Mit sechs Etappensiegen war das Madone das mit Abstand erfolgreichste Rennrad beim diesjährigen Giro d’Italia. Die Lidl-Trek-Profis um Mads Pedersen pilotierten zwar eine exklusive Top-Version, aber unabhängig vom Grand-Tour-Dekor darf auch das Mittelklassemodell für sich in Anspruch nehmen, derzeit zu den auffälligeren Wettkampfrädern auf dem Markt zu zählen.
Verantwortlich dafür zeichnet die fast skulptural anmutende Konstruktion am Sitzknoten, die von den US-Amerikanern als „Isoflow“ bezeichnet wird. Die Aussparung im Hinterbau charakterisierte bereits den Vorgänger, ansonsten teilt das aktuelle Race-Modell jedoch nicht mehr viele Gemeinsamkeiten mit dem einstigen Aero-Rennrad. Die Emanzipation zum vielseitigen Allrounder hängt mit dem Aus des Émonda zusammen. Trek strich das Carbon-Leichtbaumodell aus dem Sortiment, da es von den Profis kaum noch nachgefragt wurde. Zudem setzte der US-Hersteller die achte Generation des Madone auf Diät, wodurch es ähnlich leicht wurde wie das Émonda und in vielen Fahrsituationen zur besseren Wahl. Für das SL 7 trifft das allerdings nur bedingt zu.
Zwar braucht sich das Rahmen-Set mit rund 1.500 Gramm nicht vor der Konkurrenz verstecken; der schwere Laufradsatz der Eigenmarke Bontrager treibt aber das Gewicht nach oben. In steilem Terrain muss das Madone SL 7 dadurch eine Lücke zu den bis zu 700 Gramm leichteren Kandidaten aus der Ultegra-Klasse reißen lassen. Mit dem Bianchi hing nur ein Modell schwerer an der Waage. Und die Aerodynamik?
Auch in dieser Disziplin muss sich das Trek Kritik gefallen lassen. Nachdem bereits die Profi-Maschine mit 216 Watt für 45 km/h sowohl hinter den Erwartungen als auch dem Vorgänger zurückblieb, kommen bei der Testversion weitere fünf Watt hinzu. Im Vergleich reicht es damit erneut nur zu einem hinteren Platz, das letzte Top-Modell des Émonda schnitt im Windkanal nicht viel langsamer ab.
Mehr Wettkampfräder unter 7.000 Euro im Test:
Das Geschwindigkeitsdefizit gegenüber dem mehr als doppelt so teuren SLR 9 resultiert hauptsächlich aus der langsameren Lenker-Vorbau-Kombi. Das Tuning-Potenzial ist begrenzt, da das SL 7 auch mit schnelleren Laufrädern deutlich mehr Tretleistung erfordert als bei den windschnittigsten Fabrikaten unter 7.000 Euro. Im Gegensatz zu einem frühen Testrad mit höherem Rahmen leistet sich das aktuelle Modell dafür keine Schwächen bei den Steifigkeitswerten.
Trotz einfacherer Carbonqualität erreicht das Chassis das Niveau des Top-Boliden und hält auch bei hohem Tempo die Spur. Durch die erstklassige Tretlagersteifigkeit lässt sich die Kraft effizient auf die Straße bringen. Ob die besseren Messwerte auf die unterschiedlichen Rahmengrößen oder auf Schwankungen in der Produktion zurückzuführen sind, lässt sich nicht beurteilen. Die größte Stärke des Madone gegenüber der teils harten Konkurrenz ist der hohe Fahrkomfort. Durch die „Isoflow“-Technologie können sich Sitzdom und Sattelstütze im Vergleich zu konventionellen Konstruktionen frei bewegen, der Federweg ist damit überdurchschnittlich groß.
Am Carbonlenker kommen Vibrationen zwar direkter an, dennoch gibt das SL 7 selbst auf losem Untergrund eine gute Figur ab und erfüllt in dieser Wertung den Anspruch eines Allrounders. Ungewöhnlich in der Race-Kategorie, aber für Hobbyfahrer interessant, ist die Getriebewahl. Wie Bianchi und Wilier schraubt Trek eine Kompaktkurbel ans Rad, kombiniert diese im Gegensatz zu den Italo-Marken aber mit einer bergtauglichen Kassette.
Im kleinsten Gang lässt sich damit eine 1:1-Übersetzung realisieren, die das Klettern trotz des hohen Gesamtgewichts erleichtert. Strammer übersetzt und damit für ambitionierte Piloten besser geeignet sind die SLR-Versionen. Gegenüber dem fair kalkulierten Trek Madone SL 7 muss man allerdings einen Aufpreis von mindestens 2.500 Euro einplanen. Drei Ausstattungsvarianten (ab 3.499 Euro) liegen preislich unter dem Testrad, lassen bei Gewicht und Aerodynamik aber eine noch größere Lücke zum Lidl-Trek-Rad.
Gewicht (25 Prozent der Gesamtnote): Für die Bewertung zählt das gewogene Komplettradgewicht in der einheitlichen Testradgröße 56–57 Zentimeter. Wir weisen zur Orientierung aber auch die Laufradgewichte aus. Die Notenskala ist so gelegt, dass bei einem mittleren Streckenprofil von 1.000 Höhenmetern pro 100 Kilometer die physikalische Wirkung von Gewicht und Aerodynamik für die Durchschnittsgeschwindigkeit vergleichbar ist. Zur Orientierung: Die aerodynamische Optimierung des Rades kann auf solch einer Strecke bis zu knapp vier Kilogramm Gewicht kompensieren. Gleichzeitige Bestnoten in Gewicht UND Aerodynamik schließen sich aus, aber es gibt Rennräder, die einen sehr guten Kompromiss finden. Ist die Strecke bergiger als unsere Referenzstrecke, nimmt die Bedeutung des Gewichts zu, ist die Strecke flacher, wird die Aerodynamik wichtiger.
Luftwiderstand (25 Prozent der Gesamtnote): Dynamisch gemessen im Windkanal, mit TOUR-Dummy, drehenden Rädern, bewegten Beinen und über ein großes Spektrum von Anströmwinkeln. Verdichtet zu einer Aerodynamik-Note für typische Umweltbedingungen.
Frontsteifigkeit (10 Prozent der Gesamtnote): Wichtige Größe für die Lenkpräzision und das Vertrauen ins Rad bei hohem Tempo, ermittelt im TOUR-Labor. Es wird eine Gesamtsteifigkeit am fahrfertig montierten Rahmen-Set ermittelt, also inklusive Gabel. Die Steifigkeitswerte werden gedeckelt. Ziel sind nicht unendlich steife, sondern ausreichend fahrstabile Rahmen.
Tretlagersteifigkeit (10 Prozent der Gesamtnote): Verrät, wie stark der Rahmen bei harten Tritten, zum Beispiel im Sprint, nachgibt. Diese Messung findet ebenfalls im TOUR-Labor statt, mit einer realitätsnahen Aufspannung, bei der sich der Rahmen wie im Fahrbetrieb verformen kann.
Komfort Heck (10 Prozent der Gesamtnote): Ein Maß für die Nachgiebigkeit bei Fahrbahnstößen, gemessen im TOUR-Labor. Es wird ein Federweg bei Belastung der Sattelstütze gemessen. Der Messwert korreliert sehr gut mit den Fahreindrücken und dem Komfortempfinden. Gute Noten bedeuten auch eine ordentliche Fahrdynamik, die sich auf schlechten Straßen positiv auf die Geschwindigkeit auswirkt.
Komfort Front (5 Prozent der Gesamtnote): Analog zum Heck wird die Verformung des Lenkers unter Last ermittelt. Eine gute Note bedeutet viel Federkomfort, was die Hände auf langen Touren entlastet. Starke Sprinter, die viel Steifigkeit wünschen, sollten aber eher auf einen steifen Lenker achten.
Schalten (5 Prozent der Gesamtnote): Die Schalteigenschaften werden im Fahrtest ermittelt. Bewertet wird nicht der Preis oder die Qualitätsanmutung einzelner Komponenten, sondern ausschließlich die Funktion des gesamten Getriebes. Dabei spielen beispielsweise auch die Zugverlegung, die Qualität der Züge und die montierte Kette eine Rolle.
Bremsen (5 Prozent der Gesamtnote): Ähnlich wie beim Schalten zählt auch hier der Test auf der Straße, es fließen zusätzlich die Erfahrungen aus unseren unzähligen Tests von Bremsen mit in die Bewertung ein. Dabei wird nicht das Bauteil selbst, sondern die Funktion als Zusammenspiel von Bremskörper, Belägen und Scheiben bewertet: Wie gut lassen sich die Bremsen modulieren? Wie standhaft sind die Bremsen, wie lang sind die Bremswege?
Reifen (5 Prozent der Gesamtnote): Bewertet werden Rollwiderstand und Grip – soweit bekannt aus einem unserer unabhängigen Reifentests oder anhand des Fahreindrucks. Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.
Die Gesamtnote wird arithmetisch aus den prozentual unterschiedlich gewichteten (Prozentangaben in Klammern) Einzelnoten gebildet. Sie bringt vor allem die sportlichen Qualitäten des Rades zum Ausdruck.