Bafang M510Starker China-Motor im ersten Test

Florentin Vesenbeckh

 · 22.08.2023

Der neue Bafang M510 // 95 Nm // 2,94 kg
Foto: Adrian Kaether
Der kräftige Bafang M510 führt ein Schattendasein im E-Mountainbike-Markt. Dabei liest sich das Datenblatt des chinesischen Mittelmotors vielversprechend. Was kann der Underdog? Wir haben den neuen E-Antrieb getestet.

Bafang ist ein bekannter Motorenhersteller aus China. Seit Jahren werden E-Bikes mit den preiswerten Aggregaten ausgestattet. Doch am E-Mountainbike spielen die kräftigen Mittelmotoren bisher kaum eine Rolle. Auch bei uns im Testpool landete, aus Mangel an marktrelevanten Bikes, bisher kein Bafang-Antrieb. Ausnahme: Der Light-Motor der Forestal-Bikes, der in einer Kooperation aus Bafang und Forestal entstanden ist.

Höchste Zeit, endlich den klassischen E-MTB-Motor von Bafang im EMTB-Labor zu begrüßen. Zumal der Bafang M510 gerade erst neu aufgelegt wurde. Mit dem neuen Vitus E-Mythique LT gibt es endlich auch einen passenden Aufhänger. Das neue E-Enduro setzt ausschließlich auf das chinesische Kraftpaket und ist ab sofort verfügbar. Wie schlägt sich der neue Motor mit 630er-Intube-Akku im Test?

Auf der Antriebsseite hat das Gehäuse des Bafang M510 markante Kühlrippen.Foto: Adrian KaetherAuf der Antriebsseite hat das Gehäuse des Bafang M510 markante Kühlrippen.

Die Fakten zum Bafang M510

  • max. 95 Nm Drehmoment (Herstellerangabe)
  • Gewicht: 2,94 kg (EMTB Messung)
  • Fünf Unterstützungsstufen: Eco, Eco+, Trail, Boost, Race
  • Modi über App anpassbar
Der Bafang M510 im neuen Vitus E-Mythique LT.Foto: Adrian KaetherDer Bafang M510 im neuen Vitus E-Mythique LT.

Optisch integriert sich der M510 recht unauffällig ins E-Mythique LT, das Testbike, in dem wir den neuen Motor ausführlich fahren konnten. Bauform und Abmessungen sind vergleichbar mit einem Bosch Performance CX, ebenso das Gewicht von 2,94 Kilo. Damit hat die Ausbaustufe M510 im Vergleich zu seinem deutlich schwereren Vorgänger M500 klare Vorteile. Mit 95 Newtonmetern maximalem Drehmoment ist der Motor nominell sogar stärker als die Klassiker von Bosch, Shimano, Brose und Yamaha.

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Auch bei den Unterstützungsstufen setzt Bafang einen drauf. Statt der gewohnten drei bis vier Modi, stehen hier fünf Fahrstufen zur Wahl. Eco, Eco+, Trail, Boost und Race. Die Stufen können über die Bafang-App eingestellt werden. Auf der Eurobike 2023 in Frankfurt hat Bafang auch neue Display-Lösungen und Bedienelemente präsentiert.

Im direkten Vergleich wirkt der Bafang M510 sogar minimal kompakter, als der Klassiker Bosch Performance CX (links im Bild in der Race-Variante).Foto: Adrian KaetherIm direkten Vergleich wirkt der Bafang M510 sogar minimal kompakter, als der Klassiker Bosch Performance CX (links im Bild in der Race-Variante).

Die Bedienelemente des Bafang M510

An unserem Testbike von Vitus waren schlichte Bedienelemente verbaut, die an die klassische Kombi von Shimano erinnern. Im ersten Eindruck konnten Display und Remote durchaus überzeugen. Direkt am Griff sitzt eine schlanke Remote mit drei Tasten, dazu gibt’s ein Farbdisplay, das gut geschützt hinter dem Lenker platziert ist. Gut ablesbar und übersichtlich stellt es die nötigsten Informationen bereit, darunter auch eine prozentgenaue Akku-Anzeige. Über die Remote kann durch verschiedene Werte in der Anzeige gescrollt werden. Zum Beispiel die Tageskilometer, Trittfrequenz oder auch die gefahrene Geschwindigkeit. Funfact: Die Tacho-Anzeige endete an unserem Testbike bei 60,0 km/h. Wer schneller fährt, kann das immerhin über die Anzeige der max. Geschwindigkeit nachvollziehen. Bafang hat auch andere Display- und Remote-Varianten im Angebot. Auf der Eurobike 2023 zeigten die Chinesen zum Beispiel einen ins Oberrohr eingelassenen Screen.

Die Remote von Bafang ist kompakt und unauffällig. Die Druckknöpfe könnten noch etwas wertiger und das Feedback definierter ausfallen.Foto: Adrian KaetherDie Remote von Bafang ist kompakt und unauffällig. Die Druckknöpfe könnten noch etwas wertiger und das Feedback definierter ausfallen.Das Bafang-Display sitzt gut geschützt hinter dem Lenker und zeigt viele Funktionen an. Die Unterstützungsstufen werden farblich dargestellt.Foto: Adrian KaetherDas Bafang-Display sitzt gut geschützt hinter dem Lenker und zeigt viele Funktionen an. Die Unterstützungsstufen werden farblich dargestellt.

Der Bafang-Akku

Im E-Mythique LT sorgt ein integrierter Bafang-Akku mit 630 Wattstunden für Energie. Er kann simpel und schnell nach vorne aus dem Unterrohr geklappt werden und saß in unserem Test-Bike klapperfrei. Das Cover hat Vitus fest an der Batterie verschraubt, was die Entnahme nochmal erleichtert. Mit 3,5 Kilo (inklusive Cover) stellt die Batterie keine Gewichtsrekorde auf - ist aber auch nicht auffällig schwer. Im Bafang-Portfolio gibt es diverse andere Batterien mit bis zu 960 Wattstunden, die Bike-Hersteller mit dem M510 kombinieren können. Auch die Verwendung von Batterien von Drittherstellern ist theoretisch möglich.

3,5 Kilo wiegt die 630er-Bafang-Batterie mit dem Cover für das E-Mytique von Vitus.Foto: Adrian Kaether3,5 Kilo wiegt die 630er-Bafang-Batterie mit dem Cover für das E-Mytique von Vitus.

Bafang M510 - die Unterstützungsstufen

In unserem Testbike von Vitus hat der M510 einen vom britischen Hersteller angepassten Tune. Fünf Unterstützungsstufen stehen zur Verfügung: Eco, Eco+, Trail, Boost und Race. In den beiden höchsten Modi wird die maximale Leistung freigegeben. Im Race-Modus passiert das schon ab einer geringen Fahrerleistung von 137 Watt. Der Trail-Modus ist nicht linear, sondern progressiv angelegt.

Die Charakteristik der fünf Unterstützungsstufen des Bafang M510.Foto: Screenshot Vitus BikesDie Charakteristik der fünf Unterstützungsstufen des Bafang M510.

Wo wird der Bafang M510 produziert?

Der chinesische Hersteller Bafang hat seinen Sitz in Suzhou/China, in der Nähe von Shanghai. Kürzlich hat Bafang, explizit für die Produktion von Mittelmotoren, ein neues Werk in Polen eröffnet. Der M510 wird sowohl an diesem europäischen Standort, als auch am Hauptsitz in Suzhou produziert.

Praxistest: So fährt sich der Bafang M510

Der erste Fahreindruck vom Bafang-Aggregat ist vor allem eines: Richtig kraftvoll. Schon bei geringem Fahrer-Input schiebt der M510 sehr stark. Das vermittelt direkt bei der ersten Testfahrt den Eindruck von plakativer Power. Und auch bei unseren standardisierten Messfahrten bestätigte sich dieser Fakt. Bei einer mäßigen Fahrerleistung von 150 Watt vernichtete der M510 im Race-Modus einen Asphaltanstieg mit 412 Höhenmetern in gerade einmal 13 Minuten und 9 Sekunden. Zum Vergleich: Ein Bosch Performance CX, der erst bei starkem Tritt vom Fahrer seine maximale Leistung abgibt, braucht unter identischen Bedingungen im Schnitt etwas über 14 Minuten. Ähnlich schnell wie Bosch ist unter diesen Bedingungen ein Shimano EP8. In Sachen Power muss sich das Bafang-Aggregat vor der Konkurrenz also auf keinen Fall verstecken. Erfreulich: Auch bei sommerlichen Temperaturen konnte harte Dauerbelastung dem Motor kein Derating abringen.

Der Bafang M510 im Bike von Vitus (vorne) liefert satte Power.Foto: Max FuchsDer Bafang M510 im Bike von Vitus (vorne) liefert satte Power.

Soundkulisse

Doch plakative Leistung ist bei weitem nicht das alleinige Qualitätsmerkmal eines E-MTB-Motors. Kommen wir zu den Softskills. Ein Flüsterer ist der M510 nicht. Das Antriebsgeräusch ist nicht auffällig störend, alle Tester empfanden die Lautstärke aber etwas über dem Niveau eines Bosch Performance CX oder Shimano EP8. Bergab wendet sich das Blatt: Zwar klappert auch der Bafang M510: In unserem Testbike von Vitus war der Motor bergab aber deutlich leiser als der Durchschnitt der Bosch- und Shimano-Kandidaten. Mit einem endgültigen Urteil halten wir uns aber zurück, denn bisher konnten wir nur ein einziges Testbike fahren. Erfahrungsgemäß unterscheidet sich die Geräuschkulisse eines Motors von Bike zu Bike deutlich.

Kraftentfaltung und Modulation

Wie bereits erwähnt, ist der Charakter des Bafang-Motors sehr “bärig”. Schon bei niedrigem Fahrer-Input und geringer Trittfrequenz schiebt er kräftig. Dieser Charakter nimmt dem M510 etwas die Dynamik. Denn wenn man als Fahrer Gas gibt und die Trittfrequenz in die Höhe schnellt, kann der Motor nicht weiter zulegen. Dann wirkt seine Kraftentfaltung etwas träge und gehemmt. Eben mal vor einer steilen Passage oder einer Schlüsselstelle zu beschleunigen, ist so kaum möglich.

An technischen Schlüsselstellen hilft allerdings ein anderer Charakterzug: In den beiden oberen Modi Boost und Race hat der Motor einen auffällig langen Nachlauf. Bedeutet: Wenn man nicht mehr treten kann, zum Beispiel an einer Wurzelstufe, gibt der Motor trotz stehenden Pedalen noch ein kurzes Stück weiter Gas. So schiebt der Bafang das Bike recht unkompliziert und entspannt über schwierige Stufen oder Wurzelpassagen. In manchen Situationen kann das aber auch etwas unharmonisch wirken.

Das gilt auch für das Einsetzen der Motorkraft, das nicht maximal feinfühlig, sondern schubweise passiert. Die Modulation ist absolut ordentlich, mit den besten Antrieben am Markt kann der Bafang M510 in dieser Disziplin aber nicht mithalten. Das gilt leider auch für das Ansprechverhalten: Wenn man nach still stehenden Pedalen wieder zu treten anfängt, gönnt sich der Bafang eine Gedenksekunde, bevor auch er zu schieben einsetzt. In engen Kurven oder im technischen Gelände ist das nicht ideal und stört auch beim Anfahren am Berg. Wenn man beim Anfahren den Leerweg aber einmal überbrückt hat, ist das Einsetzen der Motorkraft gelungen. Der Bafang gibt seine Leistung in diesem Szenario zunächst sehr vorsichtig ab und verhindert so effektiv ein durchdrehendes Hinterrad beim Start in steilen und rutschigen Passagen.

Fazit zum Bafang M510

Kräftig, zuverlässig, nicht zu schwer: Der M510 präsentiert sich als ernstzunehmende Alternative zu den klassischen Antrieben am E-MTB. Zumal er preislich für die Hersteller attraktiv sein dürfte. Gerne mehr davon, denn Bafang sorgt für erfrischende Abwechslung am E-MTB-Markt.
EMTB Testredakteur Florentin Vesenbeckh konnte den meisten E-Motoren am Markt schon auf den Zahn fühlen. Neben klassischen Testfahrten stehen dabei regelmäßig auch Labortests und standardisierte Messfahrten auf dem Programm.Foto: Max FuchsEMTB Testredakteur Florentin Vesenbeckh konnte den meisten E-Motoren am Markt schon auf den Zahn fühlen. Neben klassischen Testfahrten stehen dabei regelmäßig auch Labortests und standardisierte Messfahrten auf dem Programm.

Pro

  • Sehr kraftvoll, schon bei geringem Fahrer-Input
  • Schiebt stoisch über Schlüsselstellen
  • Voll konkurrenzfähige Größe und Gewicht

Contra

  • Recht lautes Antriebsgeräusch
  • Wenig spritzige Kraftentfaltung
  • Modulation nicht auf Top-Niveau
  • Nur in wenigen E-MTBs verfügbar

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