Eins ist klar: Mit einem Preis von fast 6000 Euro und einem edlen Carbon-Rahmen fährt das Simplon Chenoa :e eindeutig in der Premium-Liga. Trotzdem wollten wir das Bike in unserem Test von E-Trekkingbikes mit dem neuen Bosch-Motor mit berücksichtigen und damit auch die Frage klären: Was bringt Touren-Radlern ein Carbon-Rahmen?
Wie die meisten Räder dieser Klasse wurde das Chenoa :e für den neuen Bosch-Motor frisch aufgelegt. Statt in Richtung SUV zu tendieren, setzt Simplon auf ein eher klassisches Trekking-Konzept. Maximal 54 Millimeter breite Reifen passen in den Rahmen, die Geometrie baut auf die goldene Regel von 71/73 Grad bei Lenk- und Sitzwinkel.
In Sachen Ausstattung stellt unser Testbike bis auf die Bremsen die absolute Basis-Variante, mit der man bei Simplon aber schon keine Kompromisse mehr eingehen muss. Die Waage bleibt bei nur 22,4 Kilo stehen. Für ein Trekking-E-Bike mit voller Motorleistung und entnehmbarem Akku ein echter Top-Wert.
Im Simplon Chenoa steckt der neue Performance Line CX von Bosch. Ein echter Top-Motor, entwickelt für sportliche E-Mountainbikes. Aber auch Touren-Fahrer profitieren vom feinfühligen Ansprechverhalten und der hohen Dynamik des CX. Besonders schön: Der Motor ist für ein Aggregat der 85-Nm-Klasse richtig leise.
Der Tretwiderstand über 25 km/h und bei ausgeschaltetem Motor fällt so niedrig aus wie bei keinem anderen klassischen E-Antrieb. Die Reichweite kann sich auch mit 600er Akku schon sehen lassen. Bei mittlerer Unterstützung auf klassischen Touren sind 75 Kilometer kein großes Problem. Wer im Eco-Modus viel selbst tritt, kommt leicht auch noch weiter.
Die haltbare 6000er Cues-Schaltung von Shimano bietet eine ordentliche Bandbreite, der Markenscheinwerfer streut angenehm breit. Mit der starren Carbon-Gabel, dem puristischen Träger und dem 600er Akku ist das Simplon leicht aufgebaut. Großer Vorteil bei Simplon: Im hauseigenen Konfigurator kann die Ausstattung umfangreich auf eigene Vorlieben angepasst werden. Federgabel, Lenker, Bremse oder sogar ein Dual-Battery System stehen auf der Optionsliste.
Neben der starren Gabel und dem mit 600 Wattstunden etwas kleineren Akku ist vor allem das wertige Carbon-Chassis für das niedrige Gewicht des Chenoa :e verantwortlich. Doch die High-End-Faser gilt als anfällig. Ist Carbon also überhaupt die richtige Wahl für ein Trekking-E-Bike?
Das kommt natürlich darauf an. Doch modernes Carbon ist robuster als sein Image. Höchstens starker Druck auf die Rohre oder harte Schläge auf das Material können Carbon überhaupt gefährlich werden. Wer das Bike aslo stets achtsam gegen Haltepfosten stellt und die Halteklammern am Radträger mit Gefühl anzieht, hat nichts zu befürchten.
Sechs Jahre Garantie gewährt Simplon auf den Rahmen. Das gut verarbeitete Rad dürfte aber auch locker nach der dreifachen Zeit noch gut in Schuss sein. Akku und Motor begrenzen die Halbwertszeit deutlich stärker.
Für ein E-Trekkingbike ist das Simplon Chenoa :e richtig leicht. 28 Kilo und mehr sind in dieser Fahrradkategorie keine Seltenheit. Das Simplon wiegt fast sechs Kilo weniger. Das spürt man beim Fahren in geringer Trägheit und direktem Handling.
Noch deutlicher wird der Vorteil, wenn man das Rad anheben oder verladen muss. Hier tut man sich mit dem Simplon deutlich leichter als mit E-Trekkingbikes von 26 bis 28 Kilo. Ein guter Kompromiss auf dem Weg zu echten Light-E-Bikes, die dann aber mit reduzierter Motorleistung auskommen müssen.
Etwas schade: Ein Teil des sportlichen Potentials verpufft beim Simplon im stark gekröpften Lenker. Hier, wie auch beim einfachen Display, schafft optional der Konfigurator Abhilfe. Mit etwas schmaleren Reifen ist das Simplon nicht das komfortabelste Rad, die Starrgabel ist insbesondere gegenüber den günstigen Federgabeln der Konkurrenz aber überhaupt kein Nachteil.
Wir finden sogar: Viel mehr Trekking-Bikes sollten wieder auf starre Gabeln setzen. Sie sind leichter, brauchen kaum Wartung und sind haltbarer. Fahrkomfort kann man gut auch mit möglichst dicken Reifen und einem angepassten Reifendruck von 2 bis 2,5 Bar herstellen.
Einen Nachteil hat das sonst sehr gelungene Simplon dann aber doch: Der Träger mit den asymmetrischen Streben passt nicht zu jeder Packtasche und bietet auch keine Federspange. Auch die Gewichtsfreigabe ist mit 18 Kilogramm eher spartanisch. So ist das Chenoa :e ein guter Partner zum Pendeln und auf Tour. Den Großeinkauf transportiert man aber besser anders.
Mit dem Chenoa :e stellt Simplon einen angenehm leichten Tourer, der viel sportliches Potential mitbringt. Klarer Favorit beim Thema Fahrspaß, mit geraderem Lenker und komfortablerem Sattel wäre noch mehr möglich gewesen. Ein gutmütiger Lastenesel ist das Rad aber weniger. Das hochwertige Finish und der Carbon-Rahmen sorgen außerdem für einen deutlich gehobenen Preis. - Adrian Kaether, Testleiter MYBIKE