Florentin Vesenbeckh
· 18.05.2024
Der Bosch Performance CX ist vermutlich der meistverkaufte E-MTB-Motor am Markt. Er besticht mit Zuverlässigkeit, ausgewogener Kraftentfaltung und starker Reichweite. Doch nicht nur im Mainstream kommt der Klassiker gut an. Wer es auf richtig technische Uphills abgesehen hat, ist mit dem CX ebenfalls bestens beraten. Denn seine Modulation ist nach wie vor führend im Markt.
Wie der Motor in seiner neuesten Ausbaustufe und dem “Smartsystem” im direkten Vergleich zur Konkurrenz abschneidet, und welche Stärken und Schwächen er hat, haben wir in unserem ausführlichen Test in Labor und Praxis herausgefunden.
Seine starke Reichweite verdankt der Bosch auch seinem energiereichen Akku. Der Powertube 750 ist lang und schwer (4,3 Kilo), schiebt Bosch-Bikes dafür auch überdurchschnittlich lange an. In unseren standardisierten Reichweitentests übertrumpft das System regelmäßig andere Antriebe mit 700 - 800 Wattstunden. Zu den Leichtgewichten zählen Bikes mit CX-Antrieb aber fast nie. Eine Ausnahme bildet das Pivot Shuttle AM mit fest integrierter Batterie.
Eine spezielle Ausbaustufe des Performance CX ist der Performance CX Race. Diese limitierte Variante ist etwas leichter und verfügt zudem über den speziellen Race-Modus, der seine maximale Leistung deutlich früher bereitstellt und einen extrem langen Nachlauf hat, der Bike und Biker effektiv über Hindernisse hievt. Alle Details zum Bosch Performance CX Race gibt´s hier im Link zu unserem Test.
Absolut top ist auch die kräftige Schiebehilfe des Bosch Performance CX. Sie ist leicht zu aktivieren und arbeitet sehr zuverlässig. So muss man an schwierigen Stellen nicht lange rumfummeln, um den Schiebe-Support vom Motor zu bekommen. Einzigartig ist das smarte Feature „Hill hold“. Lässt man den Knopf im Steilstück los, verhindert der CX für zehn Sekunden ein Zurückrollen. Simpel, aber super hilfreich, an der Kellertreppe genauso wie im Gelände. Der Schub ist angenehm kräftig.
Der CX reagiert sehr direkt und dennoch geschmeidig auf den Tretimpuls des Fahrers. Bei kräftigem Antritt beschleunigt er dynamisch, ohne dabei ungestüm zu werden. Der Schub ist aber durchaus plakativ und vermittelt dem Fahrer einen kraftvollen, “E-Bikigen” Eindruck. Der Ausdruck “natürliches Fahrgefühl”, kommt Testern eher nicht über die Lippen. Seine Stärke kann der Bosch in anspruchsvollen Anstiegen ausspielen, wo er wohl dosiert schiebt, wenn nötig aber auch mit schneller Beschleunigung zur Stelle ist. Obendrein wartet der besonders progressive E-MTB-Modus mit dem Extended Boost auf. Dieser situativ verlängerte Nachlauf schiebt Bike und Biker nach betontem Antritt noch ein Stück weiter als gewohnt, wenn die Kurbel schon stillsteht. Dieses Feature hilft effektiv über Stufen oder Wurzelpassagen hinweg.
Weniger brillieren kann der Performance CX in Sachen Lautstärke. Das Motorengeräusch ist immer präsent und in etwa auf einer Höhe mit einem Shimano EP801. Die Tonalität ist allerdings deutlich hochfrequenter, was dem Bosch-Antrieb schon den Spitznamen “Zahnarztbohrer” eingebracht hat. Wer einen möglichst dezenten Motor sucht, muss hier Abstriche machen. Das gilt leider auch bergab, wo der CX beim Überrollen von Wurzeln klappert. Je nach Bike-Modell mal mehr, mal weniger störend. Auch dabei ist die Geräuschkulisse vergleichbar mit der Shimano-Konkurrenz.
Der Performance CX reagiert dynamisch auf den Tretimpuls. Vollen Schub gibt's erst bei engagiertem Krafteintrag. Wer gemütlich pedaliert und mit wenig Beinkraft schnell auf den Berg will, könnte hier enttäuscht werden. Das liegt an dem vergleichsweise geringen Unterstützungsgrad von maximal 340 Prozent, den Bosch seinem CX-Motor erlaubt, um ein dynamisches Fahrgefühl zu erzeugen. Das maximale Drehmoment ist mit gemessenen 78 Newtonmetern auf Shimano-Niveau, die maximale Leistung liegt mit 557 Watt (EMTB Prüfstandswerte) etwas höher. Lobenswert: Die Power sackt auch bei sehr hoher Kadenz nicht ein und steht über ein sehr breites Drehzahlband zur Verfügung.
Hier bietet Bosch für das Smartsystem inzwischen eine gute Auswahl. Die Displays Kiox 300 und 500 gehören mit großem Screen und sogar Navigationsansicht zu den informationsgeladensten Displays am Markt. Dabei sind sie gut ablesbar und übersichtlich. Lediglich die Optik und die sperrige, teils exponierte Befestigung gibt´s zu bemängeln.
Mit LED-Remote oder Mini-Remote kann komfortabel durch die Ansichten der Displays gescrollt werden, die vielen Knöpfe können aber schon mal überfordern. Die LED-Anzeige gibt in 10er-Schritten Auskunft über den Akku-Stand, auch die gewählte Unterstützungsstufe wird deutlich angezeigt. So kann die LED Remote auch standalone ohne Display genutzt werden.
Wer ein cleanes Cockpit bevorzugt, und auf großes Infotainment verzichten kann, wird auf die Kombi aus der schlanken LED-Anzeige Systemcontroller im Oberrohr und kompakter Mini-Remote am Lenker setzen. Der moderne und schlanke Drücker funktioniert kabellos - das gibt´s sonst kaum am Markt. Die Tasten reagieren sehr sensibel, das kann im Gelände auch mal zum versehentlichen Schalten führen.
Zwischending: Das Purion 200 sitzt als Kombi aus kleinem Screen und Remote direkt am Griff. An E-Mountainbikes wird diese Einheit aktuell nur selten verbaut.
Der Motor funktioniert ausschließlich mit den eigenen Bosch-Akkus, am E-MTB sind das eigentlich immer die integrierten Powertubes. Standard ist der schwere 750er (4,3 kg). Der kürzere 625er-Akku (3,6 kg) zum Beispiel kann zum Gewicht sparen verbaut werden und kommt öfter in den günstigeren Serienbikes zum Einsatz. Akkus mit nur 500 Wattstunden gibt es noch, sie sind aber die absolute Ausnahme. In einige Bikes passen alle Akkus gleichermaßen, für andere Modelle gibt es eine Adapterlösung. Optional gibt's einen Range-Extender (250 Wh) im Rahmendreieck. Akkus von Drittanbietern gibt’s beim Branchenprimus nicht.
Hier geben sich die Schwaben ebenso verschlossen wie bei den Batterien. Markenfremde Produkte lassen sich nicht mit dem Smartsystem koppeln, eine Verbindung mit einem Bike-Computer à la Garmin ist zum Beispiel nicht möglich. Dafür baut Bosch sein eigenes Portfolio immer weiter aus. Diverse Displays, eine eigene Halterung fürs Smartphone und die App machen das System variabel. Über die Flow-App sind Updates aller Systemkomponenten möglich, außerdem lassen sich die Unterstützungsstufen auf individuelle Bedürfnisse anpassen. Auch eine Navigationsfunktion ist inkludiert.
Ein besonderes Zusatzfeature ist das optionale Connect Modul, das bei manchen Bosch-Bikes schon ab Werk verbaut ist. Dieser GPS-Tracker schützt das Bike vor Diebstahl, macht eine Ortung des Bikes möglich und gibt auf Wunsch Alarmgeräusche, wenn das Bike ungewollt bewegt wird. Dieser Service ist ab Aktivierung ein Jahr kostenlos, danach werden aktuell 40 Euro im Jahr fällig. Die neuen Bosch-E-MTBs von Canyon haben das Modul serienmäßig an Bord.
Für Uphillflow und schwierige Anstiege ist der Performance CX von Bosch der Favorit. Seine Modulation und das Ansprechverhalten sind nach wie vor Benchmark. Auch die Reichweite des schweren 750er-Akkus ist extrem gut. In Summe fällt das Bosch-System aber leider schwer aus und auch die Geräuschkulisse könnte angenehmer sein. - Florentin Vesenbeckh, stellv. Chefredakteur EMTB Magazin
Die Auswahl an Bikes mit Boschs Performance CX ist riesig - keine Chance für eine allumfassende Aufzählung. Beliebte Mountainbike-Marken, die auf den Schwaben-Motor setzen, sind unter anderem Centurion, Cube, Cannondale, Canyon, Bulls, Flyer, Focus, Haibike, Moustache, Scott, Stevens und Trek. In den Links gibt´s ausführliche Tests zu einigen Bikes: