Liteville 4-One Mk2 im TestGanz in Schwarz durch die Alpen - das neue Liteville-Gravelbike

Das Gravelbike Liteville 4-One Mk2 haben wir ausgiebig getestet. Ist es ein MTB mit Rennradlenker - oder ein echter Graveler?
Foto: Marc Strucken
Wenn vom MTB-Spezialisten Liteville ein Gravelbike kommt, dann gibt es 2 Wege: Entweder das Bike ist etwas völlig Neues, oder es ist ein MTB mit Rennradlenker. Oder? Wir haben das Liteville 4-One Mk2 beim Einzeltest im Wald und vor der Eisdiele der Feuerprobe unterzogen.

Eines ist schon klar bei der ersten Testfahrt um den Plansee, die in Garmisch-Partenkirchen ihren Start und ihr Ziel hat: Das Gravelbike Liteville 4-One Mk2 Pro ist so auffällig unauffällig, dass einige Passanten vor dem Eiscafé Cristallo davor stehen bleiben und schauen. Die Rohre, schwarz wie die Nacht, verlaufen geradlinig und fügen sich zu einem langgestreckten, flachen Hauptrahmen. Die mattschwarzen Anbauteile springen einen nicht an, passen aber perfekt zum schwarz eloxierten Alu-Rahmen.

Das Bike schluckt fast das Licht - wer aber näher tritt, dem zeigen sich die feinen Details: Die Schuppen der Schweißnähte verlaufen elegant, sämtliche Rahmenöffnungen wie Kabelaustritte oder Gewindebuchsen sind penibel gearbeitet und bündig verschlossen; alle Leitungen liegen unter Putz; die wenigen Beschriftungen sind messerscharf ins Eloxal gelasert. Und Langstrecken-Fans erkennen gleich: Der Rahmen bietet Platz bietet für bis zu drei Flaschenhalter.

Eloxiertes Aluminium, bildschöne Schweißnähte: das ist Liteville.Foto: Marc StruckenEloxiertes Aluminium, bildschöne Schweißnähte: das ist Liteville.

Dahinter steht Liteville- und Syntace-Mastermind Jochen “Jo” Klieber, Leichtbauer aus Überzeugung und ein Fanatiker des Weglassens, was die völlige Abwesenheit von Schnörkeln erklärt. Das Liteville 4-One Mk2 ist die modellgepflegte Neuauflage des ersten Gravelrades seiner Marke Liteville. Der Alu-Rahmen mit langem Reach - dazu später mehr - und Stummelvorbau hat einen superflachen 70-Grad-Lenkwinkel, einen langen Radstand und besitzt jetzt einen asymmetrischen Hinterbau.

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Daher stecken darin auch spezielle, symmetrisch eingespeichte Laufräder von Syntace. Weiteres technisches Highlight: das Schaltauge, in dem eine Menge Ingenieurskunst steckt, weil es sich nicht verbiegen kann, dessen Bolzen aber eine Sollbruchstelle hat, um das Schaltwerk im Falle eines Crashs zu schonen. Ein Ersatzbolzen steckt hinter dem Tretlager im Rahmen. Und nicht zuletzt das minimalistische Werkzeug, das in der Hinterradachse steckt. Mit einem 5er-Innensechskant und einem 25er-Torxschlüssel kann man nahezu alle Schrauben am Gravelbike bedienen.



Liteville 4-One Mk2 - Gravelbike oder was?

Liteville bewirbt das 4-One Mk2 als vier Räder in einem: Gravel-, Cross-, Allroad- und Bikepacking-Rad. Aber schon auf der ersten Fahrt wird klar, dass die extreme Laufruhe es als Gravelbike qualifiziert. Zum Crossen fehlt sowohl die Spritzigkeit als auch die Flexibilität beim Tragen, der kompakte Rahmen macht das Schultern schwierig. Letzteres dürfte eher selten vorkommen, denn der 40 Millimeter breite Schwalbe G-One Allround Reifen, tubeless auf extraweiten Syntace-Carbonfelgen montiert, fräst so souverän durch tiefen Schotter wie über weiche Waldboden-Wege. Man möchte fast den Lenker mal loslassen, um zu testen, ob es auch ganz alleine fahren könnte.

Gut abgestützt durch die breiten Felgen sind die Reifen auch mit ­softem Druck auf der Straße noch gut unterwegs, walken nicht und vermitteln dabei guten Komfort. Die dicke P6 Hiflex Carbonsattelstütze (34,9 Millimeter Durchmesser) dämpft spürbar durch ihre Art Blattfederkonstruktion. Das ist auch gut so, denn der Rahmen des Liteville 4-One Mk2 ist ansonsten bocksteif. Die Rohre sind dabei mehrfach konifiziert, ihre Wandstärke ist in kritischen Bereichen mehr als 1,6 mm dick, stellenweise aber bis unter 1 mm dünn. Optional ist der Rahmen auch auf die absenkbare (aber härtere) Eight-Pins-Variosattelstütze vorbereitet.

Die Syntace P6 Sattelstütze ist wie eine Blattfeder konstruiert und flext toll. Mit 34,9 mm Durchmesser kommen Rücklichter und Satteltaschen-Riemen aber eventuell an ihre Grenzen.Foto: Marc StruckenDie Syntace P6 Sattelstütze ist wie eine Blattfeder konstruiert und flext toll. Mit 34,9 mm Durchmesser kommen Rücklichter und Satteltaschen-Riemen aber eventuell an ihre Grenzen.

Der 500 mm breite Syntace Racelite Carbonlenker vermittelt in der unüblich weiten Bremsgriffposition viel Kontrolle, besonders abseits der Straße. Laut Liteville ist es wohl der leichteste Lenker in dieser Breite am Markt. Der fehlende Flare in der unteren Griffposition mutet aber irgendwie altbacken an. Bei schmaleren Schultern fasst man in den Untergriff daher etwas unnatürlich um den oberen Teil des Lenkers “herum”, was nicht sehr komfortabel ist. Ebenfalls ungewöhnlich ist der für ein Gravelbike vergleichsweise lange Reach.

Dafür setzt Liteville beim Sattel serienmäßig auf Komfort: Am 4-One ist der bequeme SQlab 611 Ergowave Carbon montiert, der auch auf langen Touren für entspanntes Sitzen sorgt. Bergab überzeugt die Geometrie mit viel Sicherheit; kleine Sprünge über Rinnen und Ähnliches steckt das Rad souverän und - auch dank der Vollcarbon-Gabel von Columbus - gut gedämpft weg. Klasse: Das Liteville fährt sich dabei klapperfrei.

Weiteres Komfortmerkmal ist die Columbus Futura Adventure Carbon-Gabel. Auch sie dämpft Stöße. Zudem hat sie jeweils drei Bohrungen für Taschen.Foto: Marc StruckenWeiteres Komfortmerkmal ist die Columbus Futura Adventure Carbon-Gabel. Auch sie dämpft Stöße. Zudem hat sie jeweils drei Bohrungen für Taschen.

Liteville 4-One Mk2 - Aluminium in Top-Form

Die funkgesteuerte 12-fache Sram Rival XPLR eTap AXS Gangschaltung an unserem Testrad überzeugte mit flüssigen Gangwechseln und intuitiver Bedienung. In einem Test unseres Schwestermagazins TOUR stellten die Tester fest, dass in den beiden leichtesten Gängen die Kette spürbar unter Schräglauf mahlt. Auch die schwersten Gänge ­liefen dort unsauber, unter hoher Last neigte die Kette gar zum Springen.

Bei unserem Test war davon nichts zu spüren, was gegebenenfalls daran lag, dass bei den Kollegen eine Sram Force-Gruppe verbaut war, bei uns die Rival. Die Ausstattungsvariante mit Force-Gruppe ist auch nicht mehr erhältlich. Grundsätzlich folgt das Liteville-Gravelbike aber einem asymmetrischen Hinterbau-Konzept, bei dem die Kassette etwas weiter außen sitzt als üblich.

Die Übersetzung von einem 40er Kettenblatt zur 10-44er Kassette ist auch für bergigere Touren ausreichend, wenn auch nicht auf dem Niveau einer MTB-Schaltung, die allerdings steile Anstiege oder Fahrten mit schwerem Gepäck erleichtern würde.

In der getesteten Ausstattung kostet das Liteville 4-One Mk2 Pro mit Rival-Ausstattung mittlerweile um 4000 Euro. Der Rahmen alleine wiegt 1376 Gramm und damit rund 300 Gramm mehr als ein leichter Gravel-Carbonrahmen. Mit Pedalen lieg das Mk2 Pro knapp unter 9 Kilo.

Für einen Rahmen aus Alu spricht aber das robuste Design. Rempler im Gelände steckt das Rohr im Zweifel mit einer kleinen Delle gut weg. Das massive T47-Tretlager mit großem Gewinde und das vorbildliche hintere Ausfallende sind Sorglostechnik und gut für viele Kilometer. Liteville gewährt zudem fünf Jahre Garantie auf den Rahmen (plus fünf Jahre vergünstigter Reparatur).

Während Kurbel und Schalthebel aus der Sram Force Reihe kommen, ist das elektronische Schaltwerk ein 12-fach Rival XPLR AXS.Foto: Marc StruckenWährend Kurbel und Schalthebel aus der Sram Force Reihe kommen, ist das elektronische Schaltwerk ein 12-fach Rival XPLR AXS.

Fazit zum Liteville 4-One Mk2 Pro - robust & vielseitig

Das Liteville 4-One Mk2 Pro ist ein robustes, unkompliziertes und vielseitiges Rad, das vor allem durch clevere Details mit hohem Praxisnutzen überzeugt. Auch das zeitlose Design relativiert den für ein Alu-Gravelbike sportlichen Kaufpreis. Zu beachten ist aber, dass das Bike einen immensen Reach-Wert aufweist. Zwar gibt Liteville für die Größe M eine Körpergröße von 168 - 178 cm an. Wer aber die dann sehr gestreckte Sitzhaltung nicht einnehmen kann oder will, ist gut mit einer kleineren Größe beraten. Wir hatten die Möglichkeit, beide Rahmengrößen zu fahren und selbst in S ist die Haltung aus Sicht des 173 cm großen Autors noch als sportlich zu bezeichnen.

Am meisten aber hat die Laufruhe des Liteville 4-One Mk2 Pro überzeugt. Man merkt die vom MTB übernommene flache Geometrie, die das Gravelbike unerschütterlich seine Bahnen ziehen lässt. Dabei ist der Rahmen alles andere als komfortabel, sondern - im Gegenteil - bocksteif. Verbesserungspotential sehen wir und auch Liteville selbst beim Lenker, der derart gerade geformt bei einem Graveler aus der Zeit gefallen wirkt. Seine Dämpfung von Vibrationen zusammen mit Sattelstütze, Gabel und Reifen bringt aber den nötigen und sehr guten Kompromiss aus Rahmensteifigkeit und Fahrkomfort.

Optional gibt es die Twinfix-Halterung für Lupine-Lampe und Garmin-Gerät.Foto: Marc StruckenOptional gibt es die Twinfix-Halterung für Lupine-Lampe und Garmin-Gerät.

Liteville 4-One Mk2 Pro im Detail

  • Preis: ab 4499 Euro (UVP) >> hier erhältlich
  • Gewicht Rahmen/Komplettrad m. Pedalen:* 1376 Gramm/8860 Gramm
  • Rahmengrößen:** S/M/L/XL/XXL
  • Sitz-/Ober-/Steuerrohr: 470/589/150 Millimeter
  • Stack/Reach: 569/415 Millimeter
  • Radstand: 1069 Millimeter
  • Kettenstrebenlänge: 420 Millimeter
  • Lenkwinkel: 70 Grad
  • Sitzwinkel: 73 Grad

Ausstattung

  • Antrieb/Schaltung: Sram Rival XPLR eTap AXS, 12-Fach
  • Brems-Schalthebel: SRAM Force eTap AXS
  • Kettenblatt: Sram X-Sync DM, 40 Zähne
  • Kassette: Sram XG-1271 XPLR, 10-44 Zähne
  • Gabel: Columbus Futura Adventure, Carbon
  • Bremsen: Sram Force (160 Millimeter)
  • Laufräder/Reifen: Syntace W25i/Schwalbe G-One Allround, 40 Millimeter
  • Lenker: Syntace Racelite Carbon, 500 Millimeter
  • Sattelstütze: Syntace P6 Carbon HiFlex, Setback, 34,9 Millimeter
  • Sattel: SQlab 611 Ergowave Carbon, 14 cm Sitzbreite

* Gewogene ­Gewichte

** Herstellerangabe Testgröße fett

Liteville arbeitet bei einem kompletten Set Bikepacking-Taschen mit Ortlieb zusammen. Zu kaufen gibt es das anscheinend momentan nicht (mehr).Foto: Marc StruckenLiteville arbeitet bei einem kompletten Set Bikepacking-Taschen mit Ortlieb zusammen. Zu kaufen gibt es das anscheinend momentan nicht (mehr).

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