Jan Timmermann
· 17.03.2024
Als das VPace C4M an der Waage hängt, heben sich unwillkürlich die Augenbrauen der Mitarbeiter unseres BIKE-Testlabors. 8,19 Kilo sind ein seltener Anblick in Zeiten, in denen Mountainbikes immer schwerer zu werden scheinen. Aktuelle Enduros und sogar All Mountain Bikes bringen schon mal das doppelte Gewicht zusammen. Logisch: Die leichte Carbon-Starrgabel spart selbst im Vergleich zu den leichtesten XC-Federgabeln einiges an Ballast ein. Nichtsdestotrotz ist das Gewicht des C4M beim Anheben überaus beeindruckend. Nun wissen wir in der BIKE-Redaktion allerdings seit langem, dass eine kleine Zahl auf der Labor-Waage noch lange kein gutes Racebike macht. Umso gespannter waren wir, das Leichtgewicht ins Gelände zu entführen.
Die fehlende Knautschzone alleine erklärt das niedrige Gewicht des VPace Hardtails nur zum Teil. Wo die hauseigenen Anbauteile vieler Hersteller bei “Weight-Weenies” wenig Begeisterung auslösen, wählt VPace einen anderen Weg und verbaut bei Starrgabel, Sattel, Lenker und Alu-Sattelstütze eigene Produkte mit Leichtbau-Potential. Der 740 Millimeter breite Flatbar-Lenker ist ebenso aus Kohlenstoff, wie das Gestell des minimalistischen Sattels. Dünne und superleichte ESI-Silikongriffe bilden die Kontaktpunkte zum Cockpit.
Maguras MT8 Race-Bremsen mit Storm SL Scheiben belasten die Waage kaum und auch die (nach heutigen Standards) schmalen Schwalbe-Reifen korrigieren das Gewicht nach unten. Letztere bestückt VPace ab Werk mit dünnen Schwalbe Aerothan Schläuchen, welche einem Tubeless-Setup in Sachen Leichtigkeit kaum nachstehen. Srams mechanische GX Eagle liefert satte 520 Prozent Bandbreite ohne das Mehrgewicht eines Akkus zu benötigen.
Dann wäre da noch der Custom-Laufradsatz, welcher mit VPace-Naben und Duke-Felgen sehr gute Beschleunigungswerte auf dem Prüfstand liefert. Das Herzstück des leichten VPace Hardtails ist aber natürlich der Rahmen. Dieser spart durch den Verzicht auf Öffnungen am Steuerrohr ein paar zusätzliche Gramm. Die Leitungen für Schaltung und Bremse werden durch den Steuersatz ins Innere des Rahmens geführt. Beim Fehlen jeglichen Rahmenschutzes an der Kettenstrebe wird der Minimalismus aber fragwürdig. Immerhin: Ein Lenkanschlagsbegrenzer soll bei einem Sturz verhindern, dass die Armaturen ins Oberrohr rauschen.
Ganz in Schwarz gehalten passt die Optik des C4M hervorragend zum sportiven Understatement an der Waage. Schön, dass der Preis mit 3199 Euro absolut fair bleibt. Bestellen ließe sich das VPace auch mit Federgabel (Aufpreis 350 Euro) und elektronischer Sram GX Eagle AXS Transmission Schaltgruppe (Aufpreis 250 Euro). Bekannt ist VPace vor allem für durchdachte Kinderbikes sowie ein großes Engagement in der Nachwuchsförderung. Das C4M Hardtail beweist, dass die kleine Marke aus Baden-Württemberg auch ein interessantes Mountainbike für Erwachsene im Programm hat.
Vom ersten Meter an bestätigen sich die guten Beschleunigungswerte aus dem Prüflabor. Beim kleinsten Zucken der Kurbel schnellt das C4M nach vorne. Das Carbon-Hardtail ist nicht nur deutlich leichter, sondern auch agiler vom Fleck weg, als die meisten Gravelbikes. Auf Asphalt und Schotter gibt es kein Halten: Diese Leichtigkeit des Seins macht einfach Laune! Passend dazu bringt das VPace seinen Piloten in eine sportliche Sitzposition. In Kombination mit dem ausladenden Reach von 463 Millimetern (in Größe L) spannt ihn der 80 Millimeter Vorbau geräumig übers Bike.
Die tiefe Front mit Flatbar tut ihr übriges und sorgt dafür, dass das C4M mit viel Druck auf der Front nach vorne geht. Für gemütliche Touren und sehr lange Runden könnte das vielen Bikern zu viel des Guten sein. Sie sollten den Vorbau in die positiv-gewinkelte Stellung drehen. Ein erprobter Tuning Tipp für Bikes mit frontlastiger Fahrposition wie das VPace: Inner-Barends. Nicht nur bringen die “Hörnchen” eine zusätzliche Griffoption für belastete Hände, sondern auch aerodynamische Vorteile, die sich auf den Vollblut-Racer hervorragen nutzen lassen.
Dank Starrgabel und guter Steifigkeit verpuffen auch im Wiegetritt keine Watt. Steile Rampen fetzt es sich mit dem leichten VPace deutlich explosiver hinauf, als mit zwei- oder gar drei Kilo schwereren Bikes. Auffällig oft erwischten wir uns während des Test-Zeitraums im Sprint-Modus. Dort fühlt sich das C4M richtig wohl und ein dickes Grinsen bleibt nicht aus. Mit etwas Übung in Sachen Gewichtsverlagerung und Timing gelingen trotz Starrgabel selbst technische Trail-Anstiege mit dem C4M . Solange es nicht zu nass wird, punktet hier der Schwalbe Rocket Ron mit einer guten Traktion.
Was sich auch bei der Fahrt durch weniger anspruchsvolles Gelände nicht leugnen lässt: Das VPace ist ein straffer Geselle mit wenig Komfort an der Front. Zusätzlich zur Starrgabel bieten die dünnen Griffe auf den Flatbar kaum Dämpfung. Auch von der Reifen-Felgen-Kombination dürfen sich Biker auf der Suche nach Komfort nicht zu viel erhoffen. Die Innenweite der Duke-Felgen fällt mit 23,5 Millimetern extrem schmal aus - schmaler tatsächlich als an vielen modernen Gravelbikes. Dadurch gewinnen die dünnen Schwalbe-Gummis nicht an Breite. Ohne Tubeless-Setup lässt sich der Reifendruck auch nur bis zu einem gewissen Limit absenken. Insgesamt können lange Ausfahrten die Handgelenke ordentlich belasten. Derweil liefert der VPace-Sattel entgegen seiner minimalistischen Optik einen erstaunlich hohen Popo-Komfort
Klar: Das VPace Starrgabel-Hardtail ist kein Bike für die Downhill-Strecke. Fehlende Reserven bei Fahrwerk und Reifen erfordern eine sehr aktive Fahrweise und setzen eine solide Fahrtechnik voraus. Auch, die tiefe Front und das Fehlen einer Variostütze geht zu lasten des Sicherheitsempfindens in herausforderndem Gelände. Eine vom Lenker aus bedienbare Teleskopstütze ließe sich aber theoretisch nachrüsten. Dank langem Reach und moderatem Lenkwinkel von 68,5 Grad verträgt das C4M auch hohe Geschwindigkeiten in der Abfahrt. Rein von der Geometrie her passt die Laufruhe. Das steife Fahrwerk setzt abseits von Schotter und Asphalt aber früh ein Limit. Wie nicht anders zu erwarten, fährt sich das Bike auf dem XC-Trail überaus anstrengend. Starke Arme und ein stabiler Oberkörper sind hier definitiv hilfreich.
Mit seiner sportlichen Geo, der Starrgabel und dem leichten Gewicht animiert das VPace zum Spiel mit dem Gelände. Dank kurzer Kettenstreben gelingen Bunnyhops trotz starrer Stütze und das Bike lässt sich aktiv über Geländekuppen pushen. Das Handling des starren Bikes ist durch und durch gelungen. Nervig dagegen: Ganz ohne Rahmenschutz ist die Geräuschkulisse hoch, wenn aufspritzende Steinchen gegen den voluminösen Carbonrahmen prasseln.
Insgesamt überschneidet sich das optimale Einsatzgebiet des VPace Starrgabel-Hardtails auffällig großflächig mit dem eines Gravelbikes. Diese Bike-Gattung wurde in den letzten Jahren mit breiteren Reifen und sogar Federgabeln teilweise immer mehr in Richtung Mountainbike getrieben. Mit schmalen Reifen, sportlich leichtem Chassis und starrer Gabel wildert das C4M definitiv im Grenzbereich der unterschiedlichen Disziplinen. Sein Vorteil liegt im breiteren Lenker, den griffigeren Reifen und der längeren, flacheren Geometrie, sobald die Strecke von der Forstautobahn auf einen ruppigen Waldweg oder sogar Trail abbiegt.
Zwar besitzt der Rahmen des VPace neben den zwei Flaschenhaltern keine zusätzlichen Aufnahmen für Gepäck, auf der Suche nach einem sportiven Bike für leichtes Gelände, könnte es aber tatsächlich das bessere Gravelbike sein. Entscheidend sind dann vielmehr persönliche Vorlieben, wie die Präferenz von MTB- oder Rennlenkern. Als schnelles Pendelbike oder ambitionierte Trainingsmaschine ist das leichte Starrgabel-Bike auf jeden Fall ein heißer Tipp.
Als Fitnessbike und Partner für Vollgas-Feierabendrunden hat mich das C4M absolut überzeugt. Trail-Abstecher kosten mit dem steifen Bike mächtig Körner. Eine Starrgabel muss man am Hardtail schon wirklich wollen, dann aber ist die Kombination aus Minimalgewicht und langer Geometrie ein echter Spaßbringer. Eigentlich sollte jeder sportlich-ambitionierte Biker eine Rennfeile, wie das VPace im Fuhrpark haben. - Jan Timmermann, BIKE-Testredakteur
Mit seinem hauchzarten Gewicht und einem bocksteifen Chassis ist das VPace C4M das perfekte Racebike für schnelle Runden im Dauer-Sprint. Trainierte Sportler werden diese Kompromisslosigkeit lieben. Im Gelände profitiert das C4M durch seine progressive Geometrie, bietet aber Kaum Komfort und verzeiht wenig Fehler. Durch den fairen Preis ist das starre Bike eine ernst zu nehmende Alternative zu sportlichen Gravelbikes.