Max Fuchs
· 19.03.2025
Die Firmenhistorie von Haro Bikes reicht bis in die wilden 80er-Jahre zurück. Damals – zwischen bunten Stirnbändern, Indiana Jones und Punkrock – gehörte das Label von BMX-Profi Bob Haro zu den Vorreitern der aufblühenden Freestyle-BMX- und Mountainbike-Szene.
Heute ist die Marke jedoch nur noch wenigen Mountainbikern ein Begriff, denn in den letzten Jahren mangelte es an Neuheiten und damit auch an der Präsenz im Bike-Kosmos. Doch damit ist jetzt Schluss.
Für das Modelljahr 2025 haben die Kalifornier eine neue MTB-Generation angekündigt. Das Trailbike Daley, unser Test-Enduro namens Greer und das Trail-Hardtail Saguaro symbolisieren den Startschuss für die Rückkehr auf den Mountainbike-Markt.
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Das Greer Alloy 1 ist unsere erste Kostprobe aus der Neuheitenoffensive von Haro. Auf dem Papier wirkt das Bike wie ein typisches Enduro aus der Mittelklasse: Mullet-Bereifung, Alu-Rahmen, 170er Federgabel und ein einfacher Viergelenker-Hinterbau mit 160 Millimetern Hub.
Für nur 3499 Euro kann sich die Ausstattung des Greer durchaus sehen lassen. Ein Shimano-Antrieb aus der XT-Klasse, kraftvolle TRP-Bremsen und eine Marzocchi-Super-Z-Gabel mit einstellbarer High- und Lowspeed-Druckstufe – hier bleiben keine Wünsche offen.
Kritik gibt’s hingegen für den breiten Hinterbau. Beide Kettenstreben ragen so weit nach außen, dass Fahrer mit großen Füßen unweigerlich daran hängen bleiben.
Mit 17,44 Kilo gehört das Greer zu den schwersten Bikes seiner Art. Doch trotz des hohen Gewichts fährt sich das Enduro von Haro überraschend wendig und lässt sich mit Leichtigkeit aufs Hinterrad ziehen. Grund dafür sind in erster Linie die kurzen Kettenstreben (435 Millimeter) in Kombination mit dem kleinen 27,5-Zoll-Hinterrad.
Aber auch der Radstand fällt für ein modernes Enduro sehr kurz aus und verpasst dem Greer eine zusätzliche Portion Spieltrieb. “Das Haro blüht auf engen Trails richtig auf und lädt zum Spielen ein!”, gibt ein Tester zu Protokoll.
So spaßig das kompakte Bike auf verwinkelten Trails auch fährt, auf garstigen Enduro-Tracks ist Schluss mit lustig. Hier erzeugt die kurze Geometrie vergleichsweise wenig Laufruhe und wirkt schnell nervös – nichts für kompromisslose Vollgas-Fans.
Das Fahrwerk fühlt sich komfortabel an. Die Gabel leistet dabei erstklassige Führungsarbeit. Sie spricht sehr sensibel an, ohne dabei durch den Federweg zu rauschen, und pariert kleine wie große Schläge souverän. Im groben Gelände kompensiert das etwas die Schwächen der Geometrie.
Weniger Lob erntet der Hinterbau. Einzelne Schläge saugt der Marzocchi-Dämpfer noch zuverlässig in sich auf. Schnelle Schlagabfolgen bringen ihn mangels Dämpfungskontrolle jedoch aus der Ruhe.
Die Sitzposition fällt betont kompakt und komfortabel aus. So übersteht man auch lange Tage im Sattel. Kontrolle bergauf? Passt! Leider wippt der Hinterbau im Wiegetritt extrem.
Das Haro Greer Alloy 1 kann seine Wurzeln im BMX-Sport nicht verleugnen. Entgegen dem Trend, Enduros immer laufruhiger und potenter zu machen, fährt und springt das Haro wieselflink durchs Gelände. Fahrspaß? Garantiert! Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt auf ganzer Linie. Nur wer bergab die Stoppuhr im Blick hat, sollte zu einem laufruhigeren Modell greifen.