Der HPR 60 von TQ schlägt ein. Während insbesondere Fazua mit dem endgültigen Aus für den Range-Extender Unruhe schürt, startet der Light-Antrieb vom Ammersee gerade richtig durch. Kein Wunder. Seine kompakte Bauform kombiniert der HPR 60 (hier im Test) jetzt mit einem schicken, neuen Display, mehr Power, weniger Derating und einem nach wie vor klassenbesten, superleisen Antriebsgeräusch.
Im Vollcarbon-Rahmen des Stevens steckt der neue HPR 60 von TQ mit bis zu 60 Nm und 350 Watt Spitzenleistung. Das edle Chassis mit Carbon-Hauptrahmen und Carbon-Hinterbau und sogar Carbon-Wippe bleibt zum Vorgänger unverändert. Weiterhin der bekannte Akku mit 360 Wattstunden zum Einsatz. Optional kann die Reichweite per Range Extender noch um 160 Wh verlängert werden.
Wie gehabt kann man die Batterie über eine Service-Klappe mit ein paar filigranen Schrauben ausbauen, ohne den Motor zu entnehmen. Ohne Führungsschiene und mit etwas Geduld und Werkzeugeinsatz ist das keine Lösung für jeden Tag. Zur Not kann die Batterie aber in fünf Minuten aus und eingebaut werden.
Leichte E-MTBs fallen normalerweise in zwei Kategorien. Schnell und superleicht, aber mit wenig Federweg wie Scotts Lumen oder das extrem reduzierte Rotwild R.X275 oder aber klar trailorientiert wie Stevens hauseigenes E-Maverick EN mit 160/150 Millimetern Federweg und meist 19 Kilo aufwärts. Das E-Maverick AM könnte entsprechend für viele eine spannende Option sein.
Mit 140 Millimetern Hub und aufrechter Sitzposition muss man wenig Abstriche beim Komfort machen. Schnelle Reifen sichern einen guten Vortrieb und einen geringen Akkuverbrauch auf Strecke. Besonders das Gewicht beeindruckt. Mit 17,4 Kilogramm fällt das Stevens sogar in R4 (Größe L - XL) richtig leicht aus, trotz mittlerem Hub und stämmiger Gabel.
Und a propos Gabel: Beim Fahrwerk fällt das Modellupdate von Stevens E-Maverick besonders deutlich auf. Statt der Rockshox-Komponenten im Vorgängermodell federt jetzt eine extraleichte Fox 36 SL Factory in Kombination mit einem Float Factory mit dreifach einstellbarer Druckstufe im Heck. Geblieben sind bissige XTR-Stopper, Carbon-Laufräder von DT Swiss und eine X0-Transmission. Mit Shimano-Bremsen und Sram-Schaltung ein ungewöhnlicher aber funktionaler Mix.
Neben unserem Testbike, dem Topmodell AM 9.4.3. für 9499 Euro gibt’s das neue E-Maverick auch als AM 7.4.3. mit etwas günstigerem Rockshox-Fahrwerk. Pike und Deluxe-Dämpfer in Select+ Ausführung fallen aber bereits sehr wertig aus und stehen den Top-Komponenten in Sachen Funktion kaum nach. Geschaltet wird mit mechanischer Shimano XT. Das Modell mit mehr Federweg ED 9.4.3. für 7499 Euro bleibt vorerst unverändert, älterer HPR 50 Motor inklusive.
Cross-Country-Waffe oder Trailbike? Wo die meisten Light-E-MTBs in Richtung der Extreme tendieren, sucht Stevens mit dem E-Maverick die ausgewogene Mitte. Das war schon beim Vorgänger so, beim neuen E-Maverick AM 9.4.3. kommt der ausgeglichen, tourige Charakter aber noch besser durch. Die tiefe Front hat Stevens mit einem Riser-Lenker etwas hochgebockt. So fällt die Sitzposition jetzt spürbar komfortabler aus und man fühlt sich sicherer bei steilen Bergab-Fahrten. Statt der superschnellen Wicked-Will-Reifen gibt’s jetzt einen Nobby Nic am Vorderrad für etwas mehr Grip auch bei widrigen Bedingungen.
Stevens geht dabei aber behutsam vor und trimmt das E-Maverick nicht zu sehr auf den Downhill. Gut so, denn solche Bikes gibt’s schon viele am Markt. Der Vorteil des Stevens: Mit den schnellen Reifen und dem niedrigen Gewicht tritt man im Flachen auch so locker über 25 km/h. Der Motor muss hier erst spürbar mitarbeiten, wenn es bergauf geht oder man ganz am Ende der Tour keine Körner mehr hat. Ein hoher Aktionsradius trotz kleiner und leichter Batterie ist die Folge.
Hier gleicht das Stevens durchaus den Extremos von Scott und Rotwild, fährt sich aber entspannter. Und auch im Gelände bietet das Light E-MTB der Hamburger etwas mehr Reserven. Das Fahrwerk mit 140 Millimetern verträgt auch auf gebauten Trails etwas Tempo. Die neue Fox 36 SL Gabel mit der GripX Dämpfung fällt durch besonders guten Komfort und fährt dem Heck in Sachen Souveränität und Sensibilität sogar noch etwas davon. Klar ist: Die schnellen Reifen fordern bei schlechten Bedingungen auf dem Trail ihren Tribut. Geometrie und Komponenten bieten aber viel Wohlfühlfaktor, auch auf etwas anspruchsvolleren Trails. Wer bergab gern draufhält, findet hingegen passendere Kandidaten.
Neuauflage gelungen. Mit dem verbesserten HPR 60 Motor hebt Stevens das E-Maverick auf die Höhe der Zeit. Die vorsichtigen Spec-Updates lassen das Konzept im wesentlichen unangetastet. Das E-Maverick AM spricht vor allem die Klientel an, die nicht immer nur auf maximale Abfahrtsaction aus ist, lässt trotzdem aber eine gewisse Souveränität im Gelände nicht vermissen. Der Fahrkomfort ist hoch. Gerade für Fans klassischer Touren, die von leichten Fullys für etwas mehr Komfort und leichten Rückenwind bergauf aufs E-Bike umsteigen eine Empfehlung. - Adrian Kaether, Redakteur Test & Technik