Per Klick geht’s zur Einzelwertung
Hand aufs Herz: Wer hat sich noch nie gefragt, mit welchem E-Motor man den Heim-Uphill wohl am schnellsten bezwingen würde? Oder wie groß die Unterschiede zwischen einem Bosch CX und einem Shimano EP8 nun wirklich sind? Wir machen Schluss mit halbgaren Stammtischweisheiten. Für unsere Motoren-Challenge schicken wir acht E-MTB-Motoren auf die Rennstrecke. Mit Messtechnik bewaffnet und einheitlich bereiften Bikes geht es aufs Ganze. Dabei wollen wir keinen stupiden Berg-Sprint abbilden – denn hier würde rein die Maximalkraft der Motoren zum Tragen kommen. Und die ermitteln wir regelmäßig in unseren ausführlichen Motorentests im Labor. Vielmehr wollen wir eine reale Uphill-Challenge abbilden, den idealen Einsatzbereich sportlicher E-Mountainbikes. Als Kaufberatung ist dieses Scharmützel der Kraftpakete übrigens nicht
gedacht. Schließlich müssen E-Motoren im Trail- und Touren-Alltag mehr bieten als die Bestzeit im Uphill. Es sei denn, das neue E-Mountainbike soll als Rennbolide dienen, um Konkurrenten oder Bike-Kumpels gnadenlos zu versägen.
Also rein ins Vergnügen. Als logischer Favorit geht der einzige explizit auf Rennsport ausgerichtete Motor in die Challenge. Boschs Performance CX Race. Schaut man auf die Ergebnislisten des E-Mountainbike-Worldcups, scheint dieser Antrieb aktuell kaum zu schlagen zu sein. Der grau-rote Antrieb bugsiert in unserer Challenge das schwarz-goldene Stevens E-Inception AM 9.7.1 den Berg hinauf. Kaum schaltet man den Race-Modus ein – so heißt die exklusive Unterstützungsstufe des Schwaben-Renners – fühlt man sich wie auf einem übermotivierten Rennpferd. Ein Tipp aufs Pedal, und schon rupft der Motor nervös an der Kette. Im Unterschied zum klassischen Bosch Performance Line CX im E-MTB- oder auch Turbo-Modus gibt die Race-Stufe schon bei geringer Tretkraft Vollgas. Perfekt für einen Speed-Rekord. Ebenso hilfreich: Die Ingenieure haben dem Super-Modus einen besonders langen Nachlauf verpasst. Heißt: Tritt man vor schwierigen Passagen kräftig an und hält dann die Beine still, schiebt der Motor betont kräftig noch etwas weiter. Gerade an Stufen und Wurzelfeldern, wo Pedalaufsetzer drohen, ist das eine enorme Erleichterung. Schwierige Uphill-Sektionen werden so zur Spielwiese. Diese Charakteristik erlaubt eine ganz neue Fahrweise.
In Sachen Maximalkraft ist die Race-Variante allerdings nicht stärker als der bekannte Performance Line CX. Der Vorteil in unserer Challenge, wo wir mit einer vorgegebenen Durchschnittsleistung von 285 Watt kräftig reintreten, ist also nicht riesig.
Außerdem haben sich die Schlüsselstellen auf unserer Test-Hausstrecke mir dermaßen ins Hirn gebrannt, dass ich sie bald mit verbundenen Augen fahren kann. Und für das Endergebnis zählen wir ohnehin nur Runs, die flüssig und fehlerfrei durchgezogen werden. Sonst würden Fahrfehler und Unkonzentriertheiten das Ergebnis verfälschen.
Als logischer Favorit geht der einzige explizit auf Rennsport ausgerichtete Motor in die Challenge. Boschs Performance CX Race. Schaut man auf die Ergebnislisten des E-Mountainbike-Worldcups, scheint dieser Antrieb aktuell kaum zu schlagen zu sein.
Trotzdem kann sich der Bosch CX Race einen Vorteil gegenüber seinem gediegeneren Bruder verschaffen. Denn er gibt in den Momenten, in denen der Fahrer aufgrund der Geländesituation nicht voll durchzieht, trotzdem weiter Gas. In Summe holt der Rennexperte gegenüber dem Klassiker drei Sekunden heraus – bei etwas über drei Minuten Fahrzeit. Weniger, als wohl viele vermutet hätten. Zur Ehrenrettung des Race-Modells muss man sagen: je anspruchsvoller der Track, desto größer wird die Chance, dass man mit dem Bosch CX Race fehlerfrei durchfährt, wo man mit anderen Motoren hängen bleibt. Außerdem spart der stoische Schub auf Dauer Kraft, die man an anderer Stelle in mehr Vortrieb ummünzen kann. Auf den Spitzenplatz in unserer Challenge hat es der CX Race übrigens nicht geschafft.
Doch bevor wir zum Sieger kommen, werfen wir einen Blick ans andere Ende des Feldes. Für unser Test-Team wenig überraschend fällt ein Antrieb recht deutlich ab: der Shimano EP8. Er ist der leichteste Motor im Test – in Sachen Maximalkraft aber nicht vorne mit dabei. Satte 27 Sekunden verliert der Motor auf den Bosch CX Race. Wer mit diesem Antrieb in einem Uphill-Rennen antreten muss, hat nur mäßige Chancen. Das bestätigt auch ein Blick in den E-MTB-Worldcup. Doch zum Glück haben die Japaner gerade einen Nachfolger auf den Markt gebracht. Der Shimano EP801 kann seinen Vorgänger um zwölf Sekunden distanzieren – bei gleichem Gewicht. Um den Sieg fährt aber auch der neue Shimano nicht mit.
Den Sieg schnappt sich ein Underdog – für Kenner nicht ganz unerwartet. Denn Rocky Mountains Dyname 4.0 ist ein absolutes Kraftpaket, und allein die Herstellerangabe von 108 Newtonmetern lässt schon einigen Wumms vermuten. Der Sieg geht also nach Kanada, satte zehn Sekunden vor Boschs CX Race. Der Motor der Powerplay-E-MTBs deklassiert die Konkurrenz deutlich. Sofort nach dem Start spürt man, dass man
gerade deutlich schneller den Berg hochfliegt. Allerdings muss der Fahrer im Vergleich zum CX Race deutlich mehr am Ball bleiben. Denn der Nachlauf des Dyname-Motors fällt sehr kurz aus und die Leistungsentfaltung progressiv.
Wenn die Beine also für einen Moment etwas lockerlassen, lässt auch der brachiale Schub des Motors direkt nach. Heißt: Je länger und anspruchsvoller der Uphill wird, desto mehr dürfte Boschs CX Race aufschließen. Bei wirklich langen Vollgasbelastungen gilt das noch mehr. Denn hier reagiert der Rocky-Motor schon früh mit einer Leistungsreduktion, weil ihm schlicht zu heiß ums Herz wird. Dem Freudentaumel soll das keinen Abbruch tun – denn unsere Challenge hat der Dyname 4.0 im Rocky Mountain Instinct Powerplay souverän für sich entschieden. Glückwunsch nach Kanada!
Die Beschleunigung und der spritzige Schub des Rocky Mountain macht in steilen Uphills richtig Spaß. Doch wenn es extrem kniffelig wird, hat Boschs Race-Motor mit seinem irren Nachlauf die Nase vorn. Aber sind wir ehrlich: Im normalen Leben der meisten E-Mountainbiker spielen andere Qualitäten eine Rolle. Also: Zerfetzt unsere Ergebnisse in der nächsten Stammtischrunde, oder prahlt mit Eurem Wissen. Aber nehmt sie nicht als entscheidendes Kaufargument. Es sei denn, Ihr wollt immer und überall am schnellsten sein.
Der Bikepark in Oberammergau ist für das EMTB-Magazin eine der allerersten Test-Locations. Für die Motoren-Challenge haben wir uns einen Wurzel-Trail im Uphill vorgenommen.
Die schlechte Nachricht vorweg: Nein, der Bikepark in Oberammergau hat (noch) keinen offiziellen E-Bike-Uphill. Und der Test-Trail, auf dem wir schon unzählige Uphill-Meter
abgespult haben, ist während der Öffnungszeiten des Parks ausschließlich bergab befahrbar und im Uphill absolut TABU! Doch in Absprache mit den Betreibern dürfen wir außerhalb der Öffnungszeiten den Trail gegen die Fahrtrichtung unter die Stollen nehmen.
Die Mischung aus steilen Passagen, Wurzeln, Kurven und Absätzen fordert ein komplettes E-MTB und einen ebenso guten Motor. Power, Dosierbarkeit und Traktion stellt der Trail ebenso auf die Probe wie das Fahrwerk, die Steigfähigkeit und Kontrolle des Bikes. Die Daten klingen mit gut 600 Metern Länge und 96 Höhenmetern eher mickrig – doch jeder einzelne Meter ist mit Action gespickt.
Unsere Challenge soll keine akademische Abhandlung sein. Trotzdem wollen wir valide Ergebnisse. Entsprechend haben wir die Bedingungen penibel überwacht und konstantgehalten.
Wow, was für ein Kraftpaket! Der Power-Unterschied zur Konkurrenz ist sofort spürbar. Die Kraftentfaltung ist spritzig, der Motor kann beim Antritt immer noch
einen drauflegen. Das macht Spaß. Allerdings muss man richtig dranbleiben, um den Dyname in Schwung zu halten. Lässt die Pedalkraft nach, tut das auch der Motorschub sofort. Der fehlende Nachlauf erschwert technische Passagen.
Info: 3:01 Minuten | 3,22 Kilogramm | 108 Nm
Das Pedal antippen und kraftvoll Richtung Gipfel schießen – das ist das Motto bei Boschs Race-Modus. Schon bei geringer Pedalkraft jagt er los, der Nachlauf ist extrem lang. Das erleichtert stufige Passagen enorm. Außerdem spart die Abstimmung Kraft. In Flachpassagen kann man auch mal bummeln, der Bosch Performance Line CX Race schießt trotzdem weiter. Exzellentes Tool für die Jagd nach Uphill-Rekorden.
Info: 3:11 Minuten | 2,7 Kilogramm | 85 Nm
Die Maximalkraft ist identisch mit dem aggressiven Bruder CX Race. Der Zeitunterschied entsteht dadurch, dass man beim Bosch Performance Line CX deutlich mehr am Ball bleiben muss, um die volle Leistung abzurufen. Bei identischer Durchschnittsleistung des Fahrers bringt der CX in Summe weniger Vortrieb. Dennoch einer der schnellsten E-Motoren. Im Alltagseinsatz geschmeidiger als das ungestüme Rennpferd CX Race.
Info: 3:14 Minuten | 2,96 Kilogramm | 85 Nm
Wäre es die Aufgabe in dieser Challenge, mit wenig Pedalkraft möglichst schnell zu fahren, hätte der Panasonic gewonnen. Schon bei mäßigem Tritt haut der GX Ultimate seine volle Power raus. Gibt der Fahrer mehr Gas, kann er nicht mehr zulegen. Das macht sein Fahrgefühl eher bärig als spritzig. Trotzdem einer der schnellsten Antriebe im Test. Mit enormem Drehmoment hilft er über Schlüsselstellen hinweg.
Info: 3:17 Minuten | 2,93 Kilogramm | 95 Nm
Der Brose Drive SMag ist der älteste Motor im Test. Trotzdem muss er sich mit seiner Maximalleistung nicht verstecken. Er hält in unserer Challenge den Anschluss an die Spitzengruppe. In technischem Gelände hilft sein gleichförmiger, bäriger Schub mit ordentlich Nachlauf. Auch oben raus geht dem Brose nicht die Luft aus. Neben der Rennstrecke begeistert das leise Antriebsgeräusch und das Fahrgefühl.
Info: 3:18 Minuten | 3,07 Kilogramm | 90 Nm
Der neue Shimano EP801 läuft beim Hersteller noch immer unter dem Namen EP8. Wir verstehen nicht ganz, warum. Denn der Nachfolger ist deutlich kräftiger geworden – und bleibt trotzdem der leichteste Antrieb im Test. Dank gutem Drehmoment braucht man sich vor Uphill-Schlüsselstellen nicht fürchten, doch auch mit dem EP801 ist man im Vergleich zu den Schnellsten etwas gemütlicher unterwegs.
Info: 3:26 Minuten | 2,63 Kilogramm | 85 Nm
Nach den beiden Shimano-Antrieben und dem Bosch Race ist der Yamaha PW-X3 bzw.
Giant Syncdrive der leichteste Motor. Leistungsmäßig liegt er auf ähnlichem Niveau wie der EP801. Angenehm ist seine sehr reaktive Kraftentfaltung, die ein sportliches Fahrgefühl vermittelt. Das erinnert an die beliebte Bosch-Charakteristik. Bleibt man an einer Steilstufe hängen, macht es kein Antrieb leichter, wieder anzufahren.
Info: 3:27 Minuten | 2,71 Kilogramm | 85 Nm
Die Uphill-Challenge macht sichtbar, was unsere unzählige Praxistests zuvor angedeutet haben: In Sachen Maximal-Power landet Shimanos EP8 deutlich hinter den Klassenbesten. Seine Stärken: Er ist der leichteste und kompakteste Motor im Test. So findet man unter den Shimano-Bikes die leichtesten E-MTBs am Markt. Diese Vorteile gelten genauso für den EP801 – von daher freuen wir uns auf die Wachablösung.
Info: 3:38 Minuten | 2,63 Kilogramm | 85 Nm
Weitere Artikel zum Thema E-Bike-Motoren finden Sie hier: