Jan Timmermann
· 25.11.2024
Im Duell mit den besten Race-Hardtails der Welt hat das Storck Rebel.4 Platinum einen entscheidenden Preisvorteil. Für das Komplettbike verlangt Storck nicht einmal die Hälfte der Summe, welche für die High-End-Optionen von Pinarello und Cannondale aufgerufen werden. Trotzdem ist der Einzelpreis des Rebel-Carbon-Rahmens sogar höher, als die Leichtbau-Konkurrenz von Bike Ahead. Geht das Konzept teurer Rahmen, günstiges Bike im Test auf? Die Fakten sind vielversprechend: Das Storck Rebel.4 Platinum ist das leichteste Mountainbike, das Storck jemals gebaut hat und besitzt mit 110 Millimetern Federweg eine Extraportion Reserven für den Fahrspaß im Gelände. Dazu soll ein kontrollierter Flex im Carbon-Rahmen für mehr Komfort sorgen. Wir waren sehr gespannt, wie das Storck Rebel.4 Platinum unter den aktuell heißesten Hardtails des Planeten mithalten kann.
Fans des Cross-Country-Worldcups dürfte das Storck weniger ein Begriff sein, als etwa die Race-Bikes von Cannondale oder Pinarello. Die Hessen unterhalten kein eigenes Mountainbike-Rennteam, und haben ihr Profil seit Jahren vor allem im Rennrad- und Gravelbike-Bereich geschärft. Trotzdem will Storck auch auf dem Markt für schnelle MTB-Hardtails punkten. Bereits 2022 hatten wir das Storck Rebel.4 im ersten BIKE-Test. Damals attestierten wir dem Außenseiter ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und hohe Touren-Ambitionen. Das Topmodell mit dem Namenszusatz Platinum besitzt ein gut 250 Gramm leichteres Chassis, als das Rebel.4 Pro, dessen Rahmen Storck noch immer für 1999 Euro im Programm führt. Aktuell ist das Platinum-Komplettbike auf 3199 Euro reduziert (Stand 11/2024). Unser Testbike bringt es dank einem Upgrade auf Carbon-Laufräder von DT Swiss auf 4199 Euro.
Beim Thema Kosten spielt das Storck Rebel.4 Platinum in einer ganz anderen Liga, als die Konkurrenz. Keine Frage: 4199 Euro fürs Komplettbike sind keinesfalls günstig. Trotzdem bekäme man für den Preis des zweitgünstigsten Testkandidaten, dem Bike Ahead The Frame, bei Storck gleich zwei komplette Bikes mit Carbon-Rahmen, Carbon-Laufrädern und solider Ausstattung. Im Verhältnis zum 11.000 Euro teuren Pinarello Dogma XC scheint das Storck gar ein Schnäppchen zu sein. Erst recht, wenn man die Einzelpreise für die Rahmen vergleicht. Das Preisschild des Rebel.4-Platinum-Rahmens ist auf Augenhöhe mit anderen High-End-Hardtails. In unserem Test ist der Rahmen des Storck nicht nur günstiger, sondern auch etwas leichter als der des Pinarello, kann beim Preis-Gewicht-Vergleich aber nicht mit dem Bike Ahead mithalten:
Es ist wie Tag und Nacht, hell und dunkel: Im Auslieferungszustand unterscheiden sich die Sitzpositionen auf Storck und Pinarello massiv. Allerdings ist es nicht wie Gewinnen und Verlieren, gut und schlecht. Im Vergleich zur rassigen Konkurrenz sitzt man auf dem Rebel deutlich aufrechter, entspannter. Selbst als wir alle Spacer unter dem Cockpit nach oben verbannt und den Vorbau in die negative Winkel-Stellung gebracht hatten, zeigte das Storck nicht die angriffslustige Fahrposition der Mitstreiter. Einerseits liegt das am leichten Rise des Lenkers, andererseits teilen sich Cannondale und Storck mit ihren etwas längeren Federgabeln den Höchstwert beim Stack.
Zusätzlich verbaut Storck am Rebel.4 Platinum eine nach hinten gekröpfte Stütze. Somit rückt die Sitzposition im Verhältnis zur sportiven Konkurrenz weit nach hinten und die Treteffizienz an steilen Rampen leidet. Insgesamt passt die Fahrposition auf dem Storck am wenigsten zum Anspruch einer radikalen Rennmaschine. Vielmehr sitzt es sich komfortabel auf dem Bike. Für klassische MTB-Touren ist das durchaus positiv zu bewerten. Der Gewichtsnachteil des günstigeren Storck ist abseits der Rennstrecke vernachlässigbar. Auf der Jagd nach Sekunden kann das Konzept aber nicht vollends überzeugen. Racer sollten zumindest eine gerade Stütze montieren. Mit leichten Carbon-Felgen und schmalen Reifen sichert sich das Storck den zweitbesten bei der Laufradbeschleunigung. Im Gelände können die Schwalbe-Gummis mit der günstigen Performance-Mischung nicht überzeugen. Hier ließen sich Traktion und Rollwiderstand noch leicht tunen.
Überhaupt bleibt es uns ein Rätsel, weshalb Storck an einem immerhin 4200 Euro teuren Bike eine solch billige Reifen-Option wählt. Gerade am Hardtail wird dieses Ausstattungsdetail hart abgestraft. Die schwache Dämpfung der Einsteiger-Pneus generiert zusammen mit der dicken Alu-Sattelstütze wenig Sitzkomfort - da kann der Rahmen noch so aufwändig konstruiert worden sein. Auch bergab leidet das Sicherheitsempfinden unter der Reifenwahl. Dagegen macht die Shimano XT Bremse einen hervorragenden Job, glänzt mit Power und Dosierbarkeit. Generell ist es schön zu sehen, dass Storck eine lupenreine XT-Ausstattung spezifiziert. Auch, wenn hier noch mechanisch die Gänge gewechselt werden, so ist die Funktion doch auf einem sehr hohen Niveau.
Geht es auf dem Cross-Country-Trail gen Tal zeigt sich das ausgewogene Handling des Storck Rebel.4 Platinum von der gutmütigen Seite. Ohne extreme Geo-Werte und mit einem eher steilen Lenkwinkel von 68,3 Grad steuert sich das Hardtail auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten noch unkompliziert durch Schlüsselstellen - ganz anders zum Beispiel als das lang-flache Pinarello. Die DT Swiss Federgabel macht einen guten Job, kann mit der Souveränität der Luxus-Gabeln von Fox und Cannondale aber nicht mithalten. Alles in allem muss das Storck die teureren Test-Gegner in radikalen Downhills schnell ziehen lassen. Obacht bei hohem Körpergewicht: Im Hauptrahmen besitzt das Rebel.4 die geringste Steifigkeit unseres Testfeldes.
Das Gewicht des Komplettbikes ohne Pedale ermitteln wir im BIKE-Testlabor. Das Laufradgewicht versteht sich pro Satz mit Reifen, Kassette und Bremsscheiben. Bei der Laufradträgheit gilt: Je niedriger der Messwert, desto leichter zu beschleunigen.
Note Fahrverhalten (45%): 2,96
Note Labor (30%): 2,00
Note Ausstattung: 2,48
Das Storck Rebel.4 Platinum ist ein Tipp für Biker, die ein edles Hardtail für Touren in leichtem bis mittleren Gelände zu schätzen wissen. Die Ausstattung ist absolut funktional und die Geometrie bewährt. Kleine Details trüben den Gesamteindruck. Hardcore-Racer und Perfektionisten müssen mehr Geld ausgeben oder eine andere Option wählen. Der Rahmen besitzt aber Potential. - Jan Timmermann, BIKE-Testredakteur
Pro
Contra