Jan Timmermann
· 18.03.2024
Dass das Unit X, nach eigener Aussage von Kona, das meistverkaufte Modell der Marke ist, mag auf dem ersten Blick verwunderlich erscheinen. Doch in einer hochtechnisierten Welt, in der Mountainbikes immer komplizierter und teurer werden, strahlt das zeitlose Stahl-Bike einen ganz besonderen Charme aus. Für das Freiheitsgefühl auf einem MTB und bei Bikepacking-Abenteuern braucht es ja eigentlich nicht viel.
Für schlappe 1699 Euro bietet das Kona Unit X aber eine ganze Menge. Rahmen und Starrgabel sind aus filigranem Reynolds 520 Stahl. In dessen Dauerhaltbarkeit legen die Kanadier viel Vertrauen und gewähren dem Erstbesitzer eine lebenslange Garantie. Eine moderne Hardtail-Geometrie und diverse Anschraubpunkte für den Gepäcktransport sind auch Teil des Deals. Wird das Kona Unit X seinem Allround-Anspruch im BIKE-Test gerecht werden?
Ohne Federgabel und mit seiner einfachen Ausstattung fällt das Kona Unit X etwas aus dem Rahmen der ansonsten bei BIKE getesteten Hardtails mit Race-Ambitionen. Der Kanadier mit dem schmalen Rohrsatz gibt sich nicht einmal die Mühe mit leichten Crosscountry- oder Marathon-Bikes zu konkurrieren, sondern schreibt seine ganz eigenen Regeln. Kona bietet das Unit in zwei Versionen an. Ohne Namenszusatz ist das Stahl-MTB sogar noch unkomplizierter und kommt ohne Gangschaltung als Singlespeeder. Möglich macht das eine variable Kettenstrebenlänge durch horizontal verschiebbare Dropouts. Vier massive Schrauben lassen sich zum Spannen des Antriebsstrangs lösen und bombenfest wieder fixieren. Das Modell Unit X liefert Kona mit Zwölffach-Schaltung aus. Dank identischem Rahmen ließe es sich aber auch jederzeit auf Singlespeed umbauen.
In Sachen Langlebigkeit hat der Minimalismus am Kona Unit X klare Vorteile. 31,6 Millimeter Sattelrohrdurchmesser ließen theoretisch auch eine große Auswahl an Teleskopstützen zu. Ähnlich, wie an der Gabel gilt aber auch hier: Was nicht da ist, kann nicht kaputt gehen. Stattdessen gibt es von etwas anderem eine ganze Menge. Neben Montagepunkten für Gepäckträger und Schutzbleche besitzt das Kona Unit X gleich drei Flaschenhalteraufnahmen. Dazu lässt sich auf dem Oberrohr eine Tasche fest verschrauben und die Stahl-Gabel bietet je Seite weitere drei Gewinde für den Transport von Gepäck. Für Fahrer bis zu 113 Kilo Körpergewicht gibt Kona das Bike frei. Zusätzlich dürfen 24 Kilo Equipment transportiert werden.
Verglichen zu anderen Trail-Hardtails schneidet das Kona Unit X in der Labor-Wertung leider schlecht ab. Fahrfertig wiegt das Bike knapp 15 Kilo - ein Wert, der eher von Allmountainbikes mit 150 Millimetern Federweg bekannt ist. Zurückzuführen ist das natürlich auf den schweren Stahlrahmen, aber auch das überaus hohe Laufradgewicht. Auf den WTB-Laufrädern mit breiten Felgen sitzen 2,6 Zoll fette Maxxis Rekon Reifen mit Schlauch. Insgesamt kommen über 5,8 Kilo rotierende Masse zusammen. Dieses Übergewicht macht sich nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch in der Praxis bemerkbar. Um das Kona Unit X in Bewegung zu setzen ist sehr viel Kraft notwendig. Der Antritt gelingt nur widerwillig und bis das 29er Hardtail auf Tempo gebracht ist, sind andere Bikes schon über alle Berge.
Auch bergauf lässt sich das hohe Gewicht des Stahl-Bikes nicht wegdiskutieren. Zwar wird der Fahrer durch das lange Oberrohr sportlich über den Rahmen gespannt, die hohe Front entschärft die Sitzposition aber deutlich und so geht es auf dem Kona Unit X in der Ebene und am Berg nur gemütlich voran. Der 75 Grad steile Sitzwinkel hilft beim Klettern eine effiziente Fahrposition einzunehmen, macht das Kona aber alleine leider nicht schneller. Immerhin besitzt die einfache Shimano Deore Schaltung einen leichten Klettergang. Durch die günstige Kassette mit minimal 11 Zähnen fehlt die Antriebsbandbreite wiederum bergab.
Obwohl Stahlrahmen per se für gute Flex-Eigenschaften bekannt sind, kommt durch die Sattelstütze mit dem großen Durchmesser nur wenig Sitzkomfort beim Fahrer an. Einen deutlich größeren Einfluss auf den Komfort haben die Breitreifen. Leider gönnt Kona diesen ab Werk kein Tubeless-Setup, sodass das Bike für die volle Nutzung dieses Vorteils erst umgerüstet werden muss. Die Dämpfung der Dicken Griffe schont auf Tour derweil die Handgelenke.
Ich habe auf dem Vorgänger des Kona Unit X selbst eine zweimonatige Bikepacking-Tour quer durch Europa bestritten. Auf 3000 Kilometern und 40.000 Höhenmetern war mir das robuste Stahl-Chassis ein zuverlässiger Begleiter. Für den sportlichen Einsatz empfehle ich allerdings ein tieferes Cockpit und ein deutliches Gewichtstuning - vor allem an den Laufrädern. - Jan Timmermann, BIKE-Testredakteur
Für den sportlichen Einsatz trägt das Kona Unit X zu viele Pfunde auf den Stahl-Rippen. Vor allem die extrem schweren Laufräder sind eine Spaßbremse. Für lange Touren mit gemächlichem Tempo taugt die komfortable Sitzposition gut. Das günstige Stahl-Hardtail ist weder Race- noch Trailbike, sondern vielmehr ein fähiger Packesel für sorglose Bikepacking-Ausflüge.