Jens Klötzer
· 03.04.2024
Besonders bei einem Gravelbike, das häufig unter rauen Bedingungen wie Staub, Schlamm und Steinschlag eingesetzt wird und wo das Risiko eines Sturzes höher ist als bei einem Straßenrad, zeigen sich bei lackierten Rahmen aus Stahl, Aluminium oder Carbon oft schon nach kurzer Zeit erste Gebrauchsspuren. Ein unlackierter Titanrahmen hingegen bleibt von solchen Abnutzungserscheinungen größtenteils verschont. Selbst wenn er einmal beschädigt wird, lässt sich dies meistens mit wenig Mühe wieder herauspolieren.
Ein gutes Gravelbike sollte zudem robust, haltbar, leicht und bequem sein. Titan könnte für die Robustheit und Haltbarkeit der perfekte Werkstoff für den Rahmen sein, da es als das widerstandsfähigste Material für Fahrradrahmen gilt. Der Schlüssel zu dieser Beständigkeit liegt nicht im Material selbst, sondern in der Tatsache, dass Titanrahmen üblicherweise keinen Lack haben, der beschädigt werden kann. Da Titan weder korrodiert noch altert, benötigen diese Gravelbikes keine schützende Lackierung, die anfällig für Kratzer wäre.
Wir haben uns also im Labor angeschaut, ob die Titan-Räder noch weitere Vorteile gegenüber solchen aus anderen Materialien bieten und für wen sich der Griff zum Edelmetall lohnt.
Titan ist das ideale Material für ein strapazierfähiges Gravelbike, da es selbst bei harscher Behandlung kaum Schäden zeigt. Allerdings sollte man keine besonders leichten oder bequemen Fahrräder erwarten. Positiv zu bemerken ist, dass kleine Anbieter mit innovativen Ideen auf den Markt kommen und die Preise für den Einstieg sinken. Trotzdem ist Titan im Vergleich zu Aluminium und Carbon immer noch recht kostspielig.
Es hat sich herausgestellt, dass die Annahme, Titan würde besonders leichte Rahmen produzieren, nicht zutrifft. Dies gilt insbesondere für die stabiler konstruierten Gravelbikes. Unsere Testrahmen wiegen in der Regel um die 1800 Gramm ohne Anbauteile. Obwohl sie damit 10 bis 20 Prozent leichter sind als vergleichbare Stahlrahmen, erreichen selbst günstige Aluminiumrahmen dieses Gewicht ohne Probleme. Hochwertige Aluminiumrahmen können sogar deutlich weniger wiegen und sind dabei noch preiswerter.
Allerdings kann sehr niedrige Gewicht zulasten der Steifigkeit gehen. Die 5 Gravelbikes in unserem Test sind aber alle beruhigend steif, wiegen aber auch entsprechend – die Heavy Weight Champions sind das Chirp Chirp und Triban. Sie bringen um die zwei Kilo auf die Waage.
Die schweren Rahmen bringen es mit sich, dass die Räder auch mit teuren (also leichten) Komponenten nicht viel leichter gebaut werden können. Titan-Gravelbikes sind selbst mit viel Mühe kaum leichter als 9 Kilo hinzubekommen. Zum Vergleich: Großserien-Gravelbikes aus Carbon in der (relativ niedrigen) Preisklasse um 3000 Euro wiegen ebenso 9 Kilo. Bei Straßenrädern mit Titanrahmen geht die Waage auch bis höchstens 8 Kilogramm herunter.
Nachdem wir zunächst von dem Gewicht etwas enttäuscht waren, kommt schnell die Ernüchterung darüber, dass das Material des Rahmens nicht so bequem ist, wie oft behauptet wird. Unsere Vergleiche zeigen, dass alle Gravelbikes höchstens ein durchschnittliches Komfortniveau bieten; im Vergleich zu modernen Carbon-Fahrrädern sind viele sogar deutlich härter. Besonders Endurance-Bikes mit Carbonrahmen schneiden beim Komfort am hinteren Teil des Rads meist sehr gut ab. Bei Gravelbikes spielt das jedoch eine kleinere Rolle, da die breiten Reifen ohnehin viel Dämpfung schaffen.
Wenn man die klaren Fakten betrachtet, steht das Preis-Leistungs-Verhältnis von Titanrädern nicht besonders gut da, obwohl der Zugang zu diesem edlen Material durch preiswerte Rahmen aus Asien mittlerweile günstiger geworden ist als früher. Aber die Begeisterung für Titan lässt sich nicht allein mit Zahlen erklären. Wer sein Fahrrad schätzt, weil es auch nach langer Zeit noch aussieht wie am ersten Tag, wird den höheren Preis oder das zusätzliche Gewicht wahrscheinlich in Kauf nehmen.
Rot sind die Teilnoten ab 4,0. So sehen Sie, welche Räder wegen schwächerer Einzelnoten für Sie nicht infrage kommen.
*LL = lebenslang, CR = Crash Replacement, RA = Rennausschluss