Reiserad für GenussreisenDrei Modelle im Test

Jörg Spaniol

 · 11.07.2023

Bild 1
Foto: Jörg Spaniol
Für die Genussreise mit dem Reiserad brauchts nicht viel. Die Bikes des Tests rollen zügig auf guten Wegen und sind für zwei Packtaschen am Heck ausgelegt.

Schlankes Riesen-Rad - Das Giant Fasttour SLR

Vom taiwanesischen Marktriesen Giant kommt ein leichter Kilometerfresser für eher flaches Geläuf. Es ist das preiswerteste Testrad.

Das Giant Fasttour SLRFoto: Jörg SpaniolDas Giant Fasttour SLR

Im Grunde ist mit dem Modellnamen schon alles gesagt: „Fasttour SLR“, das verspricht ein schnelles Reiserad für Touren, und „SL“ steht meistens für die leichte Variante eines Rades. Bei Trekkingrädern ist es meistens die ohne Federgabel, was über den Daumen ein Kilo spart. Gut 13 Kilo für ein vollausgestattetes Tourenrad sind denn auch ein respektabler Wert – zumal in dieser Preisklasse. Dass Giant sich für eine Starrgabel mit Carbon-Scheiden entschieden hat, mag noch ein paar Gramm einsparen. Ein Ausreißer ist in diesem Testfeld ist definitiv die Schaltgruppe. Die „Tiagra“ von Shimano ist ein Rennrad-Ensemble mit nur zwei Kettenblättern vorne. Deren Abstufung folgt mit 50 und 34 Zähnen den Gepflogenheiten sogenannter Kompaktkurbeln, die vergleichsweise leichte Berggänge bereitstellen. Das Zehnfach-Ritzelpaket am Hinterrad reicht von elf bis 34 Zähne, was den leichtesten Berggang auf eine 1:1-Übersetzung begrenzt, sofern man beim Kauf nicht gleich ein größeres Ritzel einfordert.

Sportlich bergauf

Auf der ersten Proberunde ohne Gepäck geht das leichte Reiserad munter voran. Die etwas sportlichere Sitzhaltung, der nur 62 Zentimeter schmale Lenker und die Lenkerhörnchen helfen, sich im Fahrtwind klein zu machen, die fast rennradmäßig eng gesteckten Gänge ermuntern zu zügiger Fahrt. Eine Starrgabel wie diese fühlt sich auch im Wiegetritt deutlich direkter an als eine Federforke – unbeladen bergauf stellen sich beinahe Rennrad-Gefühle ein.

Die Beladung mit unseren schweren Hinterrad-Taschen verändert das Bild schlagartig. 24 Kilo Sandsäcke sind sicher keine typische Beladung für diese Art Rad, doch sie sind zulässig. Die erste Ernüchterung entsteht beim Versuch, die Klemmhaken der Taschen rutschsicher auf der langen Gepäckschiene zu positionieren. Mangels Anschlägen sitzen sie nicht perfekt, doch da lässt sich improvisieren. Auch im Fahrverhalten erweist sich die große Zuladung als störend – nicht nur am Berg, der nun schnell in den ersten Gang zwingt. Die kleinen Bremsscheiben mit 160 Millimeter Durchmesser wirken auf einmal ebenso zierlich wie der schlanke Rahmen, der bei hektischem Lenken ein wenig mehr nachgibt als an einem „reinrassigen“ Reiserad. Mit halbierter Zuladung, wie sie für Hoteltrips mehr als ausreicht, stellte sich wieder ein souveränes Fahrgefühl ein.

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Taiwanesische Sonderwege - das Giant Fasttour

Giant ist ein weltweit führender Hersteller höherwertiger Räder. Die Stückzahl erlaubt es, bei den Anbauteilen eigene Wege zu gehen. So hat die Sattelstütze kein rundes, sondern ein hinten abgeflachtes Profil. Bei Carbonstützen mit langem Auszug kann das spürbare Federwirkung bringen, die Alustütze am Testrad tat zumindest unauffällig ihren Job. Der firmeneigene Gepäckträger ist ein formschönes Detail, und er wirkt solide, doch wegen seiner speziellen Befestigung möchte man auf Reisen ohne Giant-Händler ums Eck kein Austauschteil benötigen – ein Thema, das auch andere Hersteller betrifft.

Unter der Abdeckung versteckt sich die Sattelstützen-Klemmung. Das hinten abgeflachte Profil der Stütze soll den Fahrkomfort steigern.Foto: Jörg SpaniolUnter der Abdeckung versteckt sich die Sattelstützen-Klemmung. Das hinten abgeflachte Profil der Stütze soll den Fahrkomfort steigern.

Details des Giant

  • Preis: 1549 Euro >> hier erhältlich
  • Rahmengrößen: M, L, XL
  • Gewicht Testrad: 13,2 kg
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 161 kg
  • Rahmen: Aluminium, geschweißt
  • Gabel: Carbon, Aluschaft
  • Antriebsgruppe: Shimano Tiagra 2x10
  • Übersetzung: 50/34, 11-34 Zähne, 455 %
  • Bremsen/ø: Shimano Tiagra, 160 mm
  • Reifen: Schwalbe Marathon Racer, 38-622
  • Lichtanlage: Shimano Nabendynamo, Scheinwerfer Busch + Müller Lumotec Eyc, 50 Lux

Vor- und Nachteile

  • Plus: Optisch elegant und technisch schlüssig; geringes Gesamtgewicht
  • Minus: Serienmäßig keine echten Berggänge; suboptimaler Gepäckträger

Fazit zum Reiserad

Der Name „Fasttour“ beschreibt das Reiserad treffend: Wir sehen es idealerweise auf den langen Etappen asphaltierter Flussradwege und mit leichtem Hotel-Gepäck. Seine wahren Stärken liegen im zügigen Pendler-Einsatz und auf Wochenendtrips. Für schweres Gepäck und steile Berge dürfte es kräftigere Bremsen haben.


Schicker Dauerläufer - Das Rose Multisport 3

Das Modell „Multisport“ vom Versand- und Einzelhändler Rose hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Es überzeugt trotzdem.

Das Rose Multisport 3Foto: Jörg SpaniolDas Rose Multisport 3

Weil nahezu alle großen Marken ihre Entwicklungspower im Tourenbereich fast komplett in die Elektro-Abteilung leiten, tritt das Segment der hochwertigen, klassischen Trekkingräder etwas auf der Stelle. Auch in der „XT-Klasse“, benannt nach dem hochwertigsten 30-Gang-Getriebe des Marktführers Shimano, geht nicht mehr viel – zumal selbst die günstigen Vertreter wie dieses Reiserad mit 2000 Euro schon fast in den Preisbereich akzeptabler E-Allrounder ragen. Der Rahmen des „Multisport“ ist insofern ein alter Bekannter, was ja nicht das Schlechteste ist.

Rose hat es nämlich geschafft, einen (nach Herstellerangaben) 1,6 Kilo leichten Rahmen gleichzeitig markant und überzeugend steif zu designen. Der einzige untrügliche Hinweis auf die bereits längere Laufzeit des Modells sind die Ausfallenden an Gabel und Rahmen: Aktuelle Räder mit Scheibenbremsen sind fast immer mit Steckachsen ausgerüstet, die das Laufrad präzise ausrichten und einen Hauch zusätzliche Steifigkeit ins System bringen. Das „Multisport“ kommt weiterhin mit den seit Jahrzehnten bewährten Schnellspannhebeln daher. Wirklich spürbare Nachteile in Sachen Kontrolle, Seitensteifigkeit und Wartung hat das bei diesem Rad nicht. Der Aus- und Einbau geht sogar etwas schneller von der Hand. Bei einem etwaigen Neukauf von hochwertigen Laufrädern würde sich aber bereits jetzt zeigen, wie dünn das Angebot für diesen Achstyp mittlerweile ist.

Vorne luftig

Als einziges Rad in unserer Radwegreise-Testgruppe hat das Rose eine Federgabel, und die ist richtig gut, da variabel: Weil sie mittels einer Luftkammer und nicht einer Stahlfeder funktioniert, können Fahrer und Fahrerinnen aller Gewichtsklassen sie mit so viel oder wenig Druck befüllen, dass die 65 Millimeter Federweg tatsächlich auch genutzt werden. Ein Frontgepäckträger passt nicht ohne Weiteres daran, doch die ganz große Gepäckladung wartet ohnehin nicht im „Multisport“-Revier – auch, weil die relativ schmalen Reifen bei hoher Zuladung an jeder Gehwegkante enorm gequetscht würden, was die Schläuche gefährdet.

Als einziges Rad in unserer Radwegreise-Testgruppe hat das Rose eine FedergabelFoto: Jörg SpaniolAls einziges Rad in unserer Radwegreise-Testgruppe hat das Rose eine Federgabel

Integration und Nutzlast

Wie viele aktuelle Räder versteckt auch dieses schamhaft die vorderen Gepäckträgerstreben unter dem Schutzblech. Ein kräftiges Profil verbindet modisch unsichtbar den Rahmen und den Träger. Die wirklich üppigen Test-Packtaschen (24 Kilo) brachten die Fuhre auch bei raschem Einlenken kaum aus der Spur, obwohl die Sitzposition eher hecklastig ist und nur wenig beruhigendes Gewicht aufs Vorderrad bringt. Die relative Laufruhe dürfte auch an der hoch bauenden Federgabel liegen. Sie flacht den Lenkwinkel ab und nimmt so Nervosität aus der Geometrie.

Aluminium oder Carbon? Die hochwertigen Alu-Rahmen werden aus optischen Gründen an den sichtbarsten Nähten verschliffen.Foto: Jörg SpaniolAluminium oder Carbon? Die hochwertigen Alu-Rahmen werden aus optischen Gründen an den sichtbarsten Nähten verschliffen.

Details des Rose

  • Preis: 1999 Euro >> hier erhältlich
  • Rahmengrößen: 19, 21, 23, 25“
  • Gewicht Testrad: 14,6 kg (inkl. Schloss)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 130 kg
  • Rahmen: Aluminium, geschweißt und verschliffen
  • Gabel: Federgabel Rockshox Paragon Air, 65 mm
  • Antriebsgruppe: Shimano Deore XT Trekking
  • Übersetzung: 3x10, 48/ 36/ 24 Zähne, Ritzel 11-34 Zähne, 574 %
  • Bremsen/ø: Shimano Deore XT, 180/ 160 mm
  • Reifen: Schwalbe Marathon Racer Perf., 38-622
  • Lichtanlage: Shimano Nabendynamo, Scheinwerfer Busch + Müller IQ XS, 70 Lux

Vor- und Nachteile

  • Plus: Überzeugende Federgabel; hochwertige Ausstattung; steifer Rahmen
  • Minus: Für hohe Zuladung zu schmale Reifen; klassische Schnellspanner

Fazit zum Reiserad

Das bewährte „Multisport“ kann vieles richtig gut. Mit der kompletten XT-Antriebsgruppe ist es prinzipiell reisetauglich. Doch seine wahre Stärke ist die Vielseitigkeit, was auch den Alltag und lange Ausflüge einschließt.

Schnörkellos schnell - Das Stevens 8X Lite Tour

Für das „8X Lite“ ruft Stevens 2.200 Euro auf. Auf den ersten Blick wirkt der Hanseaten-Hobel eher schlicht. Ist er seinen Preis wert?

Das Stevens 8X Lite TourFoto: Jörg SpaniolDas Stevens 8X Lite Tour

Seit über 30 Jahren hat die Hamburger Marke einen guten Klang bei Trekkingradlern. Ausgereifte Produkte ohne Schnickschnack zum fairen Preis platzieren die Räder aus dem Fachhandel auch in den MYBIKE-Leserumfragen zuverlässig weit vorne. Das laufend an die technische Entwicklung angepasste „8X Lite“ gehört seit vielen Jahren ins Programm. Stevens selbst verortet es in der Rubrik „City Cross“ als Sorglos-Rad für Pendler, mit ein wenig Tourenpotenzial on top. Wir haben uns vor allem um dieses vermeintliche Extra gekümmert – und einen schnellen Tourer für Sportliche gefunden.

Rasant durchs Land

Dass das wunderbar leichte „8X“ ein Rad mit eigenem Charakter ist, lässt schon die Geometrie erahnen: Sein Radstand ist noch ein paar Zentimeter kürzer als beim ebenfalls sportlichen Giant, sein Lenkwinkel noch eine Prise steiler, das Lenkverhalten dadurch vergleichsweise wendig. Abgemildert wird diese Geometrie durch einen zehn Zentimeter langen Vorbau. Das Ergebnis ist eine nicht extrem gebeugte, aber in diesem Testfeld ausgesprochen sportliche Position. Die erste Proberunde ohne Gepäck machte dem Rennradaffinen Autor entsprechend Spaß: Mit genügend Last auf dem Vorderrad geht das „8X“ souverän durch zügige Kurven. Die trendigen Gravelbike-Reifen von Schwalbe sind so profiliert, dass ihre Mini-Stollen auf Asphalt auch in Schräglage Vertrauen erwecken – bei kerniger profilierten Reifen ist das manchmal nicht der Fall.

Zweite Runde, dieses Mal mit der Test-Beladung von 24 Kilo in Form von Sandsäcken in den Packtaschen. So schweres Gepäck nur hinten zu transportieren ist auf Reisen nicht wirklich clever, doch die Kombination aus Rahmensteifigkeit, solidem Gepäckträger und noch ausreichend Last auf dem Vorderrad bewährt sich: Der vermeintliche „City-Crosser“ kann auch Reise, und das erst recht mit dem typischerweise leichteren Gepäck, das auf Radweg-Touren mit Hotelübernachtung an Bord wäre. Wie zuverlässig und fein dosierbar die mountainbiketauglichen XT- Scheibenbremsen sind, zeigte sich gerade in diesem zu Testzwecken überladenen Zustand.

Grüße aus dem Norden

Ist es die Nähe der Marke zum Radsport, die Heimat im flachen Norden Deutschlands oder unser Missverständnis in Sachen Einsatzbereich? Jedenfalls haben wir einen Knackpunkt gefunden, der ein serienmäßiges „8X“ im Reise-Einsatz einschränkt: Die 3x10-Schaltgruppe ist in der Stevens-Ausführung sehr eng gestuft. Der kleinste Gang mit 28 Zähnen vorne und nur 32 Zähnen am Hinterrad erfordert mit Zuladung am Berg viel Beinkraft und Ausdauer. Bei einem so hochwertigen Rad dürfte der Händler sich jedoch kaum weigern, ein bergtauglicheres XT-Ritzel mit bis zu 36 Zähnen zu montieren.

Durchs vertikale Abstützen des Trägers in den Rahmen kann das Ausfallende schön schlank bleiben, Standardträger passen dafür nicht.Foto: Jörg SpaniolDurchs vertikale Abstützen des Trägers in den Rahmen kann das Ausfallende schön schlank bleiben, Standardträger passen dafür nicht.

Details des Stevens

  • Preis: 2199 Euro
  • Rahmengrößen: 48/ 52/ 55/ 58/ 61/ 64 cm; 46/ 50/ 54 cm (Trapez)
  • Gewicht Testrad: 13,2 kg
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 130 kg
  • Rahmen: Aluminium, geschweißt
  • Gabel: Aluminium
  • Antriebsgruppe: Shimano Deore XT Trekking
  • Übersetzung: 48/ 38/ 28 Zähne; 11-32 Zähne, Umfang 498 %
  • Bremsen/ø: Shimano Deore XT, 180/ 160 mm
  • Reifen: Schwalbe G-One Allruond Perf. 40-622
  • Lichtanlage: Shimano Nabendynamo, Scheinwerfer Busch + Müller IQ-X 100 Lux

Vor- und Nachteile

  • Plus: Leicht, steif, schnell; hochwertige, homogene Ausstattung
  • Minus: Wenig bergtaugliche Übersetzung; mäßiger Komforteindruck Gabel/ Sattelstütze

Fazit zum Reiserad

Ein schnelles, aber nur mäßig komfortorientiertes Rad für Touren mit leichtem Gepäck oder längere Pendler-Strecken. Eine Empfehlung für erfahrene Radreisende mit Vorwärtsdrang.


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