Im vergangenen Enduro-Spezial in BIKE 7 konnte sich das brandneue Marine Alpine Trail in der 5059 Euro teuren XR-Ausstattung bereits beweisen. Der 17,5 Kilo schwere Schlitten räumte souverän den Bikepark-Tipp ab und vermittelte dank der extrem flachen Geometrie hohe Laufruhe. Mit Spannung erwarteten wir nun das 3499 Euro teure Alpine Trail 1 (>> z. B. hier erhältlich) . Das Bike ist nicht nur das günstigste Alu-Enduro in der neuen Modellpalette von Marin, sondern gleichzeitig zusammen mit dem YT das günstigste Enduro in diesem Vergleich. Auch das Alpine Trail 1 drückt mit 17,6 Kilo ohne Pedale ordentlich auf die Waage. Der robuste und extrem steife Alurahmen sowie die schweren Laufräder treiben das Gewicht in die Höhe.
Ein Grund für das Extra-Gewicht beim Rahmen sind das integrierte Staufach und die vielfältigen Geometrieverstellungen. So lassen sich beim Marin nicht nur der Lenkwinkel, sondern auch die Hinterbaulänge und die Tretlagerhöhe anpassen. Zusätzlich kann das Alpine Trail mit 27,5- oder 29-Zoll-Hinterrad gefahren werden. So viele Verstelloptionen bietet ansonsten keines der getesteten Enduros – auch wenn die meisten Optionen im täglichen Gebrauch aus Erfahrung eher ungenutzt bleiben werden.
Seitens der Geometrie lotet das günstige Alpine Trail Extreme aus. Mit einem Lenkwinkel von 62,5 Grad und 443 Millimeter langen Kettenstreben folgt das Marin dem Motto „Länge läuft“. Der mit Abstand längste Radstand lädt geradezu ein, in fiesen Rumpelpassagen einfach mal die Bremse offen zu lassen. Auch das hohe Eigengewicht sorgt für Ruhe und eine stabile Schwerpunktlage. In engen Passagen fährt sich das Enduro dagegen sehr sperrig und will nur unwillig aufs Hinterrad.
Das Marin ist eine waschechte Wuchtbrumme. Schade, dass vor allem das Fahrwerk dem potenziellen Tempo nicht gewachsen ist. Hier spielte das teure Alpine Trail XR mit Stahlfederheck in einer komplett anderen Liga. Der verbaute Fox-Float-Dämpfer ohne Ausgleichsbehälter ist in schnellen Passagen überfordert und lässt sich nur durch den günstigen Preis erklären. Auch bei der Gabel geht das Alpine Trail 1 einen Kompromiss ein: Es kommt eine auf 170 Millimeter erweiterte 36er Fox mit einfacher Rhythm-Dämpfungskartusche zum Einsatz. Beim Fahrwerk landet das Marin daher auf dem letzten Rang.
Die Kombi aus steilem Sitzwinkel und kurzem Vorbau erzeugt eine sehr kurze Sitzposition bergauf. Bei langsamer Fahrt kippt die Lenkung aufgrund des flachen Lenkwinkels ab. Hier ist eine ruhige Hand erforderlich. Zusätzlich rollen die griffigen und stabilen Vee-Tire-Reifen recht zäh. Im Wiegetritt pumpt der Hinterbau deutlich und erfordert den Griff zur Plattform.
On top kommt das bereits erwähnte Gewicht von fahrfertig 18 Kilo, was deutlich höher als bei der Konkurrenz ausfällt. Unterm Strich empfiehlt sich das Marin damit ausschließlich für den Bikepark oder Touren mit Aufstiegshilfe, was den Einsatzbereich stark einschränkt. Tretlastige Ausfahrten zählen definitiv nicht zur Paradedisziplin des Alugeschosses.
Durch das hohe Gewicht und die extreme Geo braucht das Marin Alpine Trail 1 einen aktiven Fahrer, ansonsten wird man vom Piloten schnell zum Passagier. Tipp: Einen potenteren Dämpfer nachrüsten.