Das Trek Slash steht sinnbildlich für die neueste Generation Enduro-Mountainbikes. Mit dem wuchtigen High-Pivot-Hinterbau wurde es konsequent auf Nehmerqualitäten im Downhill gepolt. So landet das unmotorisierte Modell bei über 16 Kilo. Das Pendant mit E-Motor sieht dem Klassiker zum Verwechseln ähnlich. Der TQ HPR 50 verschwindet komplett hinter dem Kettenblatt und das voluminösere Unterrohr fügt sich harmonisch ins Gesamtbild ein. Mit 20,4 Kilo gehört das Bike definitiv nicht zu den leichtesten Kandidaten der Light-Kategorie. Doch dafür soll es bergab voll punkten. Und mit dem neuen 580-Wattstunden-Akku von TQ hat es auch eine Extraportion Reichweite am Start. Noch nie zeigte sich ein Light-Bike so ausdauernd in unserem Reichhöhentest.
Trek war die erste Marke, die den Flüsterantrieb TQ HPR 50 verbaut hat. Die Amerikaner haben damals sogar bei der Entwicklung des Winzlings kräftig mitgewirkt, bis er im Fuel EXe das Licht der Welt erblickte. Logisch, dass auch das zweite Light-E-MTB von Trek, das Slash+, auf TQ-Power setzt. Der Motor ist der kompakteste und leiseste am Markt, bietet dafür aber auch nur eine dezente Leistung. 300 Watt laut Hersteller. In der Praxis ist er spürbar schwächer als ein Fazua Ride 60 oder ein Bosch Performance CX. Ungeschlagen ist hingegen der Formfaktor, das Gewicht und die Geräuschkulisse.
Im Unterrohr des Slash+ steckt ein neuer Akku, den es aktuell ausschließlich in diesem Bike gibt. Die TQ-Batterie mit 580 Wattstunden. Im Trek steckt also deutlich mehr Energie, als in den anderen TQ-Bikes mit dem klassischen 360er-Akku. Mit 2,7 Kilo bietet der große Energiespeicher ein sehr gutes Verhältnis aus Gewicht und Kapazität. Und dass die zahlen nicht lügen, zeigt unser Reichweitentest. Während Bikes mit der kleiner TQ-Batterie hier eher unterdurchschnittlich abschneiden, kann der 58er-Akku voll auftrumpfen. Im direkten Vergleich mit dem Fazua Ride 60 (430 Wh) ist das Trek um Längen ausdauernder.
Obendrein ist der Akku entnehmbar. Das ist bei Light-E-MTBs alles andere als selbstverständlich. Zwar läuft der Ausbau etwas umständlicher, als bei klassischen Klapp-Lösungen, doch die Batterie ist in wenigen Minuten gewechselt. So kann man den Energieträger bequem im Hotelzimmer oder der Wohnung laden, oder auch mal die Reichweite mit einer zweiten Batterie aufdoppeln.
Das Slash+ gibt es klassisch in den vier Größen S, M, L und XL. Die Geometrie ist voll abfahrtsorientiert, ohne ins Extreme abzudriften. Der Lenkwinkel ist flach, der Radstand lang - doch beide Werte bleiben im Rahmen. Auffällig sind die kurzen Kettenstreben von 435 Millimetern. Das gibt´s nur selten am E-MTB. Damit behält Trek dem Bike ein lebendiges Fahrverhalten. Denn durch das High-Pivot-Design wächst die Länge des Hecks im Verlauf der Federbewegung.
Das Modell 9.7 ist für 7999 Euro das Einstiegsmodell der Slash+ Serie. Das ist ambitioniert. Die Ausstattung fällt im Vergleich mit anderen E-Bikes der 8000-Euro-Klasse nur mäßig glänzend aus. Das Fox-Fahrwerk stammt aus der günstigen Performance-Linie, die Gabel hat sogar das Einstiegslabel “Rythm” aufgeklebt. Auch die Deore-Bremsen sind nicht gerade Highend-Produkte – auch wenn sie auf dem Trail nicht negativ auffallen.
Negativ aufgefallen ist bei unserem ersten Testausflug im Bikepark Oberammergau jedoch die Serienbereifung von Bontrager. Für ein dickes Enduro bieten die Reifen eine zu schwache Dämpfung und nur mäßig Grip. Damit beschneiden sie das Potenzial des Bikes! Für die nächsten Testtage haben wir dem Bike ein solide Conti-Bereifung spendiert, um einen ordentlichen Vergleich mit anderen Bikes möglich zu machen. Das Mehrgewicht bleibt mit 130 Gramm fürs Paar (Kryptotal, Enduro-Karkasse) überschaubar, Sicherheitsempfinden und Abfahrtsstärke steigen massiv!
Die Sitzposition entspricht ziemlich genau dem, was man als modernen Enduro-Standard bezeichnen könnte: weit vorne im Bike und trotz langem Reach eher komfortabel und kompakt. Im Uphill gibt sich das Trek somit keine Blöße. Trotz sehr kurzem Hinterbau steigt das Vorderrad erst spät. Die Heckfederung generiert massig Traktion, so kann man auch richtig fiese Anstiege angehen. Mit dem dezenten Schub des TQ HPR 50 kostet das allerdings deutlich mehr Körner als mit einem Power-Motor oder auch dem Fazua Ride 60, wie er im YT Decoy SN steckt. Auffällig: Der Motor ist so leise, dass das leichte Rasseln der Kettenumlenkung fast dominiert.
Im Downhill kann das Slash+ so richtig punkten. Der schluckfreudige Hinterbau gibt dabei den Ton an. Er arbeitet komfortabel, ohne durch den Hub zu rauschen, und pariert kleine wie große Schläge richtig souverän. Gerade wenn es im Gelände zur Sache geht, gibt er das Gefühl, schier endlos Federweg bereitzustellen. Laufruhig und fahrsicher geht’s dadurch über fiese Steinfelder und knifflige Sektionen.
Die Gabel kann dem Heck allerdings nicht das Wasser reichen. Die günstige Rhythm-Forke steht dem 8000-Euro-Bike nicht gut zu Gesicht und verhindert Bestnoten im Downhill. Je nach Einstellung fehlt es ihr entweder an Gegenhalt oder an Sensibilität. Der Hinterbau bietet auch mit dem Performance-Dämpfer von Fox genug Support, um dem Trek ein lebhaftes Handling zu bewahren. Auch die Geometrie fällt nicht zu extrem aus. So lässt sich das Slash+ agil bewegen und spaßig über die Trails werfen. Nach 21 Kilo Lebendgewicht fühlt sich das Light-Enduro dabei nicht an.
Doch je mehr es bergab geht, desto wohler fühlt sich das Enduro. Für zahme und flache Wege eignen sich kurzhubigere und dadurch spritzigere Light-Bikes, wie der hauseigene Konkurrent Fuel EXe, freilich besser. Schade: Zu Beginn des Tests flubberte unser Testbike leise über den Trail. Doch mit der Zeit stellte sich ein deutliches Klappern ein, das wir trotz intensiver Versuche nicht eliminieren konnten. Ähnliche Geräusche erlebten wir an zwei unterschiedlichen Testbikes des Slash+.
Das Trek Slash+ 9.7 profitiert von seinem schluckfreudigen Hinterbau und dem ausgewogenen Trail-Handling. Mit TQ-Motor und großer Batterie ist das Bike perfekt gewappnet für lange Ausflüge ins raue Gelände. Schade: Gabel und Reifen der Serienausstattung beschränken das Potenzial des Bikes deutlich. Für volle Performance muss man zum teureren Modell greifen - dann ist nochmal mehr drin! – Florentin Vesenbeckh, Testredakteur BIKE Magazin