Shimano EP801 im Labor- und PraxistestLeichtes Kraftpaket und Tausendsassa unter den E-Bike-Motoren

Florentin Vesenbeckh

 · 11.05.2024

Wo EP8 draufsteht, ist EP801 drin. Optisch ist der Unterschied zum Vorgänger nicht zu erkennen.
Foto: Georg Grieshaber
Geringes Gewicht bei hoher Leistung, kompaktes Baumaß, Flexibilität bei der Akku-Wahl: Shimanos EP801 ist einer der beliebtesten Motoren am E-MTB-Markt. Besonders leichte Trail- und Enduro-Bikes profitieren vom Shimano-Antrieb. Wir haben die neueste Ausbaustufe in Labor und Praxis getestet.

Das Update von EP8 auf EP801 geschah fast unbemerkt. Zwar vermarktete Shimano die neuen Autoshiftfunktionen, die der EP801 mit der Elektroschaltung Di2 parat hält. Doch von mehr Power unter der Haube verriet Shimano erst einmal nichts. In der Realität ist der neue Motor aber deutlich stärker geworden und hat damit die Lücke zu Boschs Performance CX geschlossen. Neben der großen Verfügbarkeit des Motors in vielen spannenden E-MTBs ist auch die breite Auswahl an Batterieoptionen ein Pluspunkt. Die meisten Hersteller setzen auf Akkus von Drittanbietern und haben dadurch Freiheit bei der Konstruktion ihrer Bikes. So fallen die E-MTBs mit Shimano-Antrieb besonders vielfältig aus.

Wo EP8 draufsteht, ist EP801 drin. Optisch ist der Unterschied zum Vorgänger nicht zu erkennen.Foto: Georg GrieshaberWo EP8 draufsteht, ist EP801 drin. Optisch ist der Unterschied zum Vorgänger nicht zu erkennen.

Die Fakten zum Shimano EP801

  • Gewicht: 2,65 Kilo
  • Akkugrößen: Diverse Hersteller von 360 bis 900 Wattstunden, große Auswahl
  • Fahrstufen: Eco, Trail, Boost / Optional bis zu 15 Stufen individuell konfigurierbar
  • Leistungsdaten (max.) aus dem Labor: 79 Newtonmeter, 545 Watt
  • Mit Shimano Di2 automatische Schaltung möglich
  • Systemupdates über die App möglich
In der Kombination mit Shimano XT Di2 und den Linkglide-Komponenten schaltet das Shimano-System auf Wunsch komplett automatisch.Foto: Max FuchsIn der Kombination mit Shimano XT Di2 und den Linkglide-Komponenten schaltet das Shimano-System auf Wunsch komplett automatisch.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Der Charakter des Shimano EP801

Charakterbildend für den Steps-Antrieb EP801 ist nach wie vor der drehmomentstarke Schub von unten, also bei niedriger Trittfrequenz und geringem Fahrerinput. Positiv fällt auch die geschmeidige Modulation und das sanfte Einsetzen des Vortriebs auf - das gelingt besser als beim Vorgänger. Lediglich beim Pendeln um 25 km/h stört der On-off-Charakter und der deutlich spürbare Wechsel von ein- und ausgeschaltetem Motor.

Mit drehmomentstarkem Schub unterstützt der Shimano EP801 gut in steilen Uphills.Foto: Kike AbelleiraMit drehmomentstarkem Schub unterstützt der Shimano EP801 gut in steilen Uphills.

Die Geräuschkulisse ist nicht gerade die große Stärke des EP801. Bergauf gehört er zu den lauteren Antrieben, vergleichbar mit dem Bosch Performance CX. Die Frequenz des Shimano ist allerdings etwas tiefer und wird von den meisten Testern eher positiv wahrgenommen. Bergab klappert der Motor leider deutlich, was je nach Bike unterschiedlich störend ausfällt.

Die Kraftentfaltung des Shimano EP801

Im Prüflabor PT Labs haben wir alle Antriebe auf einem Rollenprüfstand gemessen und exakt vergleichbare Leistungs- und Drehmomentwerte ermittelt. Die Leistungsabnahme erfolgt am Hinterrad.Foto: Adrian KaetherIm Prüflabor PT Labs haben wir alle Antriebe auf einem Rollenprüfstand gemessen und exakt vergleichbare Leistungs- und Drehmomentwerte ermittelt. Die Leistungsabnahme erfolgt am Hinterrad.

Der EP801 schiebt im Boost-Modus schon bei gemäßigtem Tritt mit voller Leistung an. Dazu passt das kernige Drehmoment. Wer sich vom Motor mit geringem Kraftaufwand auf den Berg schieben lassen möchte, bekommt vom EP801 bereits maximalen Schub - mehr als von der Konkurrenz. So kann sich der Shimano-Motor bei entsprechender Fahrweise deutlich stärker anfühlen, als ein Bosch Performance CX.

Auffällig: Schon bei geringem Fahrerinput von 110 Watt gibt der EP801 seine maximale Leistung ab. Das macht so drastisch kein anderer Antrieb im Test. Leistung und Drehmoment liegen in der Spitze auf Bosch-CX-Niveau.Foto: EMTB MagazinAuffällig: Schon bei geringem Fahrerinput von 110 Watt gibt der EP801 seine maximale Leistung ab. Das macht so drastisch kein anderer Antrieb im Test. Leistung und Drehmoment liegen in der Spitze auf Bosch-CX-Niveau.

Die Spitzenleistung ist grob auf Augenhöhe mit den Besten, fällt allerdings bei hoher Kadenz zu früh ab. Das kann in schwierigen Uphills ein deutlicher Nachteil sein. Wer vor einer Stufe stark Beschleunigen will, um Schwung zu holen, fällt in dieses Leistungsloch und wird vom EP801 im Stich gelassen. Auch bei einer Trittfrequenz zwischen 80 und 90 liegt die Leistung etwas unterhalb eines Bosch CX, Brose Drive SMag oder Pinion MGU.

Auffällig im Labortest ist der drastische Leistungsabfall des Shimano EP801 bei sehr hohen Trittfrequenzen. Auch wenn im konstanten Fahrbetrieb kein E-Biker deutlich über 100 Umdrehungen tritt - bei kurzen Beschleunigungen auf dem Trail ist diese Charakteristik ein deutlicher Nachteil. Linke Ordinate: Leistung in Watt, rechte Ordinate Drehmoment in Newtonmeter, X-Achse Trittfrequenz in U/min.Foto: PT LabsAuffällig im Labortest ist der drastische Leistungsabfall des Shimano EP801 bei sehr hohen Trittfrequenzen. Auch wenn im konstanten Fahrbetrieb kein E-Biker deutlich über 100 Umdrehungen tritt - bei kurzen Beschleunigungen auf dem Trail ist diese Charakteristik ein deutlicher Nachteil. Linke Ordinate: Leistung in Watt, rechte Ordinate Drehmoment in Newtonmeter, X-Achse Trittfrequenz in U/min.Im Vergleich mit der Konkurrenz wird deutlich: Über weite Strecken verläuft die Leistungskurve des EP801 nahezu identisch mit Bosch CX und Pinion MGU. Doch bei sehr hoher Trittfrequenz bricht die Leistung ein, wo andere Motoren weiter durchziehen.Foto: PT LabsIm Vergleich mit der Konkurrenz wird deutlich: Über weite Strecken verläuft die Leistungskurve des EP801 nahezu identisch mit Bosch CX und Pinion MGU. Doch bei sehr hoher Trittfrequenz bricht die Leistung ein, wo andere Motoren weiter durchziehen.

Display und Remote

Die klassischen Steps-Displays (SC-EM800 und SC-EN600) sitzen kompakt und gut geschützt hinter dem Lenker. Die Ablesbarkeit ist gut, die Informationstiefe eher gering. Navigationsansichten und eine prozentgenaue Akkuanzeige gibt’s bei den schlanken Shimano-Screens nicht. Allerdings lässt sich der Antrieb unkompliziert via Bluetooth mit Garmin und Co. connecten. Hier ist dann auch ein genauer Akkustand in Prozent abrufbar. Insgesamt ist der Kompromiss aus dezenter Optik, guter Ablesbarkeit und Informationsgehalt bei Shimano gelungen und gefällt vor allem sportlichen Bikern.

Das SC-EM800 ist das klassische Display an Bikes mit EP801. Die klare Ablesbarkeit und die gute Platzierung kompakt hinter dem Lenker gefallen.Foto: Georg GrieshaberDas SC-EM800 ist das klassische Display an Bikes mit EP801. Die klare Ablesbarkeit und die gute Platzierung kompakt hinter dem Lenker gefallen.In Kombi mit dem 800er-Display sitzt der super schlanke und gelungene Taster SW-EM800 am Griff.Foto: Georg GrieshaberIn Kombi mit dem 800er-Display sitzt der super schlanke und gelungene Taster SW-EM800 am Griff.Das Shimano SC-EN600 sieht dem EM800 sehr ähnlich, verzichtet aber auf den Knopf, an dem durchs Menü gescrollt werden kann. Dafür wird der Akku-Stand in zehn statt fünf Schritten angezeigt.Foto: Georg GrieshaberDas Shimano SC-EN600 sieht dem EM800 sehr ähnlich, verzichtet aber auf den Knopf, an dem durchs Menü gescrollt werden kann. Dafür wird der Akku-Stand in zehn statt fünf Schritten angezeigt.Dazu passt der Remote-Hebel SW-EN600 mit LED-Anzeige, der auch standalone ohne Display funktioniert. Die Ergonomie ist nicht so gut wie beim klassischen 800er-Drücker.Foto: Georg GrieshaberDazu passt der Remote-Hebel SW-EN600 mit LED-Anzeige, der auch standalone ohne Display funktioniert. Die Ergonomie ist nicht so gut wie beim klassischen 800er-Drücker.Die günstige Kombi­lösung SC-EN500 ist Taster und Display in einem. Wenig Infos, mäßige Ergonomie und obendrein keine Schnittstelle zur E-Tube-App - hier lohnt ein Update auf hochwertigere Kombis!Foto: Georg GrieshaberDie günstige Kombi­lösung SC-EN500 ist Taster und Display in einem. Wenig Infos, mäßige Ergonomie und obendrein keine Schnittstelle zur E-Tube-App - hier lohnt ein Update auf hochwertigere Kombis!

Die Akkus für Shimanos EP801

Bei den Batterien gibt Shimano den Bike-Herstellern viel Freiheit. Kombis mit Akkus von Drittherstellern sind möglich. So kommen die allermeisten E-MTBs mit Shimano-Motor inzwischen nicht mehr mit den eher sperrigen und schweren Original-Shimano-Batterien. Entsprechend groß ist die Vielfalt am Markt. Von der 360er-Minibatterie (Orbea) bis zum 900er-Riesenakku (Canyon und Norco) gibt es zig Varianten, teils auch mit Range Extender.

YT Industries, 540 Wattstunden, oben. In der Mitte Canyon mit 720 Wattstunden und unten ein Shimano-Intube-Akku mit 630 Wattstunden.Foto: Georg GrieshaberYT Industries, 540 Wattstunden, oben. In der Mitte Canyon mit 720 Wattstunden und unten ein Shimano-Intube-Akku mit 630 Wattstunden.

App und Connectivity

Besonderheit bei Shimanos E-Tube-App ist der Finetune-Modus. Hier können nicht nur die Unterstützungs-Modi individuell angepasst, sondern auch bis zu 15 verschiedene Stufen aktiviert werden. Wer eine besonders feine Abstufung der Unterstützungsmodi wünscht, wird hier glücklich. Auch gut: Es können zwei unterschiedliche Presets eingestellt werden, die direkt am Display angewählt werden können. So kann man zum Beispiel eine akku-schonende Einstellung zum Höhenmeter sammeln auf langen Touren und ein zweites Setup für volle Power auf kurzen Rides voreinstellen. Auch Systemupdates gibt es unkompliziert übers Smartphone. Schade: Das Verbinden mit dem Bike dauert gerne mal etwas länger - auch wenn Smartphone und Bike schon mehrmals gekoppelt waren.

Gelungen ist dagegen die Kompatibilität mit anderen Geräten. Egal ob Garmin, Wahoo, Sigma und Co. sobald das Bike mit der EN-600 Remote oder dem EM-800-Display über Bluetooth verfügt, lassen sich diverse Computer unkompliziert mit Shimano koppeln. Der Computer zeigt dann auch einen genauen Akkustand in Prozent und Infos zur Einstellung der Schaltautomatik an und übernimmt sogar die Geschwindigkeitsinformationen vom Hinterrad des E-Bikes. So wünschen wir uns das!

Der Feintune-Modus bietet bis zu 15 frei einstellbare Unterstützungsstufen. Das gibt´s so bei keinem anderen Antriebssystem.Foto: Georg GrieshaberDer Feintune-Modus bietet bis zu 15 frei einstellbare Unterstützungsstufen. Das gibt´s so bei keinem anderen Antriebssystem.

EMTB Bewertung des Shimano EP801

Der Shimano EP801 gehört zu den lauteren E-MTB-Motoren. Das Fahrgefühl ist nicht aggressiv, der starke Schub bei geringem Fahrerimpuls vermittelt aber auch nicht gerade dezent-natürliches Fahrgefühl.Foto: EMTB MagazinDer Shimano EP801 gehört zu den lauteren E-MTB-Motoren. Das Fahrgefühl ist nicht aggressiv, der starke Schub bei geringem Fahrerimpuls vermittelt aber auch nicht gerade dezent-natürliches Fahrgefühl.

Stärken

  • Kraftvoll bei geringem Gewicht
  • Viele Akku-Optionen
  • Option auf Automatik-Schaltung
  • Sportlich-schlanke Display-Optionen
  • Optional bis zu 15 fein abgestufte Fahrmodi
  • Kompatibilität mit Garmin und Co.

Schwächen

  • On-off-Charakter an der Abschaltgrenze
  • Leistungsloch bei sehr hoher Trittfrequenz
  • Klappert bergab

Fazit zum Shimano EP801

Der leichte EP801 bietet ein überragendes Verhältnis aus Gewicht und Power. Die neue Generation ist in fast allen Belangen besser geworden. Viele Bikes mit unterschiedlichen Konzepten, das bringt dem Biker eine breite Auswahl. Schade, dass der Antrieb bergab so klappert.

Florentin Vesenbeckh ist stellv. Chefredakteur beim EMTB Magazin.Foto: Max FuchsFlorentin Vesenbeckh ist stellv. Chefredakteur beim EMTB Magazin.

Bikes mit Shimano EP801

Neben dem Bosch Performance CX ist der Shimano EP801 einer der am meisten verbauten E-Bike-Motoren. Die Auswahl ist riesig und eine Aufzählung aller Modelle kaum möglich. Einige spannende Bikes haben wir trotzdem hier zusammengefasst. In den Links gibt’s alle Infos und Details zu den Bikes:

Meistgelesen in der Rubrik Komponenten