Gnadenloses Bikepark-Shredden, Stürze bei riskanten Stunts oder der lieblose Umgang im Shuttle-Alltag – der Zahn der Zeit nagt an Enduros besonders stark. Wer hat da noch Lust, Unsummen für ein Bike auszugeben? Ich nicht. Daher gut, dass es auch Modelle wie diese gibt: Enduros ohne ausgefallene Hinterbausysteme oder durchgestylte Carbon-Chassis und vor allem zu Preisen weit unter dem Niveau eines Kleinwagens – Enduros wie das Privateer 161 und das Haro Greer Alloy 1.
Preislich begegnen sich die beiden Kontrahenten auf Augenhöhe. Na ja, fast, denn das 161 vom Versender Privateer kostet regulär 4489 Euro. Pünktlich zu unserem Duell haben die Briten ihr Sorglos-Enduro aber auf 3289 Euro heruntergesetzt – genau in die Liga des 3499 Euro teuren Haro. Wirft man einen Blick auf die Eckdaten, einen die beiden Bikes das Rahmenmaterial, die Federwege und leider auch das Gesamtgewicht. Das heißt konkret: Sowohl das Haro als auch das Privateer bestehen komplett aus Aluminium, in beiden Modellen werkeln 170er Gabeln, und die Hinterbauten quetschen jeweils 160 Millimeter Federweg aus dem Dämpfer.
Wegen der robusten Rahmenkonstruktionen, gepaart mit fetten Enduro-Pneus und Mittelklasse-Anbauteilen, leiden beide Bikes an Übergewicht – ganz besonders das Privateer. Mit XXL-Lagerungen am Hinterbau und einer massiven, am Stück geschmiedeten Umlenkwippe, wiegt das 161 massive 17,9 Kilo. Das bedeutet für beide Kandidaten fette Minuspunkte in der Labor-Bewertung. Dafür sammelt das Privateer mit seinem erstklassigen Fox-Fahrwerk, der guten Verarbeitung und mehreren Flipchips fleißig Ausstattungspunkte. Das Haro hat hier das Nachsehen, denn neben der Top-Federgabel sucht man technische Schmankerl am Greer vergebens.
Bei unserem Praxistest in Finale Ligure baut das Versender-Bike aus UK seinen Vorsprung weiter aus. Dank der modernen Geometrie mit langem Reach und super steilem Sitzwinkel klettert das Privateer im Gelände minimal besser als sein Herausforderer mit moderateren Geo-Werten. Aber auch der Hinterbau des 161 wippt im Wiegetritt nicht ganz so eifrig mit wie der des Haro. Die Downhill-Wertung geht ebenfalls an die Briten. Hier hält das 161 mit seiner enorm laufruhigen Geometrie und dem gelungenen Fahrwerk alle Trümpfe in der Hand. Das kompakte Greer kann sich mit seinem herrlich verspielten Handling lediglich in der Spieltrieb-Wertung einen Punktesieg sichern.
Das Privateer ist das erwachsenere Enduro. Das erstklassige Fahrwerk und die durchdachten Details bieten großen Mehrwert. Wer Enduros nicht nur wegen ihrer Baller-Attitüde schätzt, findet bei Haro jedoch den spaßigeren Begleiter.