Seit der Drohnenspezialist DJI mit dem Avinox-Motor den E-Bike-Markt mit einem lauten Knall betreten hat, scheinen die altbekannten Motorenhersteller etwas ins Hintertreffen geraten zu sein. Denn was Leistung und Gewicht angeht, haben die Chinesen die Bestandsware pulverisiert. Zum Start des Bike Festivals in Riva del Garda schickt Bosch den neuen CX-R nach. Damit hat nun auch die Race-Variante des Performance CX seinen ersehnten Nachfolger bekommen. Und der Neuling soll nicht nur mit Watt und Newtonmetern überzeugen - sondern auch mit seiner besonderen Motorabstimmung.
Neben gesteigerter Leistung haben die Entwickler des grauen Edel-Motors auch am Gewicht gefeilt. Das pulverbeschichtete Magnesiumgehäuse besitzt auch der klassische CX, doch die korrosionsbeständige Titan-Kurbelwelle und hochwertigen Keramik-Kugellager drücken das Gewicht des CX-R auf nur 2,7 Kilogramm. Das ist in etwa das Gewicht des Shimano EP801 und rund 100 Gramm weniger als beim “kleinen” Bruder Performance CX. Der Vergleich zu DJI: Der Avinox ist mit knapp 2,6 Kilo nochmal etwas leichter.
Gehäuse und Hardware orientieren sich ansonsten stark am aktuellen Performance CX der fünften Generation. Formfaktor, Anschraubpunkte und das Getriebe im Inneren sind identisch zum Klassiker. Somit passen die beiden Motoren auch wieder in die selben Bikes. Und damit ist auch klar: Im Gegensatz zum alten Race-CX klappert der neue CX-R nicht mehr in der Abfahrt.
750 Watt Spitzenleistung, 100 Newtonmeter Drehmoment, 400 Prozent Unterstützung lauten die neuen Kennzahlen, die Bosch für den CX-R angibt. So viel Power hatte ein Bosch-Motor fürs E-Bike noch nie. Der aktuelle Performance CX vor dem angekündigten Power-Update wird mit 600 Watt, 85 Newtonmetern und 340% angegeben. Beim Race-Vorgänger CX-R waren es 600 Watt, 85 Newtonmeter und 400 % Unterstützung. Mit dem Power-Plus sind die Schwaben von den Fabelwerten des DJI-Motors (850 Watt im Normalbetrieb, 1000 Watt in der Spitze) noch etwas entfernt - doch näher dran als zuvor. Leistungsmäßig sollte Bosch damit grob auf dem Niveau des neuen Specialized-S-Works-Motors liegen, der mit über 3,1 Kilo jedoch deutlich schwerer ausfällt.
Die beste Nachricht für viele Bosch-Piloten: Einen Großteil der neuen Features gibt es nicht nur exklusiv für den neuen CX-R. Auch der klassische Performance CX der neuesten Ausbaustufe (Gen. 5 / BDU 38) bekommt via kostenlosem Update mehr Power und neue Modi. Alle Infos zum großen Software-Update für den Performance CX gibt’ s hier im Link!
Exklusiv und weiter ausschließlich für den CX-R gibt`s den aggressiveren Race-Modus. Dieser arbeitet extrem direkt und bietet in vielen Situationen noch mehr Unterstützung als der Turbo-Modus - für maximale Beschleunigung. Außerdem schiebt er bis an die Abschaltgrenze mit vollem Schub weiter. Der Extended Boost wurde im Vergleich zum Vorgänger nochmal verlängert und soll damit noch spielerischer über Wurzelpassagen und Stufen hinweghelfen. Damit bleibt der Race-Modus ein Spezial-Tool für richtig fiese Anstiege und E-MTB-Rennen. Wer den Modus nach seinen persönlichen Vorlieben anpassen möchte, kann die verschiedenen Leistungsparameter in der E-Bike Flow App individuell abstimmen.
Neben der reinen Kraft hat Bosch auch an seinem Steckenpferd noch weiter getunt: Die Abstimmung des Motors soll nochmal ein Level nach oben gewandert sein. Dafür gibt es mit E-MTB+ einen neuen Modus, der besonders dynamisch arbeiten und sich noch besser an die Gegebenheiten auf dem Trail anpassen soll. Dabei liefert der E-MTB+ Modus bis zu 400 Prozent Unterstützung und in den passenden Situationen auch den maximalen Nachlauf des Race-Modus. Ein sensibler Race-Modus, sozusagen. Im Vergleich zum klassischen E-MTB-Modus ist der „Plus“ also stärker und mehr auf Trail-Spaß ausgelegt. Mit Tour+, E-MTB, E-MTB+ und Race stehen beim neuen Bosch Performance CX-R also vier dynamische Modi zur Wahl, die in der App zudem fein eingestellt werden können.
Klar war schon lange, dass Bosch ein neues Display am Start hat. Denn bei vielen neuen Bosch-Bikes war im Oberrohr ein zu großes Loch für den Systemcontroller. Jetzt ist es da: das Kiox 400C, das den überflüssigen Raum passgenau ausfüllt. Die Idee: alle wichtigen Fahrdaten auf einem unauffälligen, gut geschützten Screen im Oberrohr. Das ist nicht revolutionär neu, aber gelungen.
Besonders: Daten wie Leistung, Trittfrequenz, Herzfrequenz oder Höhenmeter können dynamisch angezeigt werden, ohne manuellen Eingriff vom Fahrer. Das heißt: Du kannst die Hände immer am Lenker lassen, denn die Daten wechseln automatisch je nach Fahrsituation. Zum Beispiel: bergauf stehen die Höhenmeter im Blick, bergab die Geschwindigkeit. Die klassischen Anzeigeseiten können zudem in der E-Bike Flow App individuell sortiert und eingestellt werden.
Mit den fühlbaren Tasten am Kiox 400C können die Seiten manuell durchgeblättert werden. Theoretisch kann der ganze Motor komplett darüber gesteuert werden, man könnte also komplett auf eine extra Fernbedienung am Lenker verzichten. Für die Technikfans gibt es am neuen Kiox 400C einen wasserdichten USB-C-Port zum Aufladen von Navi oder Handy. Der Screen passt seine Helligkeit automatisch an und hat auch eine Navigationsanzeige an Bord. Das kann sonst kaum ein anderes Oberrohrdisplay.
Hat man den Race-Modus aktiviert, spürt man das sofort. Beim Auflegen des Fußes aufs Pedal kann der Motor schon mal nervös zucken wie ein wildes Rennpferd. Ohne Verzögerung und mit starker Beschleunigung reagiert das Aggregat dann auf den Input vom Fahrer. Wer Steilstufen mit Schwung und möglichst hohem Speed angehen möchte, bekommt vom Race-Modus maximalen Support.
Das Mehr an Power im Vergleich zum Vorgänger CX-Race ist deutlich spürbar. Bei langsamem Tritt schiebt der Motor kräftiger und hilft damit gelassener über Stufen und Steilstücke - auch wenn mal nicht der ideale Gang eingelegt ist. Und auch obenraus zieht der Motor sehr gut durch, sodass man nie das Gefühl hat, dem Antrieb könnte die Puste ausgehen.
Der Race-Modus behält dadurch seinen Charakter. Er schiebt unbeirrt und stellt Beschleunigung und Speed ganz klar vor Dosierbarkeit und Modulation. Der besondere Nachlauf, der Extended Boost, ist sehr prägnant und schafft eine ganz neue Spielwiese für versierte Biker. Selbst an steilen Stufen kann man sich dadurch ausschließlich durch kurze Pedal-Kicks fortbewegen. Ein feines Tool im verblockten Gelände.
Wenn man besonders dosiert zu Werke gehen muss, kann einen der extreme Nachlauf und auch der aggressive Schub leicht mal aus der Bahn werfen. Gerade in ausgesetztem Spitzkehrengelände muss man immer einen Finger an der Bremse haben - oder sollte lieber einen anderen Modus wählen. In den anderen Modi verhält sich der CX-R analog zum CX mit Power-Update. Also gewohnt kultiviert und spritzig. Ein ganz neues Level an Dynamik liefert der Modus EMTB+. Wer mehr dazu erfahren will, sollte sich unseren Fahrbericht zum Performance CX mit Power-Update genauer anschauen.
Der neue CX-R ist der stärkste Motor, den Bosch je gebaut hat - und obendrein der leichteste! Eine exklusive Kombi für Racer und anspruchsvolle E-Biker. Die größte Konkurrenz hat Bosch allerdings im eigenen Haus, denn der klassische CX ist durch das Software-Update extrem nahe dran am CX-R. Mit dem neuen Modus E-MTB+ heben beide Antriebe Fahrdynamik und Kontrolle in schwierigen Uphills auf ein neues Level. - Florentin Vesenbeckh, stv. Chefredakteur BIKE Magazin
Die ersten E-MTBs mit dem neuen Motor sollen laut Bosch im Herbst 2025 in den Läden stehen. Vermutlich werden es sich einige Hersteller nicht nehmen lassen, vorab schon ihre neuen Highend-Flitzer der Öffentlichkeit zu zeigen. Eines ist klar: Der teurere CX-R wird wohl eher an hochpreisigen Modellen verbaut werden. Beim Testevent von Bosch waren Bikes von Mondraker und Orbea mit dem CX-R ausgestattet. Zwei Marken, die dem Rennsport nahe stehen.