Beim „Canyon Grizl 7 Suspension“ kommt eine Gravelbike-Federgabel zum Einsatz. Ein Tipp für sportliche Bikepacker?
Unter den muskelgetriebenen Fahrrädern ist das Gravelbike seit einigen Jahren der Star. Es bedient asphaltmüde Rennradler ebenso wie trendbewusste Berufspendler oder abenteuerlustige Bikepacker, die ihr Gepäck direkt ans Rad schnallen. Die Nachfrage hat auch dazu geführt, dass sich das Segment dieser Geländeräder mit dem gebogenen Lenker aufgefächert hat: Der Markt bietet rennradmäßige Performance-Modelle, vielseitige Allrounder und dick bereifte Survival-Bikes. Mit seinen 45 Millimeter Reifenbreite (bis zu 50 Millimeter sind möglich) sortiert sich das „Grizl“ vom Versender Canyon bei den Allroundern ein – wenn auch bei den vielseitigeren dieser Art: Das Reiserad ist nicht auf direkt an Rahmen und Lenker festgezurrte Bikepacking-Taschen limitiert. Solide Gewindeösen erlauben die Montage herkömmlicher Gepäckträger. Nutzt man die mögliche Reifenbreite aus, sind Gepäcktouren mit Offroad-Anteil definitiv machbar. Doch was das robuste Geländerad von den Mitbewerbern abhebt, ist vor allem seine für Gravelbikes an sich unübliche Federgabel.
Die Marke Rockshox ist der Pionier der Fahrrad-Federgabeln. Bereits vor knapp 30 Jahren traten Rennradprofis mit der luftgefederten „Mag 21“ an, um das für seine Kopfsteinpflasterpassagen berüchtigte Eintagesrennen „Paris-Roubaix“ zu gewinnen. Die aktuelle Gravel-Gabel namens „Rudy“ steht in dieser Tradition. Es ist eine Luftfederung mit eher kurzem Federweg. Ihre drei Zentimeter verändern Geometrie und Handling nicht wesentlich, sollen aber den Kurvengrip in leichtem Gelände und den Komfort spürbar steigern. Sie macht dieses „Grizl“ etwa 700 Gramm schwerer und 200 Euro teurer als die Carbongabel der Schwestermodelle ohne Dämpfung. Ist sie den Aufwand wert?
Weil die Gabel einen kompletten Lockout, sprich eine Versteifungsfunktion, hat, lässt sich der Unterschied zur starren Gabel leicht erfahren. Ergebnis: Auf der Kopfsteinpflasterpassage der Testrunde ist der Unterschied zu ungefederten Gabeln sehr angenehm spürbar. Die Federgabel reagiert sensibel und direkt und fühlt sich so komfortabel an wie ein deutlich dickerer Reifen, ohne dessen schwammiges Kurvengefühl zu verursachen. Doch nach unserer Erfahrung leisten bei so wenig Federweg auch hochwertige gefederte Vorbauten, etwa von Redshift oder Vecnum, Ähnliches – mit geringerem technischem Aufwand. Und so ist es am Ende eher das insgesamt höchst gelungene „Grizl“-Gravelbike als die exotische Federgabel, die dieses Rad begehrenswert macht.
Ein stimmiges Bikepacking-Rad für rauere Radwege, das auch einen Gepäckträger aufnähme. Die gut ansprechende, aufwändige Gabel ist im Reise-Einsatz zwiespältig, denn an der üblichen Starrgabel ließe sich mehr Gepäck festzurren.
Sieht fast aus wie Aluminium, ist aber aus Stahl: Mit seinem steifen Stahlrahmen entkommt das „Contoura FE-9“ der Retro-Nische.
Der Kollege im Testlabor hätte fast zum Magneten gegriffen, um das Material zu überprüfen: Mit einem Oberrohr-Durchmesser von 35 Millimetern und einem 45 Millimeter starken Unterrohr steht das stählerne „Contoura FE-9“ optisch so kräftig da wie ein schlankes Alurad – ein unübersehbarer Unterschied zum deutlich teureren, eher zierlichen Expeditions-Gefährt von Patria aus dem gleichen Werkstoff. Auch die Laufräder protzen mit Volumen: Auf seinen 55 Millimeter breiten Reifen kommt das Reiserad fast bullig daher.
Hinter dem eigenständigen Auftritt stehen gründliche Überlegungen zu den Fahreigenschaften. Sie haben Contoura veranlasst, den Rahmen für das ungewöhnliche Laufradmaß von 27,5 Zoll zu entwickeln. Große 28-Zoll-Laufräder und schwere Reifen, so die Überlegung, entwickeln bei höherer Geschwindigkeit so starke Kreiselkräfte, dass die Contoura-Macher das gewünschte Lenkverhalten gefährdet sahen. Also steuerten sie mit etwas kleineren Laufrädern und hochwertigen, leichten Faltreifen gegen die Lenkträgheit an – so die Theorie. In der Praxis muss das Rad erst mal aus dem Keller getragen werden. 15,6 Kilo mit Pedalen sind etwas mehr als bei den Alu-Leichtgewichten, doch auf der ersten, unbeladenen Testrunde geht das Rad munter vorwärts.
Der Trick mit den etwas kleineren, leichteren Laufrädern kompensiert beim Beschleunigen zumindest gefühlt das Mehrgewicht des Stahlrahmens. Die feinen Stollenreifen, auf etwa 2,5 bar aufgepumpt, entschärfen die Pflasterpassage komplett und greifen beruhigend fest in den feinen Stadtpark-Schotter. Auch mit unserem schweren Testgepäck am Heck steuert das Contoura sehr kontrolliert – als Resultat der hohen Rahmen- und Gabelsteifigkeit, des soliden Gepäckträgers und der leicht vorgebeugten Sitzposition, die ausreichend Last auf das Vorderrad bringt. Ein Kompliment in diesem Zusammenhang: Das Reiserad ist in ungewöhnlich vielen Rahmengrößen zu bekommen, deren Rohrlängen und Winkel sich proportional zur Fahrergröße ändern, um Fahrgefühl und Handling anzupassen. Auch die Option, aus 15 Farben auswählen zu können, verdient Erwähnung.
Solch großer Aufwand, verbunden mit relativ hohem Fertigungsansteil in Deutschland, hat seinen Preis. Um letztlich unter der 2000-Euro-Grenze zu bleiben, ist das „FE-9“ mit einer etwas einfacheren Shimano-Deore-Antriebsgruppe am Start, doch für 250 Euro mehr ist im Konfigurator ein Upgrade auf „XT“ möglich. Im Neuzustand ist vor allem bei der Bremspower ein gruppeninterner Unterschied fühlbar. Die Schaltfunktion ist auch bei der etwas schwereren, einfacher gefertigten Shimano Deore tadellos.
Das „Contoura“ ist ein sehr ausgereiftes, modernes Stahlrad mit vielen Attributen auch teurerer Reiseräder. Auch wenn der Hersteller es als Allrounder sieht: Wir trauen ihm großes Reisegepäck zu.
Das Top-Tourenrad von Cube ist beinahe um den integrierten Gepäckträger herumkonstruiert. Er erlaubt reichlich Zuladung.
Wer damit angefangen hat, lässt sich im Nachhinein schwer feststellen. Der in den Rahmen integrierte Gepäckträger taucht in der Designgeschichte immer wieder auf – schon bei manchen Klapprädern der 1960er und 1970er Jahre. Dort ersetzt er bisweilen die geraden Streben vom Sitzrohr herunter zur Hinterradnabe. Bei den beiden Reiserad-Vertretern dieser Konstruktion im Test (außer Cube noch das Tout Terrain) kommt der mit dem Hinterbau und Hauptrahmen verschweißte Gepäckträger stabilisierend hinzu. Beide Rohrkonstruktionen bilden so eine vielfach verstrebte, verwindungssteife Einheit. Cube vertraut seiner Konstruktion so sehr, dass der Hersteller zwar eine Gewichtsgrenze von 115 Kilo für das Rad plus Fahrer angibt, aber weitere 35 Kilo für Zuladung erlaubt.
Auf der ersten Testrunde ohne Gepäck gibt sich das Rad mit dem fernwehtrunkenen Namen der nepalesischen Hauptstadt gemütlich bis unauffällig. Weiche Ergogriffe und ein komfortabler Sattel, dazu reichlich Übersetzungsbandbreite – die Reise nach Kathmandu würde auf diesem Reiserad eher eine Pilgerfahrt als ein Rennen. Zum wirklich hohen Komfort tragen die voluminösen und geschmeidig laufenden Reifen bei. Auch die luftgefederte Rockshox-Gabel reagiert feinfühlig und komfortsteigernd, wenn der Druck einmal auf das Fahrergewicht justiert wurde. Sie trägt mit ihrer Bauhöhe zu einer insgesamt eher aufrechten Sitzposition bei.
Doch so richtig spannend wird die Angelegenheit, wenn unsere 24-Kilo-Packtaschen zum Einsatz kommen. Macht der Gepäckträger mit seinem im Schutzblech versteckten Horizontal-Holm einen spürbaren Unterschied zu anderen Konstruktionen? In diesem Test, bei dieser Last ist das kaum spürbar, denn auch die anderen Träger sind, nun ja, nicht aus Pappe. Und noch mehr Gewicht auf dem Heck wäre unsinnig, auch wenn der Träger es verkraften würde: Das Aufrechtsitzer-Rad würde damit so hecklastig, dass der Fahrspaß litte. Die hohe Gepäckfreigabe ist also eher stille Reserve, die in Haltbarkeit und Langlebigkeit „investiert“ werden und nicht vollends ausgenutzt werden sollte.
Eine weniger sichtbare Eigenheit des Rades ist sein kleiner Öko-Bonus. Der Kautschuk der seidig laufenden Continental-Reifen soll „nachhaltig“ erzeugt worden sein, das Gehäuse des bewährten Scheinwerfers von Busch + Müller sowie die Schutzbleche bestehen aus Recycling-Kunststoff. Kleine Stilkritik an genau dieser Stelle: Das kantige Profil des hinteren Schutzbleches passt nicht so ganz zum abgerundeten Querschnitt vorne.
Der integrierte Träger macht das Cube zum Gesicht in der Menge – aber nicht automatisch zum Weltreise-Vehikel. Das können die Spezialisten besser. Insgesamt hochwertig ausgestattet zu einem fairen Preis.