E-Bike-SoftwareRegelmäßig aktualisieren! Das digitale Gehirn moderner Elektrofahrräder

Barbara Merz-Weigandt

 · 16.06.2025

Es gibt was Neues! Die neue Software wird meist per Update der entsprechenden E-Bike-App bereitgestellt. Die Software kann teils zentrale Funktionsupdates mit sich bringen.
Foto: www.pinion.eu/pd-f
Die Software moderner E-Bikes steuert die Interaktion zwischen Fahrer und Antriebssystem. Regelmäßige Updates optimieren die Leistung und können sogar ganz neue Funktionen hinzufügen. Besseres Fahrverhalten, mehr Leistung? Oft dank Firmware Updates kein Problem.

Die Rolle der Software im E-Bike-System

Die Software eines E-Bikes ist das digitale Gehirn, das für die reibungslose Kommunikation zwischen den einzelnen Antriebskomponenten sorgt. Sie steuert die Interaktion zwischen Sensoren, Motor, Remote-Einheit und Akku. Jede Komponente verfügt über eine eigene Software, die in einer übergeordneten Firmware gebündelt ist. Durch die Einstellungen in der Software wird die charakteristische Leistungsabgabe des Antriebssystems definiert. Die Entwickler können damit festlegen, wie hoch die maximale Leistung sein soll, wie die verschiedenen Fahrmodi gestaltet sind und wie viel Unterstützung der Motor in bestimmten Situationen liefert. Die Firmware wird regelmäßig aktualisiert und verbessert, um die Leistung zu optimieren und neue Funktionen hinzuzufügen.

Die E-Bike- bzw. Antriebshersteller wie z.B. Pinion, liefern die technischen Updates per Smartphone-App direkt ans Rad.Foto: www.pinion.eu / pd-fDie E-Bike- bzw. Antriebshersteller wie z.B. Pinion, liefern die technischen Updates per Smartphone-App direkt ans Rad.

Herausforderungen in der Softwareentwicklung

Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von E-Bike-Software ist die präzise Abstimmung zwischen Mensch und Maschine. Anders als bei anderen elektrischen Geräten spielt der menschliche Faktor eine entscheidende Rolle für das Funktionieren des Systems. Die Software muss die vom Fahrer erzeugten Informationen, wie etwa die auf die Pedale ausgeübte Kraft, verarbeiten und daraus die richtigen Schlüsse für die Steuerung des Gesamtsystems ziehen. Dirk Menze, Head of Marketing und Design beim Antriebshersteller Pinion, betont: “Das ist die hohe Kunst der Branche, eine große Bandbreite an unterschiedlichen Faktoren, Einsatzzwecken und Nutzergruppen zu erkennen und abzudecken.” Die Systeme reagieren äußerst sensibel auf den Input des Fahrers, was eine kontinuierliche Optimierung und Fehleranalyse erfordert. Pascal Ketterer, Software-Entwickler beim Antriebshersteller Fazua, ergänzt: “Niemand im E-Bike-Markt ist am Zenit angekommen. Wir können alle noch an der Interaktion arbeiten.”

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Die Bedeutung regelmäßiger Software-Updates

Regelmäßige Software-Updates sind für E-Bike-Besitzer von großer Bedeutung. Sie dienen dazu, das System weiterzuentwickeln und die Leistung zu verbessern. Wenn ein neuer E-Bike-Antrieb auf den Markt kommt, ist er zwar ausgiebig getestet, doch können in der praktischen Anwendung immer wieder Aspekte auffallen, die auf einem Prüfstand nicht simuliert werden können. Durch Software-Updates lassen sich erkannte Probleme beheben, ohne dass das Rad in die Werkstatt muss. Die Hersteller arbeiten zudem kontinuierlich an Optimierungen und der Implementierung neuer Funktionen, die den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. Pascal Ketterer von Fazua erklärt: “Wir lernen aus Fehlern, die wir machen.” Diese Lernprozesse fließen direkt in die Weiterentwicklung der Software ein.

Datenanalyse für kontinuierliche Verbesserungen

Die Verbesserung der E-Bike-Software basiert auf der Analyse anonymer Nutzungsdaten. Die Hersteller untersuchen, in welchen Leistungsbereichen die Motoren genutzt werden, welche Unterstützungsmodi bevorzugt werden und welche durchschnittlichen Trittfrequenzen die Fahrer haben. Anhand dieser Daten werden mögliche Fehler analysiert und behoben. Persönliche Daten wie Adressen oder Wohnorte werden dabei nicht erfasst. Eine interessante Erkenntnis aus diesen Analysen ist, dass die meisten E-Bike-Fahrer bevorzugt in einem akkuschonenden Modus unterwegs sind. Ein wichtiger Aspekt der Softwareentwicklung besteht darin, die Systeme noch individueller zu gestalten. Sportliche Fahrer mit höheren Trittfrequenzen benötigen beispielsweise einen harmonischeren Motor, der sich möglichst natürlich anfühlt. Gelegenheitsfahrer hingegen tendieren zu niedrigeren Trittfrequenzen und bevorzugen eine stärkere Motorunterstützung. Solche individuellen Präferenzen können durch entsprechende Software-Einstellungen berücksichtigt werden.

Auch bei Fazua kommen Verbesserungen für den Antrieb per Software-Update auf die App.Foto: www.fazua.com / pd-fAuch bei Fazua kommen Verbesserungen für den Antrieb per Software-Update auf die App.

Verschiedene Wege zum Software-Update

Die Methoden für die Durchführung von Software-Updates variieren je nach Hersteller. Einige bieten Updates über eine Smartphone-App an, bei der das Handy einfach mit dem E-Bike verbunden wird, um das Update aufzuspielen. Andere Systeme erfordern eine Verbindung zum Computer über ein USB-C-Kabel. Pascal Ketterer von Fazua beruhigt: "Da muss man keine Angst haben, das selbst durchzuführen." Manche Hersteller beziehen den Fachhändler in den Update-Prozess ein, was den Vorteil hat, dass gleichzeitig eine Überprüfung des Rades auf mögliche Defekte erfolgen kann. Informationen über verfügbare Updates erhalten Nutzer in der Regel über Newsletter der Anbieter oder auf deren Websites. Die Häufigkeit der Updates variiert, wobei größere Updates mit umfassenden Änderungen etwa alle sechs Monate erscheinen.

Auswirkungen und Nutzen von Software-Updates

Es ist wichtig zu betonen, dass das Auslassen von Updates keine negativen Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit des E-Bikes hat. Weder droht ein Funktionsverlust noch gehen Garantie- oder Gewährleistungsansprüche verloren. Die Updates dienen in erster Linie der Verbesserung der Software und dem Hinzufügen neuer Funktionen. Dennoch empfiehlt es sich, die E-Bike-Software regelmäßig auslesen zu lassen, ähnlich wie bei einem Auto, um mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und zu analysieren. Die Auswirkungen eines Updates können je nach Umfang variieren. Manche Aktualisierungen greifen direkt in das Fahrverhalten ein, indem sie beispielsweise mehr Motorleistung freischalten oder einen zusätzlichen Fahrmodus integrieren. Kleinere technische Updates hingegen sind für den Nutzer oft kaum spürbar.

100 Nm und 750 Watt: Dieses Update für den Bosch Performance CX gibt’s kostenlos und bequem über die App.Foto: Christoph Bayer100 Nm und 750 Watt: Dieses Update für den Bosch Performance CX gibt’s kostenlos und bequem über die App.

Innovative Funktionen durch Software-Updates

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Möglichkeiten von Software-Updates liefert Pinion. Das Unternehmen hat im Herbst 2024 ein Update veröffentlicht, das eine Automatik-Schaltfunktion für alle bisherigen Systeme ermöglicht. Statt eines aufwendigen Hardware-Austauschs konnte diese neue Funktion einfach per Software-Update freigeschaltet werden. Bei der automatischen Schaltung wählt das System selbstständig den optimalen Gang basierend auf der vom Nutzer eingegebenen Wunsch-Trittfrequenz. Pinion geht noch einen Schritt weiter und ermöglicht es dem Fahrer, das Automatik-System bei Bedarf manuell zu übersteuern. Das System merkt sich diese individuellen Einstellungen und passt die automatisierten Schaltvorgänge entsprechend an. Dirk Menze erklärt: "Selbstlernend ist vermutlich noch der falsche Ausdruck. Da sind wir als ganze Branche noch nicht so weit, um davon zu sprechen. Aber bestimmte Annahmen und hinterlegte Logiken kommen schon sehr stark an eine KI ran und verbessern das System."

Leistungssteigerung durch Software-Updates

Grundsätzlich ist es möglich, durch Software-Updates die Leistung eines E-Bike-Motors zu erhöhen. Sowohl das Drehmoment als auch die Maximalleistung können angepasst werden, solange die gesetzlichen Grenzen für Pedelecs eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Unterstützung bei 25 km/h enden und die Nenndauerleistung auf 250 Watt begrenzt bleiben muss. Allerdings ist eine solche Leistungssteigerung nicht immer sinnvoll. Die Komponenten sind möglicherweise nicht für die höheren Motorleistungen ausgelegt und können schneller verschleißen. Zudem kann ein Motor bei höherer Maximalleistung schneller überhitzen und muss dann in einen niedrigeren Leistungsbereich heruntergefahren werden. Eine höhere Leistung bedeutet auch einen höheren Energieverbrauch, was wiederum einen größeren und schwereren Akku erfordern würde.

Langfristige Unterstützung durch Software-Updates

E-Bike-Antriebssysteme sind auf eine lange Nutzungsdauer ausgelegt. Anders als bei jährlichen Modellwechseln bleiben die Systeme oft mehrere Jahre aktuell. Die Hersteller orientieren sich am Lebenszyklus eines E-Bikes, der auf etwa zehn Jahre oder länger geschätzt wird. Entsprechend lange werden auch Software-Updates zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel dafür liefert Fazua, die noch 2024 ein Update für ein nicht mehr produziertes Antriebssystem veröffentlicht haben. Bei einem Neukauf kann man also davon ausgehen, dass das Antriebssystem (hoffentlich!) noch lange mit Updates versorgt wird. Bei einem Gebrauchtkauf sollte man hingegen prüfen, ob das System noch unterstützt wird.

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