Georg Bleicher
· 14.10.2024
Mit dem E-Gravelbike Waldwiesel schickte die Stahl-Schmiede Urwahn ein nicht alltägliches Velo zum Vergleichstest. Dieser Rahmen “ohne Sitzrohr” ist so etwas wie ein Markenzeichen. Der charakteristische Hinterbaubogen und einige andere Teile werden bei Spezialisten im 3D-Druck-Verfahren produziert. Aber ein E-Graveler?
Ausprobieren! Die Sitzposition ist komfortabel, aber auch sportlich, per Vorbau-Spacer kann der leicht nach hinten gekröpfte Lenker noch deutlich tiefer gesetzt werden. Vor allem der Oberlenker liegt durch den ovalisierten Querschnitt und das anschmiegsame Lenkerband sehr gut in der Hand.
Kopfsteinpflaster kommt am Po erstaunlich wenig zur Wirkung: Für ein so sportliches Fahrrad gibt sich das Urwahn Waldwiesel mit seinen 45 Millimeter breiten Conti-Terra-Trail-Reifen überraschend komfortabel. Einen Großteil der Dämpfung leistet aber wohl die ungewöhnliche Hinterbaukonstruktion, hier wird einiges weggedämpft.
Noch mehr Leckerbissen: Geschaltet wird elektrisch und knackig per Pinion-Zwölfgang-Getriebe am Bremsschalthebel von TPR rechts. In der Pinion-App lässt sich u. a. einstellen, dass die Automatik beim Ampelstopp einen bestimmten Startgang einlegt. Wäre nur das laute “Sssst” beim Schalten nicht …
Aber diese Pinion-12-fach-Schaltung ist auch so nahezu perfekt und liefert eine Übersetzungs-Bandbreite von 600 Prozent, was überallhin reicht. Die Kraft kommt sauber per Riemen ans Hinterrad. Und zusätzlich per Mahle-Nabenmotor.
Der Mahle x20 in der Hinterradnabe schiebt zügig an, ist aber auch hier kein echter Bergsteiger. Er lässt sich andererseits in mittleren Gängen schon durch Leerpedalieren zum Anschieben motivieren. Dabei harmonieren Mensch und Maschine sonst sehr gut, auch wenn der Hinterradmotor typbedingt nicht so direkt loslegt wie gute Mittelmotorkollegen.
Und: Der Mahle ist praktisch unsicht- und nur wenig hörbar – bei einem so stylischen Rad ein echter Gewinn. Viel Spaß hat man durch das gut austarierte Rad und sein lebendiges Handling auf der Straße wie dem Feldweg, auch wenn man das Mehrgewicht gegenüber dem motorlosen Graveler spürt. Auf beiden Untergründen kommt man mit den Contis gut klar, solange der Matsch nicht vorherrscht.
Die 6448 Euro, die für das Urwahn Waldwiesel verlangt werden, sind kein Schnäppchen. Aber es gibt auch weniger exklusive Räder zu diesem Preis. Und dieses hat sogar noch eine puristische Lichtanlage. Mini, aber wirkmächtig.
Fein, lieb und teuer: Das Urwahn Waldwiesel ist ein exklusives E-Gravelbike mit viel Hightech und hat sicher den höchsten Lifestyle-Faktor. Im Test machten Handling und Komfort durch die spezielle Rahmenform aber auch Spaß.