Das Ghost Urban Asket soll eine echte Gravelgeometrie besitzen, und selbst dafür ist die Position auf dem Rad noch sportlich. Die Vorlage im Oberkörper ist gar nicht extrem, aber der komplette Fahrer ist in Fahrtrichtung verschoben, man sitzt ziemlich direkt überm Tretlager und mit der Nase weit überm Lenker. Das Körpergewicht verteilt sich so recht ausgewogen auf beide Räder, ohne dass die Stützkraft am Lenker zu groß wird. Folge: Das Rad reagiert so direkt und schnell auf Lenkbefehle, ein echter Flitzer. Dabei hilft auch die gerade, aber nicht zu steile Carbongabel, die auch das Gewicht des Alurahmens und vor allem des Vierkant-Innenlagers ausgleicht, nicht mehr ganz up to date! Normalerweise neigen die zu Nachgiebigkeit bei harten Antritten, das war hier überhaupt nicht der Fall.
Zwischen den futuristischen Carbonrennern könnte man meinen, das Rad wäre rückständig. Aber das weniger spröde Material hat auch große Vorteile, gerade beim Gebrauch in der Stadt oder als Packesel, kleine Umfaller oder Stürze kann das Metall besser ab, im Schnitt sitzen auch die Gewinde für Taschen, Träger, Flaschen und Schutzbleche etwas besser, als wenn sie nur eingeklebt sind. Davon hat das Urban Asket jede Menge, man könnte das Rad komplett vollladen, ohne einen Klettverschluss oder Spanngurt zu nutzen. Achtung: Bei 120 Kilo gesamt ist Schluss! Mit noch mehr Masse wären dann auch die Deore-Bremsen überfordert, die mechanische Variante überraschte mit durchaus gutem Druckpunkt und akzeptabler Bedienkraft, aber gerade bei hohem Tempo und viel Systemgewicht wäre eine hydraulische schon besser! Und wie man an den modernen Steckachsen sieht, das Rad bzw. der Rahmen ist ja kein alter Hut.
Den Modellnamen haben wir nicht ganz verstanden, denn das superwendige Ghost Urban Asket ist zwar für den Slalom in der Stadt hervorragend vorbereitet, aber mit der 2-fach-Kurbel, dem steifen Rahmen und den vielen Fixpunkten fühlt es sich auch über Land sehr wohl. Ganz besonders die etwas weniger beweglichen Herren werden die Hüftposition überm Tretlager lieben, auch leidenschaftliche Jogger finden das im Allgemeinen gut. Apropos Geläuf: Da mag das vorlastige Asket eher den Asphalt als losen Schotter. Die recht dicken Reifen schlucken zwar Unebenheiten je nach Luftdruck gut bis sehr gut, der Grenzbereich am Vorderrad ist wegen der Balance aber klein. Mit Stollenreifen ginge das, das würde aber nicht zum Rad passen, genauso wie schwere Taschen oder ein Anhänger – zu viel Gewicht!
Auch wenn uns, wie bei fast allen Rädern, der Lenker zu breit war, hat es extrem viel Spaß gemacht, mit dem superwendigen Ghost durch die Stadt zu fegen, trotz langem Radstand, und dabei die teils einfachen Komponenten zu vergessen. Das Modell ist super für kurze und mittellange Ausfahrten und leichtes Gepäck, trotzdem bieten Mitbewerber schon mehr oder neuere Technik für weniger Geld. Wer kein Technikfreak ist, macht aber hier definitiv nichts falsch. - Timo Dillenberger, MYBIKE-Redakteur
*SR-Quotient: berechnet Verhältnis von Höhe zu Länge des Rahmens; je höher der Wert, desto langgestreckter die Geometrie.