Florentin Vesenbeckh
· 11.09.2024
Der große Bruder des Conway Ryvon hat uns bereits im ersten Test begeistert. Mit erstaunlich sportlicher Ausrichtung und starken Fahreigenschaften glänzte das teure LT-Modell mit mehr Federweg als vielseitiges Light-Enduro. In diesem Test haben wir uns das Ryvon ST 4.0 vorgenommen. Das hat nicht nur weniger Federweg, sondern kostet auch satte 4000 Euro weniger als der teure Kandidat. Für 6000 Euro will das E-Bike sportliche Trail-Biker in den Fokus nehmen. Der Motor Bosch Performance SX kann mit einem besonders dynamischen Fahrverhalten und toller Spritzigkeit punkten. Auch wenn optisch andere Light-Antriebe noch deutlich kompakter ausfallen.
Identisch mit dem teuren Enduro-Topmodell sind Grundkonzept und Chassis, trotz happigem Preisunterschied. Hauptrahmen, Wippe und Hinterbau sind auch am günstigeren Ryvon ST 4.0 aus Carbon. Bei der Batterie setzt Conway auf eine schnelle Entnahmemöglichkeit. Ohne Schlüssel ist der Compact Tube 400 in Sekunden entnommen. So kann man für lange Touren auf einen Zweit-Akku bauen und die Kapazität auf 800 Wh aufdoppeln. Einen Range Extender kann man hingegen nicht ans Bike klippen. Denn um gewichtstechnisch alles herauszuholen, verzichtet das Ryvon auf eine Ladebuchse. Heißt: Der Akku muss zum Laden zwingend aus dem Bike genommen werden.
Mit 150 Millimetern Federweg und robuster Ausstattung ist das Bike auch in der ST-Ausführung voll auf Trails und Gelände ausgelegt. Dazu gibt´s den beliebten Laufradmix mit 29er-Vorderrad und 27,5 Zoll am Heck. Mit ziemlich genau 20 Kilo bleibt das Bike recht leicht – trotz solider Ausstattung.
Den Grundstein für das Konzept legt der spritzige Bosch Performance SX. Dank hoher Maximalleistung und dynamischer Kraftentfaltung sorgt der kleine Bosch für Fahrspaß bergauf und einen Hauch von Uphill-Flow. Das gilt allerdings nur, solange der Fahrer schnell kurbeln kann. Denn bei niedriger Trittfrequenz fehlt dem SX etwas Drehmoment, um sein Uphill-Versprechen wirklich umzusetzen.
Das gilt an warmen Sommertagen auch für lange Anstiege. Denn hier reagiert der kleine Bosch recht empfindlich auf anhaltenden Turbo-Betrieb und reguliert verhältnismäßig früh seine Leistung. Motoren wie der Fazua Ride 60 und der Specialized SL 1.2 zeigen sich hier standfester. Schade: Auf dem Trail klappert der Performance SX aus dem Getriebe.
Besonderheit ist der schnelle Akku-Wechsel. Das prädestiniert das Ryvon auch dafür, für lange Touren die Reichweite mit einem Zweit-Akku aufzudoppeln. Kleiner Nachteil: Der Akku muss zum Laden zwingend entnommen werden, da das Bike keine Ladebuchse hat. Das macht auch die Verwendung eines Range Extenders unmöglich.
Wow, so progressiv war ein Conway-Chassis selten gezeichnet! Langer Reach, flacher Lenkwinkel, kurze Kettenstreben: Das Bike wurde für sportliche Trail-Fahrten und Spaß im Gelände entworfen. Der sehr steile Sitzwinkel ist ebenfalls topmodern und platziert den Fahrer weit vorne im Bike.
Die Ausstattung des Ryvon ST 4.0 ist zwar wenig glanzvoll, dafür aber sehr sinnvoll gewählt. Vor allem für den Einsatz im Gelände und auf Trails, die gerne auch anspruchsvoller ausfallen dürfen. Besonders griffige Reifen mit Schwalbes Ultrasoft-Gummi an der Front, starke Bremsen, ordentliches Rockshox-Fahrwerk, das passt! Gespart wird hingegen bei der günstigen Sram NX Eagle. Dadurch leidet auch die Bandbreite ein wenig.
Hoppla, wo sind wir hier gelandet? Mit dem gemütlichen Feeling, das man bisher von Conway-E-Bikes gewohnt war, hat das Ryvon ST nichts zu tun. Das Bike ist ein Supersportler! Dank sehr steilem Sitzwinkel und spritzigem SX-Motor erklettert es steile und technische Anstiege erstklassig. Dabei bringt die nach vorne geschobene Sitzposition viel Kontrolle.
Beim gemächlichen Pedalieren in der Ebene liegt hingegen viel Last auf den Handgelenken, Punktabzug beim Tourenkomfort. Abkassieren kann das Ryvon dafür in der Abfahrt. Auf flowigen Strecken begeistert es mit ausgewogenem und spaßigem Handling – auch wenn die schweren Laufräder Spritzigkeit kosten. Tuning-Potenzial! Es lässt sich leicht aufs Hinterrad und in die Luft bewegen.
Zeigt der Trail Zähne, hält das Ryvon dagegen. Der lange Radstand und der flache Lenkwinkel generieren viel Laufruhe und Nehmerqualitäten. Der besonders griffige Vorderreifen mit weichem Supersoft-Gummi ist ein zusätzlicher Sicherheits-Boost, auch die starken Bremsen geben ein gutes Gefühl. Das Rockshox-Fahrwerk arbeitet solide, ohne zu glänzen. In Summe kann das Ryvon ST im Trail und Downhill überzeugen.
Das Conway Ryvon ST ist ein richtiger Geländekünstler. Ob fieser Uphill, spaßiger Trail-Ritt oder harter Downhill: Hier funktioniert das Ryvon erstklassig. Mit hochwertigerem Fahrwerk wäre sogar noch mehr drin! Top: Wechsel-Akku. - Adrian Kaether, Testautor EMTB Magazin