 50 litt, gerade bei schweren Fahrern oder hohen Temperaturen, unter einer mäßigen Standfestigkeit. Nach nicht einmal 15 Minuten Fahrzeit auf höchster Unterstützungsstufe reduzierte er in unseren Tests merklich seine Leistung.
Wir machen es kurz: Der HPR 60 macht das im brandneuen Yeti MTe deutlich besser. Seine höhere Leistung von 350 Watt (statt zuvor 300 W) konnte er in unserem Testszenario bei rund 20 Grad Außentemperatur auch nach 30 Minuten im Dauer-Turbo noch abrufen. Mehr kann und muss man von einem Light-Motor nicht erwarten.
Beim HPR 50 erlebten wir die Derating-Schwäche selbst bei Temperaturen von rund 12 Grad. Erwähnenswert: Neben den großzügigen Kühlrippen ist der Motor im Yeti explizit luftig verbaut, was die Hitzebeständigkeit nochmal positiv beeinflussen dürfte.
TQ schickt den HPR 60 mit drei verschiedenen Akku-Varianten ins Rennen: 290, 360 und 580 Wattstunden. Interessant dabei: Der 290er- und der 580er sind gleich lang und haben die gleichen Anschraubpunkte. So können Hersteller ein modulares Akku-Konzept verwirklichen, das beide Batterieoptionen aufnimmt. Erstes Beispiel dafür ist das neue Yeti MTe.
Noch mehr Flexibilität bringt der bekannte Range Extender mit 160 Wh, der wie eine Trinkflasche aufs Oberrohr gepackt werden kann. Besonderheit: Mit dem kleinen 290er-Akku liefert das System nicht die volle Leistung. Bei 250 Watt ist in diesem Setup Schluss.
Wir konnten mit dem TQ HPR 60 schon unseren standardisierten Reichweitentest absolvieren, den wir in den vergangenen Jahren mit allen relevanten E-Bike-Antrieben diverse Male durchgezogen haben. Der HPR 50 schnitt in diversen Vergleichen eher unterdurchschnittlich ab.
Klar: Mit dem 580-Wattstunden-Akku steht das neue System vergleichsweise gut im Saft. Denn die meisten anderen Light- oder Mid-Power-Antriebe setzen auf eher kleinere Batterien. Sowohl den Bosch SX mit 400 Wattstunden, als auch den sehr effizienten Fazua Ride 60 mit 430 Wh übertrumpft das System locker.
Leider konnten wir den HPR 60 bisher nur mit dem 580er-Akku fahren, zu dem wir keine Vergleichswerte mit HPR 50 haben. Eine klare Aussage, ob TQ die Effizienz mit der Neuauflage signifikant steigern konnte, können wir also nicht treffen. Die Fakten wollen wir trotzdem nicht verschweigen.
Die Daten zu unseren Messfahrten: Im Turbo-Modus erkletterten wir 1536 Höhenmeter mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10,9 km/h, wobei der HPR 60 im Testszenario (150 W Fahrerinput) noch nicht seine maximale Leistung freisetzt. Dazu kamen nochmal 222 Hm im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus bei niedrigem Akku-Stand.
Dabei fällt auf: Mit dem Vorgänger HPR 50 erreichten wir lediglich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 9,5 km/h, fuhren also deutlich langsamer als mit dem HPR 60 - denn der Vorgänger drosselte bei unseren Testfahrten im Laufe des Anstiegs seine Leistung wegen zu hoher Temperatur. Mit dem 360-Wh-Akku und HPR 50 war im Schnitt nach rund 950 Höhenmetern Schluss.
Auf den ersten Blick mag das Update des TQ-Motors wie ein halbherziges Facelift wirken. Doch tatsächlich konnte TQ die relevanten Schwächen des Vorgängers ausmerzen - ohne bei seinen Stärken einzubüßen. Damit setzt das Aggregat ein Ausrufezeichen im Segment der “Mid-Power-Motoren”. Maximal leise und kompakt, ausreichend stark, mit guter Reichweite und Standfestigkeit - eine geniale Mischung! Mit dem großen Akku ist das Komplettsystem allerdings kein absolutes Leichtgewicht. Doch dafür gibt’s ja diverse Akku-Varianten. - Florentin Vesenbeckh, stv. Chefredakteur BIKE Magazin
Das Gehäuse und die Anschraubpunkte sind bei HPR 60 und dem Vorgänger HPR 50 identisch. Die Frage drängt sich auf: Können alte Bikes auf den neuen Motor upgedatet werden? Eine ganz klare Aussage gibt es dazu nicht. Klar ist: Die Kühlrippen werden in den allermeisten Fällen nicht mit den Rahmen und Covern bestehender Bikes zusammenpassen. Außerdem wird der HPR 60 von TQ nicht als Nachrüst-Produkt angeboten.
Da die Kühlrippen ein separates Bauteil sind, lassen sie sich theoretisch auch an einem HPR 50 nachrüsten. An manchen Bikes könnte dieses Update durch einen Ausschnitt am Motor-Cover funktionieren.
Schwierig wird es bei einem Akku-Update, da sich die Anschraubpunkte und Bauformen der drei Batterievarianten deutlich unterscheiden. Die meisten Hersteller haben die Unterrohre möglichst schlank konstruiert und daher genau auf das (alte) Akku-Maß angepasst.