Tourenfahrräder im Test6 Touren-E-Bikes für jeden Geschmack - divers & unterschiedlich

Georg Bleicher

 · 29.04.2024

Schlank wie ein Bio-Bike können nicht viele Tourer auftreten. Das leichte Canyon schafft’s.
Foto: Helge Tscharn
Touren-E-Bikes kennt jeder, und doch ist der Begriff vage. Wir haben bei den Herstellern angefragt und bekamen 6 verschiedene E-Bikes zwischen SUV, Trekker und Cityrad geliefert. Und damit ein sehr interessantes Feld für unseren Test.

Unsere Vorgaben waren einfach: Tourentauglich, nicht so schwer wie SUV-Bikes und ohne grobe Stollenreifen - das sollte unsere Probanden kennzeichnen. Gern auch wollten wir Diamantrahmen testen, ein Kriterium, dem leider nicht jeder Radhersteller nachkommen konnte. Trotzdem: Wir haben sechs Touren-E-Bikes zwischen 3000 und 7000 Euro gesammelt, die mit ihren unterschiedlichen Charakteren für jeden Geschmack eine Lösung bieten.

Das Radgewicht ist derzeit ein Problemfall, hier tun sich Hersteller oft schwer, Grenzen einzuhalten. Ein Grund hierfür, neben der höheren Robustheit der Rahmen: Höhere Akkuleistungen, mehr Reifenbreite und aufwendige Komponenten wie gefederte, versenkbare Sattelstützen und Federgabeln treiben die Gewichte nach oben.

Schlank wie ein Bio-Bike können nicht viele Touren-E-Bikes auftreten. Das leichte Canyon schafft’s.Foto: Helge TscharnSchlank wie ein Bio-Bike können nicht viele Touren-E-Bikes auftreten. Das leichte Canyon schafft’s.

Wer also nicht dezidiert auf Leichtgewicht-E-Bikes mit kleineren Antriebssystemen setzt – wie unser Canyon im Test – wird auf der Kellertreppe keuchen. Die allgemein tourenorientierte Rahmengeometrie: guter Geradeauslauf und eine sportlich angehauchte Sitzgeometrie, die aktives Fahren zulässt, ohne zu gebeugt zu sitzen, aber auch nicht zu sportlich. Schließlich will man auf Reisen nicht buckelnd dahinzischen, sondern etwas von seiner Umgebung mitbekommen.

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Für Steigungen mit Gepäck ist außerdem ein dynamischer Motor sinnvoll, der auch mit dem Gewicht des Reisegepäcks zurechtkommt. Wir haben mehrere Bosch-Motoren, ein Pinion-Antriebssystem und einen Shimano-Antrieb im Vergleich, die mit 55 bis satten 85 Newtonmetern unterstützen können.

Im Test: 6 Touren-E-Bikes für jeden Geschmack

So bekamen wir sechs Bikes, die alle als Tourer eingesetzt werden können, auch wenn sie auf unterschiedlichen Entwicklungen basieren und auch verschieden ausgestattet sind. Das fängt aber schon bei der Optik an: Der Knaller ist da wohl unser knallrotes Kettler-Rad, das mit seinem selbstbewussten Auftritt die Behauptung “Tourenfahrräder sind langweilig” Lügen straft. Dabei ist es nicht nur der tolle Lack, der hier Eindruck macht: Am fein kreierten Kettenschutz bestätigt sich, dass das Traditionsunternehmen auch Neues kann.

Das <a href="https://yubcbv.fahrrad-xxl.de/ts/i5533923/tsc?typ=r&amc=con.blbn.497955.507800.14129791&smc=BIKE&rmd=3&trg=https%3A%2F%2Fwww.fahrrad-xxl.de%2Fkettler-pinniato-ht-comfort-m000087481" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">Kettler Pinniato HT</a>* Sport beweist schon optisch, dass Touren-E-Bikes nicht langweilig sein müssen.Foto: KettlerDas Kettler Pinniato HT* Sport beweist schon optisch, dass Touren-E-Bikes nicht langweilig sein müssen.

Fahrspaß & Flexibilität: Was das Touren-E-Bike ausmacht

Wie verschieden man den Begriff E-Tourer auslegen kann, zeigt aber auch das neue Canyon Pathlite:On SL: Mit dem neuen Bosch-SX-System, kleinem Akku, einem optimierten Alu-Rahmen und dem Blick fürs geringe Gewicht schaffen es die Koblenzer Direktversender, ein transportfähiges E-Bike mit gerade mal 21 Kilogramm auf die Pneus zu stellen.

Komfort und mehr

Die es eher sportlich lieben und gerne höhere Frequenzen treten, müssen auf dem Canyon Pathlite:On kaum Abstriche machen. Der SX-Antrieb ist trotz seiner 55 Newtonmeter in diesem Bereich leise sowie dynamisch und harmoniert gut mit solchen Beinen. Für die lange Tour gibt's einen Range Extender als Zubehör.

Wer nahezu alle Untergründe als sein Revier ansieht, setzt auf viel Komfort und breitere, stärker profilierte Reifen. Je breiter sie sind, desto größer werden sie aber auch. Manche Hersteller gehen deshalb auf die MTB-Größe 27,5 Zoll. So am Contoura: Hier setzt man auf Komfort und Einsatz auf unebenen Wegen, will aber nicht durch riesige Reifenumfänge allzu viel an definiertem Handling verlieren.

Touren-E-Bikes: Am Contoura Li-8 setzt man auf Komfort und Einsatz auf unebenen Wegen, will aber nicht durch riesige Reifenumfänge allzu viel an definiertem Handling verlieren.Foto: ContouraTouren-E-Bikes: Am Contoura Li-8 setzt man auf Komfort und Einsatz auf unebenen Wegen, will aber nicht durch riesige Reifenumfänge allzu viel an definiertem Handling verlieren.

Ähnlich sieht man das beim Diamant Zouma. Da misst der Reifen über sechs Zentimeter in der Breite, ist aber mit reinem Straßenprofil geschmeidig auf Asphalt – was sich in flott gefahrenen Kurven als Fahrspaß äußert.

Das Velo de Ville, ein Tiefeinsteiger aus der Customschmiede AT Zweirad, zeigt, dass auch Allrounder und Tourer gut zusammenpassen. Die Komfortausstattung, die auch im Alltag praktisch ist, lässt mit den QuL3.1-Adaptern seitlich am Träger für Ortliebs Standardtaschen auch Tourenfans auf ihre Kosten kommen. Oben auf dem Träger kann er dank MIK-HD-Systemträger Alltagsfunktionen mit Korb, Box oder auch Kindersitz erfüllen. Und das Bico Falter schafft dank ABS Hightech-Bremssicherheit auf allen Wegen.


Gepäck und Zuladung

Je länger die Reise, desto mehr das Gepäck. Achten Sie als Marathon-Reisender unbedingt auf einen stabilen Träger mit tiefer Aufnahmemöglichkeit, sprich: zweiter Reling, und bei Bedarf auf die Möglichkeit, Lowrider-Taschen an der Gabel anzubringen. Wichtig dabei: das zulässige Systemgewicht. Bei 75 Kilo Körper-, 30 Kilo Fahrradgewicht und einer Zuladung von 30 Kilo muss das Systemgewicht also mindestens 135 Kilo betragen, damit Sie auf der sicheren Seite sind. Besser ist hier mehr. Hier sind viele Hersteller immer noch gefordert, schließlich wollen auch Menschen mit etwas mehr auf den Rippen Radreisen genießen.


Fahrräder bestellen, Motorräder bekommen?

Gewicht und Komfortansprüche, die sich auch in Federgabeln und zunehmender Reifenbreite sowie im Radstand ausdrücken, wirken sich auf das Handling aus. So rollen unsere Tourer durch die Bank gut bis sehr gut geradeaus. Die Tendenz zu “wie auf Schienen” nimmt aber immer mehr überhand. Das führt dazu, dass manche Räder weniger Fahrspaß und Flexibilität für den Alltag in der City mitbringen. Wer sein Bike für den Radurlaub auch dort viel nutzen will, sollte das Rad mit diesem Hintergedanken Probe fahren.

Die perfekte Übersetzung für Touren-E-Bikes

Wer auch ohne Unterstützung schon mal mit Gepäck und womöglich auch im Hügeligen unterwegs war, weiß: Je mehr Gänge zur Auswahl stehen, desto besser. Doch der Motor hat eine ausgleichende Wirkung, heißt: Wir können auch ohne die jeweils punktgenau passende Übersetzung effizient pedalieren. Klar: Über der 25-km/h-Marke wird es mit Gepäck ohnehin schwierig, daher braucht man kaum sehr lange Gänge.

Trotzdem ist für die Tour ein Fünfganggetriebe auch am E-Tourer nur die Minimallösung. Ideal sind wartungsfreie Gangschaltungen mit 8–12 Gängen in einem Übersetzungsspektrum, das eher in Richtung Berggänge – also “kleine” Gänge – statt in Richtung große Entfaltung geht. Gerade am E-Tourenbike mit Mittelmotor wird im Vergleich dazu eine Kettenschaltung stark strapaziert, da Motor und Mensch miteinander an der Kette zerren und dabei viel Gewicht vorwärts wuppen.

Unterstützte Touren-E-Bikes sind perfekt, um auf Langstrecke unterschiedliche Leistungsfähigkeiten auszugleichen.Foto: Helge TscharnUnterstützte Touren-E-Bikes sind perfekt, um auf Langstrecke unterschiedliche Leistungsfähigkeiten auszugleichen.

Effekt: hoher Verschleiß an Ritzel und Kette. Mit der Pinion-MGU und dem neuen FIT-Steuerungssystem nebst Riesen-Akku ist das Kettler natürlich nicht nur in diesem Zusammenhang gut ausgestattet: Das gekapselte Getriebe ist extrem wartungsarm und sitzt direkt am Motor. Wartungsarm sind auch hochwertige Nabenschaltungen wie die 14-Gang-Rohloff-Nabe oder der stufenlosen Enviolo sowie die neue 3x3-Nine-Schaltung. Motorenhersteller wie Shimano und Bosch können ihre Motoren so anpassen, dass das – elektronisch geregelte – Schalten von Nabenschaltungen möglichst harmonisch vonstatten geht.

Kettenschaltungen verkörpern mehr die sportliche Variante des E-Tourers. Außerdem kann man mit ihnen etwas an Kaufpreis und Gewicht sparen. Gekapselte Schaltungen – zu denen auch die neue MGU von Pinion gehört – können sich aber schnell amortisieren. Die MGU beispielsweise braucht nur alle 10.000 Kilometer eine Wartungseinheit, das Gates-Antriebsriemen-System kann etwa 30.000 Kilometer halten. Ansonsten aber darf man die Hersteller darauf hinweisen: E-Bikes müssen leichter werden. Und Tourenfahrer müssen sich fragen lassen: Braucht ihr so viel Reichweite wirklich? Oder lieber Räder mit niedrigerem Gewicht, die besser transportierbar sind?


Reifen: Wie groß und wie breit?

Wer nur gelegentlich einen Feldweg fährt, braucht keine Pneus mit Stollen, hier tut’s ein leicht profilierter Reifen für gemischtes Terrain auch. Vorteil: Er rollt auf Asphalt leichter und lässt sich noch angenehm steuern. Reifentausch ist aber eine Möglichkeit, das Rad einer neuen Situation anzupassen. Breite bringt bessere Kontrolle auf sandigem, größere Stollen auf matschigem Untergrund. Wichtig: Die Reifendimension muss passen. Wenn ich für matschige Passagen breitere Reifen aufziehen will, muss der Durchlauf in Gabel und Hinterbau darauf ausgerichtet sein. Und auch die Felge muss mit der Radbreite klarkommen – beim Hersteller über die möglichen Reifengrößen informieren!

Es erfordert nicht immer ultragrobe Stollen-Pneus für den Feldweg – unsere Touren-E-Bikes machen’s vor.Foto: Helge TscharnEs erfordert nicht immer ultragrobe Stollen-Pneus für den Feldweg – unsere Touren-E-Bikes machen’s vor.

Sport oder Wellness?

Für viele Menschen wirkt eine möglichst aufrechte Sitzposition auf dem Rad wie der Anfang vom Urlaub. Allerdings wird diese Haltung oft umso anstrengender, je länger die Tour dauert. Zum einen hat der Allerwerteste mehr zu tragen als bei einer ausgewogenen Sitzposition, zum anderen werden die Schultern und Arme von Haltearbeit belastet, und das Rad wird hecklastiger. Wer ganze Reisetage aneinanderhängt, sollte eine leicht nach vorn geneigte Tourenposition einnehmen und sie bei Bedarf gelegentlich auch über einen verstellbaren Vorbau etwas variieren.


Fazit zu den Touren-E-Bikes im MYBIKE-Test

Zwischen knapp 3000 und über 7000 Euro ist eine breite Spanne, und für jeden Touren-Typ ist etwas im Test-Portfolio dabei. Durch die verschiedene Ausrichtung der Bikes überrascht auch die enge Bewertung nicht – jedes ist in einem anderen Bereich gut. Besonders stechen das reichweitenstarke Kettler als Rad mit innovativen Details und das leichtfüßige Canyon hervor. Neben dem geringsten Gewicht kann Letzteres sich auch noch mit dem Sieg in Sachen Preis-Leistung schmücken.

Noten & Bewertung: Alle Touren-E-Bikes im Vergleich

Alle Einzelnoten der sechs Touren-E-BikesFoto: MYBIKEAlle Einzelnoten der sechs Touren-E-Bikes

Nicht aufgeführt ist die Kategorie Service – 5 % Anteil, welche die Endnote nicht verändern. Zusätzliche Garantien geben Canyon, Contoura und Diamant.

* Die Reichweitenangabe bezieht sich auf den mittleren Unterstützungsmodus oder “Auto”-Modus bei aktivem Fahrstil und Gelände mit sehr geringen Steigungen. Beim Canyon wurde von höheren aktiven Trittfrequenzen ausgegangen. Es sind bei allen Rädern Näherungswerte, die bei verschiedenen Fahrern und Bedingungen anders ausfallen können.

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