Wie bei vielen Herstellern basiert das SUV-Fully auch bei Giant auf einem E-MTB-Modell. Dem Trail- und Tourenfully Stance E+, das wir schon mehrfach ausführlich testen konnten. Dieses Bike wurde für 2023 neu aufgelegt, entsprechend zeitgemäß ist auch die Konstruktion der SUV-Modellausführung mit dem Kürzel EX. Das schlägt sich besonders in der langen und flachen Geometrie nieder. Der Syncdrive-Motor im Stance E+ wirkt kräftig, obwohl Giant nicht das Top-Modell mit 85 Newtonmetern verbaut. Die Ausstattung ist funktional, insgesamt aber einfach gehalten. Besonders die Tele-Stütze vermisst man im Gelände.
Zum SUV wird das Giant durch die besonders breiten und stabilen Metallschutzbleche, die vorbildlich viel Platz auch für breite Mountainbike-Reifen lassen. Außerdem verbaut Giant ab Werk eine Lichtanlage, für den Gepäcktransport ist der bis 15 Kilo belastbare Heckträger zuständig. Der funktionierte im Alltag gut und wirkte auch bei einseitiger Beladung noch ausreichend steif. Ein Defekt im Trail-Einsatz dämpfte aber den ansonsten guten Eindruck.
Statt Giants Topmotor Syncdrive Pro II (85 Nm) muss das günstige Stance mit dem etwas einfacheren Syncdrive Sport II auskommen. Der bietet mit 75 Newtonmetern immer noch ein anständiges Drehmoment und schiebt das Bike kräftig an. In seinem Charakter gleicht der Sport II dem Pro II: Der Motor reagiert sehr direkt auf den Fahrerinput. Die volle Leistung setzt der Antrieb erst bei sportlichem Tritt frei.
Seine Energie bezieht der Giant-Motor aus einem Akku mit 625 Wattstunden, die Reichweite liegt damit in einem mittleren Bereich. Der Akku kann wie bei Giant üblich per Torx entsichert und dann nach vorne aus dem Unterrohr herausgeklappt werden. Gut gefällt uns die App, mit der man auch bei dem günstigeren Antrieb Unterstützung und Motorcharakteristik feintunen kann. Der Giant Motor fährt sehr direkt und fast ohne Leerweg im Pedal an. Wem das zu zappelig ist, der kann über die App ebenfalls nachhelfen. Größter Kritikpunkt: Das Display Ride Control Dash 2-in-1 könnte etwas knackiger in der Bedienung sein, bei Sonne ist es zudem schlecht ablesbar.
Mit langem Radstand, langen Kettenstreben und flachem Lenkwinkel bietet das Stance E+ moderne Trail-Maße und Laufruhe satt. Gerade im Gelände-Einsatz gefällt die für ein SUV recht tiefe Front und bringt genügend Druck für sportliche Fahrmanöver auf das Vorderrad. Das tiefe Tretlager begünstigt das Trail- und Kurven-Handling. Ein klassisches E-Mountainbike, könnte man sagen.
Schon Rahmen, Motor und Akku kosten jede Menge Geld. Schutzbleche, Licht und Gepäckträger schlagen beim SUV mit zusätzlichen Kosten zu Buche. Wie die meisten E-Mountainbikes unter 4500 Euro muss daher auch das Giant Stance E+ EX mit einem schmalen Budget für die Ausstattung auskommen. Viele Anbauteile am Giant Stance E+ EX sind deswegen wenig glamurös, funktional gehen die ausgewählten Parts aber absolut in Ordnung.
Das Fahrwerk mit XCR 34 Air Gabel und Raidon Dämpfer kommt von Suntour, bewegt sich aber schon etwas oberhalb klassischer Einsteigerware. Mit Luftfedern lässt sich die Vorspannung unkompliziert auf das jeweilige Fahrergewicht einstellen, das Ansprechverhalten geht in Ordnung. Die Tektro-Bremse mit vier Kolben wirkt robust und standfest, brauchte nur in unseren Tests recht lang zum Einbremsen. Eine gute Wahl ist der Rekon-Reifen von Maxxis. Der bewährte Touren-Klassiker bietet gute Rolleigenschaften und passablem Grip im Gelände und dank 2,4 Zoll Breite auch einen guten Fahrkomfort. An einem SUV gefällt besonders die Deore-Schaltung in der auf Haltbarkeit hin optimierten Linkglide-Version. Zwar gibt’s nur 10 Gänge und keine berauschende Bandbreite, im Alltag dürfte diese Schaltung aber besonders lange für zuverlässige Funktion sorgen.
Insgesamt sind das funktionale Bauteile, die sich Giant aber durch ein zentrales Opfer erkauft: Die fehlende Tele-Stütze. Gerade im Gelände ein echter Verlust. Und auch an der Ampel und beim in den Keller wuchten oder verladen schätzt man die zusätzliche Bewegungsfreiheit und die Möglichkeit, den Sattel auf Knopfdruck aus dem Weg zu bringen. Die Tele-Stütze lässt sich auf Wunsch beim Fachhändler für 150 Euro plus Einbau relativ unkompliziert nachrüsten. Wer sich für das Giant Stance E+ EX interessiert, sollte dieses Upgrade aber bei der Planung mit einbeziehen.
Zentrale Sitzposition, breiter Lenker, tiefes Cockpit: Auf Giants SUV sitzt man wie auf einem Mountainbike. Kein Wunder, schließlich unterscheidet sich das Stance EX nur durch die Vollausstattung von Giants klassischen E-Mountainbikes. Die konnten wir schon in anderen Tests ausführlich prüfen. Entsprechend souverän gibt sich das Giant im Gelände und erbt einige positive Eigenschaften seiner schutzblechlosen Brüder. Das Stance E+ EX klettert unkompliziert und ohne dabei je die Spur zu verlieren. Das Heck bietet eine gute Traktion, bergab schluckt das Fahrwerk auch gröbere Schläge. Trotz des hohen Gewichts gelingt es Giant mit dem Stance E+, auch noch einen Hauch sportlich spritziges Handling und damit Fahrspaß zu vermitteln. Hier steckt ein echtes Mountainbike drin, auch wenn die günstige Suntour-Gabel bei Kälte nicht so sensibel arbeitete.
Schade: Schon bei mäßigen Unebenheiten fängt der Seitenständer unangenehm an zu klappern. Ein defekt des ersten Gepäckträgers im Trail-Einsatz hinterließ ebenfalls keinen guten Eindruck. Bei Interesse kann man beim Giant Schutzbleche und Gepäckträger übrigens mit wenigen Handgriffen demontieren. Nur das Kabel für das Rücklicht bleibt zurück. Trotzdem kann man das Bike so – zum Beispiel für den Sommerurlaub – ohne die zusätzlichen Anbauteile nutzen. Das spart ein paar Kilo und macht das Stance EX wieder zum klassischen Trailbike. Im Alltag gefällt das Giant übrigens prinzipiell gut, ein echter Pendel-Spezialist ist es aber nicht. Der breite Lenker bringt etwas mehr Druck auf die Hände als nötig, die Lampe ist mit nur 150 Lumen eher dunkel. Der Gepäckträger mit klassischer Platform ist bis 15 Kilogramm zugelassen und trägt diese Last auch gut, ohne sich dabei übermäßig zu verwinden.
Stärken
Schwächen
Giants Touren-Fully Stance E+* bewährt sich auch in der SUV-Variante. Handling, Motor und Charakter gefallen sportlichen Mountainbikern. Bei der Qualität von Ausstattung und Anbauteilen bleibt aber Luft nach oben.