Solch einen Aufbau sieht man nicht so oft, schon gar nicht in der Sportlerklasse. Die Basis des Rubin ist ein echt leichter und dank großvolumigen und/oder querovalisierter Rohre sehr steifer Alurahmen samt Gabel; schaut man sich Reach und Stack-Werte an, liegt das Rad auf dem Level von Rose und Koga, man sitzt aber deutlich aufrechter drauf. Dank dem Kabeltunnel und den Spacern oberhalb des Steuerrohrs sowie dem recht stark erhöhenden Lenker wird aus dem sportlichen Rahmen eher ein Cityrad mit extrem wendigen und dynamischen Fahreigenschaften. Das erleichtert nicht nur das Vorankommen und schnelle Manöver durch die Innenstädte der Republik, die riesige Kassette und die rekordverdächtige Zuladung mit maximal 136 Kilo Systemgewicht wollen geradezu bepackt und durch die Lande pedaliert werden.
Im Gegensatz zu echten Citybikes kann man in dem Setup des Diamant Rubin sogar recht einfach im Wiegetritt fahren, da die Griffe verhältnismäßig hoch, aber nicht so nah dran sind am Körper. So aufgerichtet, leidet die Biomechanik beim wirklich harten Reintreten etwas, das kann man aber umgehen, indem man die große Übersetzungsbandbreite voll ausnutzt. Von den elf Ritzeln wird man im Alltag aber eher nur sieben oder acht nutzen, und selbst da könnte man sich berghoch die eine oder andere Zwischengröße wünschen. Man kommt zwar (fast) überall hoch, aber zum Klettern und hoch sportlichen Radeln ist das Setup nicht perfekt. Das will man in der Haltung aber auch selten, der Mix passt also so weit ziemlich gut, einschließlich der Verkehrsausstattung.
Als einziges Rad im Test kommt dieses mit voller Verkehrsausstattung daher, durfte deshalb auch bis 14 Kilo wiegen. Diese Tatsache ordnet das Rubin noch mehr als Cityflitzer und leichtes Komfortreisebike ein. Noch bemerkenswerter ist die saubere Kabelführung, bedenkt man das Mehr an elektrischer Leitung, die das Rad zu verstecken hat. Bei der vorderen Hydraulikleitung hat es der Monteur mit der Länge etwas übertrieben. Solch aufgeräumte Optik hat man mit Nachrüstlicht, -blechen und -trägern selten.
War es schon schwer, die Gattung Sportrad zu definieren, bei dieser Kombination aus Dynamik und Komfort, fällt uns kein Wort für das Diamant Rubin ein – Halbsportrad vielleicht? Wer keine Lust hat auf Pedelec, gleichzeitig keine Kraft an ein schweres City- oder Trekkingbike verschwenden will und dazu noch auf das flotte Lenkverhalten auch mit Zuladung an Lenker oder Gabel abfährt, kann mit diesem Rad viel Geld sparen und ist dafür halt ein paar Zehntel langsamer.
Wo ein Koga oder Rose mangels Zuladung bei der Tourentauglichkeit leiden, gehen dem Diamant durch die Komforthaltung Sportlichkeitspunkte durch die Lappen. Aber: Genau wie nicht jeder gleich auf Bikepacking-Tour gehen will, steht nicht jedem der Sinn nach Geschwindigkeit. Das Rubin Legere ist hier ein wunderbarer Kompromiss. Das nicht rekordverdächtig, aber ausstattungsbereinigt leichte Bike ist zudem ein Preishammer und hat 40 Jahre Garantie! - Timo Dillenberger, MYBIKE-Redakteur
MYBIKE-Tipp: City/Alltag 1/2024
*SR-Quotient: berechnet Verhältnis von Höhe zu Länge des Rahmens; je höher der Wert, desto langgestreckter die Geometrie