Die kleine Bikeschmiede Rotwild hat ihre Wurzeln eigentlich im Racing. Schon in den Neunzigerjahren landeten die Dieburger mit ihrem wilden Downhill-Prototypen und Stefan Herrmann als Fahrer einen Weltmeistertitel. Doch seit Rotwild ausschließlich E-MTBs baut, wurde es ruhig um die Rennsportambitionen der Marke. Jetzt ist Rotwild zurück: Mit einem eigenen Rennteam für den E-Enduro Worldcup E-EDR und einem speziell dafür entwickelten Enduro E-Bike. Dem Rotwild R.EXC.
Wer Rotwild auf Social Media beobachtet, den dürfte das neue R.EXC kaum überraschen. Immer wieder zeigten die Dieburger Details zum neuen Bike und ließen damit die Zuschauer hinter die Kulissen der Entwicklungsabteilung blicken. Jetzt ist das neue Bike auch offiziell vorgestellt. Der Name R.EXC soll übrigens für Enduro (E), Vielseitigkeit (X) und Competition (C) stehen. Passend dazu setzt Rotwild beim neuen Bike auch auf einige Ansätze, die wir von den bisherigen Modellen mit dem Hirsch nicht kannten.
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Klar ist: Das Chassis des Bikes besteht aus Gewichtsgründen fast vollständig aus Kohlefaser. Nur die Wippe ist aus Alu. Der Hauptrahmen erinnert noch an das leichte Shimano-Bike aus der 735er Serie, zugunsten von Gewicht und Steifigkeit soll die Faserorientierung beim R.EXC aber nochmal optimiert worden sein.
Gänzlich neu ist der Carbon-Hinterbau, der mit dominanter Bananenschwinge an Designs aus dem Motocross erinnert. Das Heck quetscht normalerweise 160 Millimeter Federweg aus dem Dämpfer. Über zusätzliche Bohrungen in der Alu-Wippe kann der Federweg für besonders anspruchsvolle Uphills aber auf 150 oder 145 Millimeter reduziert werden. Den Hinterbau-Drehpunkt setzt Rotwild etwas weiter oben und vorne an, als bei klassischen Viergelenkern. So will man von der verbesserten Federungsperformance eines High-Pivot-Systems profitieren, ohne sich Nachteile wie übermäßiges Bremsstempeln einzuhandeln.
Im Chassis steckt Shimanos neuer EP801-Motor. In Sachen Leistung hat der fast mit dem Hauptkonkurrenten von Bosch gleichgezogen, bleibt dabei aber deutlich kompakter und leichter. Der Motor wird über die bekannte EM800 Remote bedient, das Display sitzt hinter dem Lenker und zeigt die wichtigsten Daten zur Fahrt an. Wie üblich, lässt sich die Unterstützung via App feineinstellen.
Typisch Rotwild: Der neu für das R.EXC entwickelte Akku mit Carbon-Hülle und satten 820 Wattstunden lässt sich einfach per Knopfdruck seitlich aus dem Unterrohr entnehmen. Diese Lösung kennt man schon von anderen Rotwild-Bikes aus der 375er oder 735er Serie. Für ein Bike mit explizitem Race-Fokus ist sie aber mindestens ungewöhnlich und gehört in Sachen Praktikabilität klar zu den besten am Markt. Der große Akku sollte dem R.EXC eine gute Reichweite sichern und bleibt dabei erstaunlich leicht. Rotwild spricht von einem Akkugewicht von nur rund 3500 Gramm, was mit ein entscheidender Faktor für das geringe Gesamtgewicht des Bikes sein dürfte. Damit wäre der Akku trotz deutlich höherer Kapazität nur so schwer, wie Boschs 625er und leichter als der ohnehin schon leichte 726-Wh-Akku von Darfon, der hier lange als Maß der Dinge galt.
Wenig überraschend: Das R.EXC wurde länger und flacher gezeichnet, als die meisten bisherigen Rotwilds, mit Ausnahme des Abfahrts-Extremos R.G 375. Gerade der Lenkwinkel von 63,3 Grad fällt extrem flach aus und dürfte bergab viel Druck auf dem Vorderrad brauchen. Der steile Sitzwinkel von 78 Grad ist zeitgemäß. Manual-Fans freuen sich über die besonders kurzen Kettenstreben von 436 Millimetern, das Tretlager steht mit einer Höhe von 345 Millimetern (BB Drop: 21 Millimeter) nicht explizit tief. Leider fällt das Sitzrohr mit 465 Millimetern in Größe L eher lang aus. Das dürfte es kleinen Fahrern schwerer machen, für mehr Reach zu einer größeren Rahmengröße zu greifen. Um das R.EXC auf verschiedene Strecken anpassen zu können, lassen sich die Kettenstreben per Flip-Chip im Hinterbau um fünf Millimeter verlängern. Reduziert man den Federweg an der Wippe auf 150 oder 145 Millimeter, fällt die Geometrie etwas höher und steiler aus.
Mit dem neuen Enduro-Racer will Rotwild eine besonders exklusive Zielgruppe ansprechen, los geht’s daher erst mit einem wertig ausgestatteten Pro-Modell für 9999 Euro. Das Performance-Elite-Fahrwerk von Fox bietet hier bereits Leistung auf Factory-Niveau, Shimanos XT-Schaltung und Bremsen und Alu-Laufräder von Crankbrothers sowie die Eightpins-Sattelstütze lassen kaum noch Wünsche offen. Die volle Hütte gibt’s dann beim Ultra-Modell für 11999 Euro mit Carbon-Laufrädern von Crankbrothers, Fox Factory Fahrwerk und elektronischer XT-Di2-Schaltung inklusive Halbautomatik (Free-Shift / Schalten im Rollen bergab). Beide Bikes kommen ab Werk mit Schwalbe Tacky Chan Reifen mit Supertrail-Karkasse und extraweicher Gummimischung vorne.
Serienbikes wird es erst ab Herbst 2024 zu kaufen geben, bis dahin wird das R.EXC vor allem als Prototyp in den E-EDR-Rennen zu sehen sein. Sicher auch der Grund, warum Rotwild das Bike jetzt schon offiziell vorstellt, anstatt bis zur Serienproduktion später im Jahr zu warten.
Mit gut 22 Kilo und 820 Wattstunden zeigt Rotwild wieder einmal ein auffällig leichtes Bike, noch dazu mit praktisch entnehmbarem Akku. Die Geometrie mit flachem Lenkwinkel und kurzen Kettenstreben wirkt extrem. Wir sind gespannt, wie sich das neue Racing-Rotwild R.EXC im Gelände schlägt!