Adrian Kaether
· 07.11.2024
Schon zur Eurobike 2024 hatte Shimano sein neuestes Firmware-Update für seine E-Bike-Motoren vorgestellt. Doch bis dato konnten die neuen Funktionen nur beim Händler aufgespielt und eingestellt werden. Mit der neuesten Version der E-Tube-App klappt das bequem von zu Hause aus. Außerdem können mit dieser Version auch alle Funktionen vollumfänglich genutzt und eingestellt werden. Denn bisher konnte das Feintuning der neuen Motoreinstellungen nicht über die App erledigt werden.
Neue Shimano-Motoren werden bereits seit der Eurobike mit der neuen Software ausgeliefert. Doch die neuen Funktionen wie der verlängerte Nachlauf müssen explizit in der App aktiviert werden. Das ist ab sofort möglich. Biker haben nun die Möglichkeit, die Unterschiede in den einzelnen Parametern ausführlich auszuchecken und sich ihr persönliches Lieblingssetup einzustellen.
Hilfreich dabei: Die beiden Presets der Software. So kann zum Beispiel ein geschmeidiger und ein aggressiver Preset voreingestellt werden. Das passende Preset kann direkt am Display - ganz ohne App - angewählt werden. Ideal zum eins zu eins Vergleich verschiedener Einstellungen oder als Vorbereitung für verschiedene Einsatzszenarien
Shimanos EP801 ist schon jetzt ein richtiger Top-Motor. Das Verhältnis aus Gewicht und Power ist das beste aller E-Bike-Motoren überhaupt, der drehmomentstarke Charakter, die umfangreiche Einstellbarkeit über die App und der hohe Unterstützungsgrad haben viele Fans. Einer der zentralen Kritikpunkte neben dem Klappern bergab: Kaum Nachlauf für technische Uphills. Bei diesem und bei einigen anderen Themen bessert Shimano nun per neuer Firmware nach.
Übrigens: Der kleine Bruder EP6 bekommt wohl nur das Auto-Shift-Update und das einstellbare Verhalten an der 25 km/h-Grenze. Nachlauf und Unterstützungsgrad bleiben wohl dem Topmodell vorbehalten.
Bei der reinen Spitzenleistung liegt die Konkurrenz von Bosch und Pinion noch leicht vorne, in einer Disziplin ist der Shimano EP801 aber jetzt schon nicht zu schlagen: Beim Unterstützungsgrad. Der Motor spuckt schon bei betont lockerem Pedalinput vom Fahrer (110 Watt) satte 545 Watt aus, wie unser großer Labortest gezeigt hat. Das entspricht einem Unterstützungsgrad von über 500 Prozent. Die Werksangabe von 400 Prozent übertrumpft der Shimano damit schon jetzt deutlich. So stark schiebt untenrum kein anderer Motor!
Mit der neuen Software will Shimano aber genau hier nochmal nachgelegt haben und verspricht noch mehr Motor- bei noch weniger Fahrerleistung. Damit dürfte sich der Antrieb noch weiter von der Werksangabe von 400 Prozent Unterstützung entfernen. Shimano spricht außerdem von einem direkteren Ansprechverhalten. Dadurch könnte sich beim Anfahren der Leerweg verkürzen - in der Praxis dürfte das einen deutlicheren Unterschied machen als ein noch weiter erhöhter Unterstützungsgrad.
Ebenfalls ein Kritikpunkt in der Vergangenheit: Das Abschalten des Shimano an der 25 km/h Grenze. Der EP801 schiebt hier deutlicher an und setzt auch deutlicher wieder aus. Andere Motoren schleichen die Unterstützung sanfter ein und aus, das wirkt harmonischer. Per Firmware bessert Shimano nun nach und macht das Abschaltverhalten in drei Stufen einstellbar. Racer können die Unterstützung so einstellen, dass der Motor bis zur Abschaltgrenze voll anschiebt und dann hart abschaltet. Für Alltagsnutzer gibt’s ein deutlich sanfteres Setting, dass die Unterstützung an der 25-km/h-Grenze früher drosselt aber so für ein weniger abruptes Abschalten sorgt.
Ebenfalls in drei Stufen einstellbar ist nun der Motornachlauf. Hört der Fahrer abrupt auf zu treten, etwa um an einer Stufe bergauf nicht anzuecken, kann jetzt auch bei Shimano eingestellt werden, dass der Motor ein paar Meter weiterschiebt. Das erleichtert technisch anspruchsvolle Kletterpassagen enorm.
Auch hier reagiert Shimano auf Kritik, nicht zuletzt auf die der eigenen Rennteams (Yeti, Rotwild-Schwalbe). Zur Wahl stehen jetzt kein, ein kurzer oder ein langer Nachlauf. Tritt der Fahrer auch nur minimal Rückwärts, schaltet sich der Motor aber sofort ab. Dieses Feature hat Shimano wohl aus Sicherheitsgründen eingebaut.
Ebenfalls für Racing hat Shimano den Algorithmus der Auto-Shift-Funktion überarbeitet, die es in Kombination mit EP6 oder EP801 und den XT oder Cues Di2-Schaltungen gibt. Besonders beim harten Anbremsen soll die Automatik nun reaktiver schalten, damit beim Anfahren oder nach engen Kurven wieder ein passender Gang parat ist. Außerdem greift die Automatik nun weniger schnell wieder ein, nachdem der Pilot manuell die Kontrolle übernommen hat. Das ist insbesondere vor starken Geschwindigkeitsänderungen wichtig, etwa wenn man aus hoher Geschwindigkeit in einen steilen Gegenanstieg fährt.
Seit dem EP801 und seiner höheren Leistung hat sich bei Shimano viel getan. Jetzt legen die Japaner nochmal per Firmware nach. Probleme wie das nervige Klappern bergab und die fehlende Leistung bei hoher Trittfrequenz bleiben zwar bestehen, speziell der neue Nachlauf dürfte den Shimano für technische Uphills aber wieder interessanter machen. - Adrian Kaether, Redakteur Test und Technik für BIKE und EMTB