Auf der Eurobike 2023 in Frankfurt hatte Brose seinen neuen E-Bike-Antrieb Drive³ Peak schon einmal vorgestellt. Und schon damals war der Nachfolger des etwas betagten Drive S Mag eigentlich überfällig. Doch nach der Messe wurde es sehr ruhig im die Berliner. Mittlerweile hat der Autozulieferer viel von seiner Relevanz im sportlichen E-Bike-Markt eingebüßt und das Feld weitestgehend den Konkurrenten überlassen. Verbaut wird der Drive S Mag noch in manchen Rotwild-Modellen, außerdem bildet er die Basis des Specialized-Antriebs im Turbo Levo und auch des Sram-Antriebssystem Eagle Powertrain.
Der Brose Drive S Mag ist im Reigen der sportlichen E-MTB-Motoren ein echter Methusalem. Der kräftige E-Bike-Motor läuft seit 2019 quasi unverändert vom Band. Kleine Ausnahme: 2020 hatte es ein Software-Update gegeben, nachdem Kunden über gerissene Antriebsriemen klagten. Das Update konnte das bärige Drehmoment des Kraftmeiers etwas zähmen und die Schadenhäufigkeit reduzieren. Seitdem aber blieb der Antrieb unverändert und musste sich im immer stärker werdenden Wettbewerb behaupten: zwar mit konkurrenzfähigen Leistungsdaten, aber auch etwas klobiger Bauweise und recht üppigem Gewicht.
Nun aber startet Brose einen neuen Anlauf und will den Drive³ Peak Mitte des Jahres an den Start bringen. Das System besteht aus dem neuen Motor, zwei Akkus (Battery InTube 800 und 650) sowie der Bedieneinheit Control Allround. Dabei will Brose neue Errungenschaften mit den altbewährten Tugenden des Drive S Mag kombiniert haben. Zum Altbewährten zählen: hohes Drehmoment, natürliche Kraftentfaltung, geringe Lautstärke, hohe Hitzeresistenz und null Tretwiderstand. Die wichtigsten Kennziffern, die Brose auf der Eurobike 2023 für den Drive 3 Peak präsentierte, legen nahe, dass sich die Berliner damals an den Benchmarks im Motoren-Markt orientiert haben: Zwar sind die 410 Prozent Tretunterstützung und auch die Maximalleistung (der EMTB-Test spuckte 565 Watt für den Drive S Mag aus) gleich geblieben, mit 2,9 Kilo soll das Aggregat aber leichter und mit 95 Nm nochmal kräftiger sein als der Vorgänger.
Weitere Auffälligkeit des Brose Motors: Die Technik basiert auf einem 48-Volt-System. Der theoretische Vorteil gegenüber Systemen mit 36 Volt Spannung, wie sie die meisten Mitbewerber verwenden: Eine reduzierte Hitzeentwicklung, da man durch die höhere Spannung mit geringerer Stromstärke bei der Drive Unit auskommt. Der Hauptvorteil für Brose dürfte aber in der Tatsache liegen, dass 48 Volt im Automobil-Bereich Standard sind. Das erlaubt es den Berliner Automotive-Experten, verfügbare Technologien aus dem eigenen Haus zu nutzen. Insbesondere bei der Entwicklung von Akkus und Displays dürfte die Fahrrad-Sparte bei Brose von Synergien mit den Automobil-Abteilungen profitieren.
Vor allem aber ist der neue Brose Motor in seiner Bauform wesentlich kompakter und gibt den Bike-Herstellern damit mehr konstruktive Freiheiten. Gleichwohl hat sich der Motorenmarkt in den vergangenen eineinhalb Jahren weiterentwickelt. Der Bosch CX wurde nochmal leichter, leiser und besser, Schaltautomatik hat in E-MTBs Einzug gehalten, mit der Motor-Getriebe-Einheit von Pinion ist eine ganz neue Technologie hinzugekommen, und mit DJI und ZF haben zwei ganz neue Player aufsehenerregende Premieren gefeiert. Man wird also abwarten müssen, wo sich der Drive³ Peak mit seinen Kennziffern im erstarkten Motorenmarkt einfügt.
Warum hat sich Brose nun gerade mit der kleinen E-Bike-Manufaktur Waldbike zusammengetan? Brose beliefert den E-Bike-Hersteller bereits seit der Waldbike-Gründung im Dezember 2022 mit seinem Antriebssystem. Die Schwaben stehen für hochwertige Produkte, die von Hand in ihrer gläsernen Manufaktur in Calw entstehen.
Dank 85 Prozent europäischer Komponenten und der Zusammenarbeit mit regionalen Partnern arbeitet Waldbike nahezu CO2-neutral. Zudem lädt das Unternehmen jährlich zu einer Aktion ein, bei der für jedes verkaufte E-Bike ein neuer Baum gepflanzt wird. Image-mäßig ist Waldbike also ein guter Partner, und man kann davon ausgehen, dass ein kleiner Partner auch bei Test- und Abstimmungsphasen Effizient-Vorteile bringt.
„Die Partnerschaft mit Brose bietet eine starke Grundlage für Innovation und Markterfolg“, sagt dazu Waldbike-Geschäftsführer Jan Jochens: „Als junger OEM schätzen wir die vertrauensvolle Kooperation, die durch innovative Ansätze geprägt ist und Raum für gemeinsames Wachstum bietet. Zusammen gestalten wir Lösungen, die die Mobilität von morgen prägen. Die Einführung der neuen Bikes mit Brose Technologie schafft nicht nur einzigartige Fahrerlebnisse, sondern trägt auch zu unserem Engagement für Nachhaltigkeit und Familienfreundlichkeit bei.“ Und Daniel Wolde-Giorgis, Leiter von Brose E-Bike, verweist auf Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung der Unternehmen: „Die auf Qualität und Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmensphilosophie passt perfekt zu uns und unseren in Deutschland hergestellten Produkten. Das alles macht Waldbike zu einem idealen Partner für die Markteinführung des neuen Brose Systems.“ Auch aus Sicht von Waldbike-Geschäftsführer Jan Jochens ist die Kooperation Win-Win für beide Seiten: „Waldbike hat sich bewusst für das Brose System entschieden, weil es die Werte und Ansprüche unseres Unternehmens perfekt widerspiegelt: herausragende Qualität made in Germany, natürliche Fahrdynamik, Innovation und Nachhaltigkeit. Unsere Zusammenarbeit basiert auf einer gemeinsamen Vision und einem klaren Werte-Match.“
Dass es mit der Markteinführung trotzdem etwas länger gedauert hat, mag daran liegen, dass die Berliner bei der Entwicklung ihres neuen E-Bike-Systems „höchste Maßstäbe in Sachen Zuverlässigkeit, Fahrgefühl und Nutzerfreundlichkeit“ angelegt haben. Brose startet die Produktion der Kernkomponenten im Juni 2025. Kernkomponenten sind der laut Hersteller besonders leise und kraftvolle Motor, die InTube-Batterien mit 800 und 650 Wh sowie des Control Allround. Anschließend will man „Schritt für Schritt zusätzliche Bestandteile ins System integrieren“.
Die neue Waldbike-Generation mit Brose-System kommt im Spätherbst 2025 auf den Markt. Geplant sind Touring-E-Bikes (Hardtail, Fully und Tiefeinsteiger) sowie ein E-Mountainbike (Hardtail). Darüber hinaus will das Unternehmen in die sportlichen Segmente expandieren und vollgefederte Modelle in den Kategorien All-Mountain und Enduro anbieten. Laut Hersteller wird sich die neue Plattform von Waldbike durch ein hohes zulässiges Gesamtgewicht (bis 180 Kilogramm), den Fokus auf Ergonomie und individuelle Anpassungsmöglichkeiten auszeichnen. Auch die Anhängerzertifizierung soll für maximalen Kundennutzen stehen.