Das Cannondale ist ein Paradebeispiel für die Entwicklung im Race-Segment. Weg vom Spezialisten, hin zum Alleskönner: Indem das SuperSix eine Symbiose aus Speed, Leichtbau und Komfort eingeht, macht es das aerodynamisch optimierte und schwerere SystemSix nicht nur bei den World-Tour-Profis von EF Education First obsolet.
Unter dem schicken Lackkleid, das sich um Sitzrohr und Sattelstütze wie eine zarte Schicht Blattgold legt, verbirgt sich einer der leichtesten Rahmen (848 Gramm) im Feld. Durch die verhältnismäßig schwere Gabel (435 Gramm) verpasst das SuperSix ein noch besseres Gesamtgewicht, allerdings sind nur zwei Mitbewerber leichter. Bemerkenswert: Das Top-Modell ist trotz One-Piece-Cockpit von Motorsport-Spezialist Momo Design nicht schneller als eine günstigere Ausstattungsvariante mit geklemmtem Aero-Lenker. Mit 210 Watt für 45 km/h fährt das Lab71 trotzdem weit vorne im dicht gestaffelten Peloton.
Konsequenz des Leichtbaus ist die relativ geringe Frontsteifigkeit, die dem Cannondale im Grenzbereich etwas von seiner Spurtreue nimmt. Dagegen federt die Sattelstütze vorbildlich. Die voluminösen Tubeless-Reifen und die gemäßigte Sitzposition runden den hohen Fahrkomfort ab. Über Nackenschmerzen oder Sitzprobleme muss man sich beim SuperSix keine Gedanken machen.
Das High-End-Rad Lab71 ist das Äquivalent zu Luxuslabeln wie S-Works (Specialized) oder CFR (Canyon), bestätigt aber leider auch die Entwicklungsrichtung der Preise in dieser Rad-Kategorie: immer weiter nach oben. Mit 15.500 Euro nimmt das Cannondale den Spitzenplatz im Testfeld ein. Wer weniger Augenmerk aufs Gewicht legt, findet im SuperSix Hi-Mod 2 eine vielversprechende Alternative – und spart 6500 Euro.
Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplettradgewicht in der einheitlichen Testradgröße 56–57 Zentimeter. Wir weisen zur Orientierung aber auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass bei einem mittleren Streckenprofil von 1000 Höhenmetern pro 100 Kilometern die physikalische Wirkung von Gewicht und Aerodynamik für die Durchschnittsgeschwindigkeit vergleichbar ist. Zur Orientierung: Die aerodynamische Optimierung des Rades kann auf solch einer Strecke bis zu knapp vier Kilogramm Gewicht kompensieren. Gleichzeitige Bestnoten in Gewicht UND Aerodynamik schließen sich aus, aber es gibt Rennräder, die einen sehr guten Kompromiss finden. Ist die Strecke bergiger als unsere Referenzstrecke, nimmt die Bedeutung des Gewichts zu, ist die Strecke flacher, wird die Aerodynamik wichtiger.
Luftwiderstand (25 Prozent): Dynamisch gemessen im Windkanal, mit TOUR-Dummy, drehenden Rädern, bewegten Beinen und über ein großes Spektrum von Anströmwinkeln. Verdichtet zu einer Aerodynamik-Note für typische Umweltbedingungen.
Frontsteifigkeit (10 Prozent): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern ausreichend fahrstabile Rahmen.
Tretlagersteifigkeit (10 Prozent): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit einer realitätsnahen Aufspannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.
Komfort Heck (10 Prozent): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahrbahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute Noten bedeuten auch eine ordentliche Fahrdynamik, die sich auf schlechten Straßen positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.
Komfort Front (5 Prozent): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.
Schalten (5 Prozent): Die Schalteigenschaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.
Bremsen (5 Prozent): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Bremskörper, Belägen, Felgen bzw. Scheiben und Zügen sowie Zugverlegung bewertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie lang sind die Bremswege?
Reifen (5 Prozent): Bewertet werden Rollwiderstand und Grip – soweit bekannt aus einem unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahreindrucks.
Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.