Das polnische Label Northshore (NS) Bikes war lange vor allem Dirtbikern und Freeridern bekannt. Mittlerweile bedient die Marke aber die gesamte Bandbreite des Mountainbike-Sports: Von Dirtbikes über Cross-Country-Feilen bis hin zu E-Enduros. Doch so sehr sich die Polen auch spezialisieren, in allen Modellen schlummert noch etwas Gravity-DNA – auch im Trailbike Define 130 AL.
Wie viel Gravity in ihm steckt, offenbart bereits die erste Abfahrt auf unserer Teststrecke in Finale Ligure. „Müsste ich eines der Bikes im Bikepark fahren, dann auf jeden Fall das NS“, bringt es Tester Laurin, überzeugt vom Abfahrtspotenzial des NS Define AL, auf den Punkt. Die Geometriedaten geben ihm recht. Das NS verfügt mit Abstand über den längsten Reach, den üppigsten Radstand sowie das tiefste Tretlager und eine hohe Front. Diese extrem lange und flache Geometrie erzeugt das höchste Maß an Laufruhe im Test, vermittelt am meisten Sicherheit und animiert bergab zum Vollgasfahren. Kurz gesagt: Auf dem NS schießt man am schnellsten bergab. Das Fahrwerk leistet dabei ganze Arbeit – und das, obwohl das NS Define die günstigste Federgabel besitzt. Heck und Front harmonieren gut, sprechen zuverlässig an und verdauen auch harte Einschläge, ohne zu murren. Bravo! Nur das Fox-Fahrwerk im Canyon hat uns noch besser gefallen. Kritik gibt’s für die magere Bremspower der einfachen Shimano-Stopper sowie die Nobby-Nic-Reifen in der billigen Performance-Ausführung. Beides sind limitierende Faktoren bergab.
Entführt man das Bike auf verwinkelte Trails oder serviert ihm gar welliges Terrain mit Zwischenanstiegen, endet die Komfortzone des NS Define abrupt. Zu sperrig fühlt sich der lange Radstand in engen Kurven an. Hier ist viel Körpereinsatz vom Piloten gefragt. Spielerischer Fahrspaß? Fehlanzeige. Erschwerend hinzu kommt das Gewicht des Define 130 – und zwar wortwörtlich. Als einziges Bike mit einem kompletten Alu-Rahmen landet es ohne Pedale bei 15,8 (!) Kilo. Im Vergleich zur Konkurrenz bedeutet das im Schnitt 1,74 Kilo Übergewicht. Die überschüssigen Pfunde lassen einen in knackigen Gegenanstiegen verhungern und verwandeln jedes noch so zaghafte Manöver in einen Kraftakt.
Wer sich dennoch dazu durchringen kann, mit dem NS auf große Tour zu gehen, wird aber positiv überrascht. Denn abgesehen vom hohen Gewicht entpuppt sich das Bike als fähiger Kletterer. Der steile Sitzwinkel gewährt dem Piloten auch in steilen Rampen viel Kontrolle über das Vorderrad, während der sensible Hinterbau auch unter Kettenzug genügend Traktion generiert. Damit lässt das NS in der Uphill-Wertung zumindest die Konkurrenz von YT hinter sich. Nerviges Detail: Um den über dem Lenker liegenden Remote-Hebel der Telestütze zu betätigen, muss man die Hand vom Lenker lösen.
NS Bikes schafft es, mit günstigen Mitteln ein abfahrtsstarkes Trailbike auf die Räder zu stellen. Das hohe Gewicht und die lange Geometrie schränken den Einsatzbereich jedoch zu stark ein. Damit ist das Bike in dieser vielseitigen Kategorie nicht wirklich konkurrenzfähig. Gemessen an der günstigen Ausstattung und dem einfachen Alu-Rahmen fällt der Preis zudem hoch aus.