Florentin Vesenbeckh
· 29.05.2024
Goldene Mitte oder fauler Kompromiss? Der Fazua Ride 60 reiht sich ziemlich mittig zwischen der klassischen Minimal-Assist-Klasse und den Powermotoren ein. Für unseren Geschmack trifft er damit einen sinnvollen Mittelweg und dürfte eine breite Gruppe an (E-)Mountainbikern ansprechen. Sowohl E-Biker, die sich ein etwas leichteres E-MTB wünschen, als auch Umsteiger vom klassischen Mountainbike, könnten am breiten Einsatzbereich und den vielfältigen Stärken des Ride 60 Gefallen finden.
Mit zwei Kilo Lebendgewicht ist der Ride 60 nur wenig schwerer als die Minimalisten, und auch optisch steht er dem TQ kaum nach. Hinter dem Kettenblatt ist er kaum als Mittelmotor auszumachen. Bei Geräuschkulisse, Drehmoment und Leistung liegt er nah an den kräftigeren Antrieben. Damit grenzt er sich recht deutlich von den ganz dezenten Motoren wie einem TQ HPR 50 oder Specialized SL 1.2 ab. Wer ein leichtes, unauffälliges E-Bike sucht, das einen gewissen E-Bike-Punch nicht vermissen lässt, sollte im Ride 60 einen idealen Partner finden.
Mit seiner beachtlichen Leistung liegt der Ride 60 schon auf halbem Weg zu einem Power-Motor. Doch wie fühlt sich das Aggregat aus Oberbayern an? Der Ride 60 schiebt eher gleichförmig und hängt nicht ganz so gut am Fuß wie zum Beispiel ein Bosch Performance SX. Auch schiebt er nicht so unauffällig und dezent wie ein TQ HPR 50. Denn erstens ist die Modulation nicht ganz auf dem Niveau der Besten. Beim Aussetzen des Motorschubs ist ein leichtes Ruckeln wahrnehmbar. Das störende Unterstützungsloch der ersten Softwareversion ist hingegen behoben und in Summe fährt sich der Ride 60 sehr rund.
Bei voll aufgedrehten Reglern ist der Schub sehr gleichförmig. Erst in einer progressiveren Einstellung wird die Kraftentfaltung dynamischer. Das Antriebsgeräusch des Fazua-Motors ist angenehm und gehört zu den leisesten am Markt. Ein TQ HPR 50 ist allerdings nochmal deutlich leiser. Dennoch: Als einer von wenigen Motoren am Markt tönt der Ride 60 deutlich dezenter als die Klassiker von Bosch und Shimano. Nur bei aktivierter Boost-Funktion für kurzzeitigen Extra-Schub wird das Geräusch etwas unangenehm. Gut: Bergab gibt´s bei Fazua kein Klappern!
Beachtliches Drehmoment und hohe Leistung sind die Kernkompetenzen des Ride 60. Er schiebt kräftig von unten weg, büßt bei sehr hohen Trittfrequenzen aber etwas Leistung ein. Auf Knopfdruck gibt's kurzzeitig 100 Watt mehr. Mit satten 437 Watt ist er dann von der Powerklasse nicht mehr weit entfernt. Auch die Reichweite ist mit dem 430-Wattstunden-Akku für Light-Verhältnisse richtig gut, zumal der Fazua auch verhältnismäßig viele Höhenmeter pro Wattstunde aus dem Akku kitzelt, wie dieser Reichweitenvergleich schon im letzten Jahr gezeigt hat.
Übersichtlich und schlicht: Das gilt sowohl für die Auswahl als auch für den Informationsgehalt bei Fazuas Bedienelementen. Fünf farbige LEDs im Oberrohr informieren über Akkustand und U-Stufe – mehr Display gibt es nicht. Bedient wird das System über die Ring-Control. Das klappt intuitiv, doch die Haptik könnte wertiger sein. Das Kunststoffteil wirkt etwas wackelig und bietet kein ideales Feedback bei der Bedienung. Dafür sitzt es schlank und schlicht am Griff und ist in jeder Situation top erreichbar. In der LED-Einheit auf dem Oberrohr ist eine USB-C-Buchse integriert. Hier können Gadgets wie Smartphone oder GPS geladen werden, oder die Toolbox-Software für Firmware-Updates angeschlossen werden.
Für den Ride 60 gibt es aktuell ausschließlich 430 Wattstunden (2,25 kg) – entweder zur klassischen Klappentnahme oder zur festen Installation im Unterrohr. Hervorzuheben ist die Reichweite des Fazua Ride 60. In all unseren Tests schnitten Bikes mit dem Fazua-Antrieb und 430er-Akku überdurchschnittlich gut ab. Hier im Link geht´s zu einem detaillierten Reichweitenvergleich diverser Light-Antriebe.
Bereits bei der Einführung des Ride 60 vor über zwei Jahren war die Rede von einem Range Extender. Dieser lässt jedoch bis heute auf sich warten. Nach neuesten Informationen von Fazua soll der Zusatz-Akku aber Ende 2024 endgültig auf den Markt kommen. Die angekündigten Fakten: 215 Wattstunden und 1,1 Kilo. Bei der Befestigung und Verbindung zum System hat sich Fazua anscheinend eine besondere Lösung einfallen lassen. Details gibt´s auf unseren Kanälen, sobald es soweit ist.
Neuestes Feature der Fazua-App ist ein umfangreiches Dashboard. Hier werden viele Daten in Echtzeit angezeigt und aufgezeichnet - darunter auch der Akku-Stand in Prozent und die Leistung von Motor und Fahrer. Diese Daten können problemlos auch via ANT+ oder Bluetooth auf Bike-Computern von Garmin, Sigma, Wahoo und Co. angezeigt werden. Die drei Unterstützungsstufen können individuell eingestellt werden. Besonderheit dabei: Es können nicht nur diverse Profile gespeichert werden, es gibt auch eine Bibliothek mit verschiedenen vorkonfigurierten Profilen für unterschiedliche Einsatzbereiche.
Schade: Updates für das Motorsystem sind nicht direkt über die App möglich. Dafür braucht man die Fazua Toolbox Software auf einem PC oder Laptop. Das schaffen andere komfortabler. Immerhin kann man Updates mit der PC-Software selbst erledigen, ohne dafür den Händler aufsuchen zu müssen.
Für Light-Verhältnisse hat der Ride 60 viel Power, trotzdem ist er klein, leicht, relativ leise und liefert eine ordentliche Reichweite. Ein starker Kompromiss für alle, die das beste aus beiden Welten wollen. Damit sichert sich der Fazua Ride 60 unseren Allround-Tipp unter den Light-Motoren. Schwachpunkte sind Remote und Display. - Florentin Vesenbeckh, stellv. Chefredakteur EMTB Magazin
Die Auswahl an E-Mountainbikes mit Fazuas Ride 60 ist mittlerweile beachtlich und reicht vom superleichten Downcountry-Flitzer bis zum hubstarken Freerider. In den Links gibt´s alle Infos und Details zu einigen Fazua-Bikes: