Fazua Ride 60 im Labor- und PraxistestE-Bike-Motor zwischen Leichtigkeit und Power

Florentin Vesenbeckh

 · 29.05.2024

Der Fazua Ride 60 schlank integriert in einem Carbonrahmen.
Foto: Georg Grieshaber
Klein, leicht und unauffällig - und trotzdem verhältnismäßig kräftig. Fazua will mit dem Ride 60 den perfekten Kompromiss unter den E-Bike-Motoren bieten. Wir haben den kompakten Antrieb in Labor und Praxis getestet und mit der Konkurrenz verglichen.

Goldene Mitte oder fauler Kompromiss? Der Fazua Ride 60 reiht sich ziemlich mittig zwischen der klassischen Minimal-Assist-Klasse und den Powermotoren ein. Für unseren Geschmack trifft er damit einen sinnvollen Mittelweg und dürfte eine breite Gruppe an (E-)Mountainbikern ansprechen. Sowohl E-Biker, die sich ein etwas leichteres E-MTB wünschen, als auch Umsteiger vom klassischen Mountainbike, könnten am breiten Einsatzbereich und den vielfältigen Stärken des Ride 60 Gefallen finden.

Mit zwei Kilo Lebendgewicht ist der Ride 60 nur wenig schwerer als die Minimalisten, und auch optisch steht er dem TQ kaum nach. Hinter dem Kettenblatt ist er kaum als Mittelmotor auszumachen. Bei Geräuschkulisse, Drehmoment und Leistung liegt er nah an den kräftigeren Antrieben. Damit grenzt er sich recht deutlich von den ganz dezenten Motoren wie einem TQ HPR 50 oder Specialized SL 1.2 ab. Wer ein leichtes, unauffälliges E-Bike sucht, das einen gewissen E-Bike-Punch nicht vermissen lässt, sollte im Ride 60 einen idealen Partner finden.

Der Motor trägt kaum auf und verschwindet vollständig hinter dem Kettenblatt. Lediglich der längliche Motor-Fortsatz im Unterrohr verrät Kennern, dass hier ein Fazua-Motor im Rahmen steckt.Foto: Georg GrieshaberDer Motor trägt kaum auf und verschwindet vollständig hinter dem Kettenblatt. Lediglich der längliche Motor-Fortsatz im Unterrohr verrät Kennern, dass hier ein Fazua-Motor im Rahmen steckt.Der Fazua Ride 60 hat eine besondere Form: Ums Tretlager extrem kompakt und von außen kaum sichtbar. Dafür muss die längliche Motoreinheit noch im Rahmen untergebracht werden.Foto: Adrian KaetherDer Fazua Ride 60 hat eine besondere Form: Ums Tretlager extrem kompakt und von außen kaum sichtbar. Dafür muss die längliche Motoreinheit noch im Rahmen untergebracht werden.

Die Fakten zum Fazua Ride 60

  • Gewicht: 2,0 Kilo
  • Akkugrößen: 430 Wh (2,2 kg)
  • Aktuell noch kein Range Extender verfügbar, angekündigt für Ende 2024
  • Fahrstufen: Breeze / River / Rocket + kurzzeitiger Boost-Modus
  • Leistungsdaten (max.) aus dem Labor: 60 Newtonmeter, 348 Watt (437 Watt kurzfristig im Boost Modus)
  • Systemupdates über die App möglich
Im Prüflabor PT Labs haben wir alle Antriebe auf einem Rollenprüfstand gemessen. Die umfangreiche Laboranalyse ergänzt unsere Erfahrungen und Tests aus der Praxis um objektiv vergleichbare Daten.Foto: Adrian KaetherIm Prüflabor PT Labs haben wir alle Antriebe auf einem Rollenprüfstand gemessen. Die umfangreiche Laboranalyse ergänzt unsere Erfahrungen und Tests aus der Praxis um objektiv vergleichbare Daten.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Der Charakter des Fazua Ride 60

Mit seiner beachtlichen Leistung liegt der Ride 60 schon auf halbem Weg zu einem Power-Motor. Doch wie fühlt sich das Aggregat aus Oberbayern an? Der Ride 60 schiebt eher gleichförmig und hängt nicht ganz so gut am Fuß wie zum Beispiel ein Bosch Performance SX. Auch schiebt er nicht so unauffällig und dezent wie ein TQ HPR 50. Denn erstens ist die Modulation nicht ganz auf dem Niveau der Besten. Beim Aussetzen des Motorschubs ist ein leichtes Ruckeln wahrnehmbar. Das störende Unterstützungsloch der ersten Softwareversion ist hingegen behoben und in Summe fährt sich der Ride 60 sehr rund.

Bei voll aufgedrehten Reglern ist der Schub sehr gleichförmig. Erst in einer progressiveren Einstellung wird die Kraftentfaltung dynamischer. Das Antriebsgeräusch des Fazua-Motors ist angenehm und gehört zu den leisesten am Markt. Ein TQ HPR 50 ist allerdings nochmal deutlich leiser. Dennoch: Als einer von wenigen Motoren am Markt tönt der Ride 60 deutlich dezenter als die Klassiker von Bosch und Shimano. Nur bei aktivierter Boost-Funktion für kurzzeitigen Extra-Schub wird das Geräusch etwas unangenehm. Gut: Bergab gibt´s bei Fazua kein Klappern!

Mit hohem Drehmoment kann man mit dem Ride 60 auch kniffligere Anstiege angehen. Es gibt allerdings feinfühligere Motoren.Foto: Max FuchsMit hohem Drehmoment kann man mit dem Ride 60 auch kniffligere Anstiege angehen. Es gibt allerdings feinfühligere Motoren.

Die Kraftentfaltung des Fazua Ride 60

Beachtliches Drehmoment und hohe Leistung sind die Kernkompetenzen des Ride 60. Er schiebt kräftig von unten weg, büßt bei sehr hohen Trittfrequenzen aber etwas Leistung ein. Auf Knopfdruck gibt's kurzzeitig 100 Watt mehr. Mit satten 437 Watt ist er dann von der Powerklasse nicht mehr weit entfernt. Auch die Reichweite ist mit dem 430-Wattstunden-Akku für Light-Verhältnisse richtig gut, zumal der Fazua auch verhältnismäßig viele Höhenmeter pro Wattstunde aus dem Akku kitzelt, wie dieser Reichweitenvergleich schon im letzten Jahr gezeigt hat.

Hohes Drehmoment, hohe Leistung. Bei sehr hoher Trittfrequenz über 100 geht dem Ride 60 etwas die Puste aus. Die gestrichelten Kurven zeigen die kurzzeitige Boost-Funktion, die auf Knopfdruck für 12 Sekunden Extra-Schub freisetzt.Foto: PT LabsHohes Drehmoment, hohe Leistung. Bei sehr hoher Trittfrequenz über 100 geht dem Ride 60 etwas die Puste aus. Die gestrichelten Kurven zeigen die kurzzeitige Boost-Funktion, die auf Knopfdruck für 12 Sekunden Extra-Schub freisetzt.Das Drehmoment fällt hoch aus, auch bei  der maximalen Leistung steht der Ride 60 gut im Saft. Bereits bei geringem Fahrerinput schiebt der Light-Motor auf Wunsch sehr kräftig an.Foto: EMTB MagazinDas Drehmoment fällt hoch aus, auch bei der maximalen Leistung steht der Ride 60 gut im Saft. Bereits bei geringem Fahrerinput schiebt der Light-Motor auf Wunsch sehr kräftig an.Mit hohem Drehmoment ist der Fazua Ride 60 (hellgrün) im Bereich niedriger Trittfrequenzen (X-Achse, U/min) der kräftigste Light-Motor. Erst bei sehr hoher Kadenz schiebt Boschs SX noch stärker. Gestrichelt hellgrün zeigt die Kurve bei aktivierter Boost-Funktion für kurzzeitigen Extra-Schub.Foto: PT LabsMit hohem Drehmoment ist der Fazua Ride 60 (hellgrün) im Bereich niedriger Trittfrequenzen (X-Achse, U/min) der kräftigste Light-Motor. Erst bei sehr hoher Kadenz schiebt Boschs SX noch stärker. Gestrichelt hellgrün zeigt die Kurve bei aktivierter Boost-Funktion für kurzzeitigen Extra-Schub.

Display und Remote

Übersichtlich und schlicht: Das gilt sowohl für die Auswahl als auch für den Informationsgehalt bei Fazuas Bedienelementen. Fünf farbige LEDs im Oberrohr informieren über Akkustand und U-Stufe – mehr Display gibt es nicht. Bedient wird das System über die Ring-Control. Das klappt intuitiv, doch die Haptik könnte wertiger sein. Das Kunststoffteil wirkt etwas wackelig und bietet kein ideales Feedback bei der Bedienung. Dafür sitzt es schlank und schlicht am Griff und ist in jeder Situation top erreichbar. In der LED-Einheit auf dem Oberrohr ist eine USB-C-Buchse integriert. Hier können Gadgets wie Smartphone oder GPS geladen werden, oder die Toolbox-Software für Firmware-Updates angeschlossen werden.

Fünf farbige LEDs zeigen U-Stufe und Akku-Stand an. Wirklich wertig wirkt das Kunststoff-Inlay im Oberrohr leider nicht.Foto: Georg GrieshaberFünf farbige LEDs zeigen U-Stufe und Akku-Stand an. Wirklich wertig wirkt das Kunststoff-Inlay im Oberrohr leider nicht.Gut erreichbar und intuitiv bedienbar sitzt die Ringcontrol am Griff. Haptik und Feedback des Kunststoff-Triggers könnten aber besser sein.Foto: Georg GrieshaberGut erreichbar und intuitiv bedienbar sitzt die Ringcontrol am Griff. Haptik und Feedback des Kunststoff-Triggers könnten aber besser sein.

Die Akkus für den Fazua Ride 60

Für den Ride 60 gibt es aktuell ausschließlich 430 Wattstunden (2,25 kg) – entweder zur klassischen Klappentnahme oder zur festen Installation im Unterrohr. Hervorzuheben ist die Reichweite des Fazua Ride 60. In all unseren Tests schnitten Bikes mit dem Fazua-Antrieb und 430er-Akku überdurchschnittlich gut ab. Hier im Link geht´s zu einem detaillierten Reichweitenvergleich diverser Light-Antriebe.

Den Fazua Energy 430 gibt es in zwei Varianten. Für den festen Einbau im Unterrohr (oben) oder zur klassischen Klappentnahme (unten). Beide Varianten wiegen 2,25 Kilo und liefern 430 Wattstunden.Foto: Georg GrieshaberDen Fazua Energy 430 gibt es in zwei Varianten. Für den festen Einbau im Unterrohr (oben) oder zur klassischen Klappentnahme (unten). Beide Varianten wiegen 2,25 Kilo und liefern 430 Wattstunden.

Bereits bei der Einführung des Ride 60 vor über zwei Jahren war die Rede von einem Range Extender. Dieser lässt jedoch bis heute auf sich warten. Nach neuesten Informationen von Fazua soll der Zusatz-Akku aber Ende 2024 endgültig auf den Markt kommen. Die angekündigten Fakten: 215 Wattstunden und 1,1 Kilo. Bei der Befestigung und Verbindung zum System hat sich Fazua anscheinend eine besondere Lösung einfallen lassen. Details gibt´s auf unseren Kanälen, sobald es soweit ist.

App und Connectivity

Neuestes Feature der Fazua-App ist ein umfangreiches Dashboard. Hier werden viele Daten in Echtzeit angezeigt und aufgezeichnet - darunter auch der Akku-Stand in Prozent und die Leistung von Motor und Fahrer. Diese Daten können problemlos auch via ANT+ oder Bluetooth auf Bike-Computern von Garmin, Sigma, Wahoo und Co. angezeigt werden. Die drei Unterstützungsstufen können individuell eingestellt werden. Besonderheit dabei: Es können nicht nur diverse Profile gespeichert werden, es gibt auch eine Bibliothek mit verschiedenen vorkonfigurierten Profilen für unterschiedliche Einsatzbereiche.

Die grafische Darstellung bei den Einstelloptionen der Motorparameter veranschaulicht den Einfluss der Parameter. Die drei Modi können separat justiert werden.Foto: Georg GrieshaberDie grafische Darstellung bei den Einstelloptionen der Motorparameter veranschaulicht den Einfluss der Parameter. Die drei Modi können separat justiert werden.

Schade: Updates für das Motorsystem sind nicht direkt über die App möglich. Dafür braucht man die Fazua Toolbox Software auf einem PC oder Laptop. Das schaffen andere komfortabler. Immerhin kann man Updates mit der PC-Software selbst erledigen, ohne dafür den Händler aufsuchen zu müssen.

Systemupdates sind nur über die Fazua Toolbox Software möglich, nicht via Smartphone.Foto: Adrian KaetherSystemupdates sind nur über die Fazua Toolbox Software möglich, nicht via Smartphone.

EMTB Bewertung des Fazua Ride 60

Der Fazua Ride 60 gehört zu den leisesten E-MTB-Motoren am Markt, ist aber dennoch deutlich lauter als der TQ HPR 50. Der Schub mit kräftigem Drehmoment bietet durchaus E-Bike-Feeling.Foto: EMTB MagazinDer Fazua Ride 60 gehört zu den leisesten E-MTB-Motoren am Markt, ist aber dennoch deutlich lauter als der TQ HPR 50. Der Schub mit kräftigem Drehmoment bietet durchaus E-Bike-Feeling.

Stärken

  • Starkes Verhältnis aus Leistung und Gewicht
  • Top Allrounder
  • Unauffällig integriert
  • Starke Reichweite

Schwächen

  • Modulation könnte besser sein
  • Ring-Control wenig wertig
  • Kein Display, nur LED-Anzeige

Fazit zum Fazua Ride 60

Für Light-Verhältnisse hat der Ride 60 viel Power, trotzdem ist er klein, leicht, relativ leise und liefert eine ordentliche Reichweite. Ein starker Kompromiss für alle, die das beste aus beiden Welten wollen. Damit sichert sich der Fazua Ride 60 unseren Allround-Tipp unter den Light-Motoren. Schwachpunkte sind Remote und Display. - Florentin Vesenbeckh, stellv. Chefredakteur EMTB Magazin

Florentin Vesenbeckh ist stellv. Chefredakteur beim EMTB Magazin.Foto: Max FuchsFlorentin Vesenbeckh ist stellv. Chefredakteur beim EMTB Magazin.

Bikes mit Fazua Ride 60

Die Auswahl an E-Mountainbikes mit Fazuas Ride 60 ist mittlerweile beachtlich und reicht vom superleichten Downcountry-Flitzer bis zum hubstarken Freerider. In den Links gibt´s alle Infos und Details zu einigen Fazua-Bikes:

Meistgelesen in der Rubrik Komponenten